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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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nicht mal von den Aufsätzen auf.
    »Nichts.«
    Wieder schwieg sie. Dann überkam sie das Gefühl erneut.
    »Thomas?«
    »Was?«
    »Warum heiraten wir nicht?«
    Die Augen auf das Blatt gerichtet sagte er schmunzelnd: »Wieso fragst du?«
    »Oh. Nur so.«
    »Das gefällt mir.« Er lachte leise vor sich hin. »Wir und heiraten!«
    Und wieder herrschte Schweigen in dem braunen Wohnzimmer, und die Atmosphäre war freudlos und schwer. Tara spürte merkwürdigerweise nichts – keinen Verlust, keine Enttäuschung, keine Überraschung – nichts. Sie hatte erwartet, am Boden zerstört zu sein.
    »Warum?« fragte Thomas nach einer Weile. »Bist du schwanger?«
    »Wohl kaum.« Seit ihrem Geburtstag vor über einem Monat hatten sie nicht mehr miteinander geschlafen.
    Wieder vergingen zehn Minuten im Schweigen.
    »Du könntest schwanger sein, so wie du aussiehst«, sagte er.
    »Du bist auch nicht gerade schlank wie ein Supermodel«, entgegnete Tara.
    Er sah von seinen Korrekturen hoch, auf seinem Gesicht lag ein verletzter, kindlicher Ausdruck. »Das war gemein.« Er war überrascht.
    »Jetzt weißt du, wie es mir geht.«
    »Aber ich sage es, weil es zu deinem Besten ist.«
    »Ich auch.«
    Thomas sah sie an, dann wechselte seine Stimmung abrupt, und er grinste sie anzüglich an. »Man braucht einen großen Hammer, um einen großen Nagel einzuschlagen!« Sein lüsternes Grinsen sprach Bände.
    Sie betrachtete ihn verwirrt. Sie hatte die Stirn gerunzelt, als wollte sie etwas Kleingedrucktes entziffern. Warum sah er aus wie ein Gartenzwerg?
    Sie wollte nicht mit ihm schlafen, das war das einzige, was sie mit Sicherheit wußte.
    »Du lachst bei dem Gedanken, mich zu heiraten, und dann erwartest du, daß ich mit dir ins Bett gehe? Irgendwas stimmt da nicht.«
    Thomas sah sie verwirrt an. »Ach, Tara, komm schon«, sagte er kläglich. »Du hast mich ganz scharf gemacht. Sei nicht so verzickt.«
    »Sieh zu, wie du damit klarkommst.« Sie stand auf und ging aus dem Zimmer.
    Sie war nicht traurig. Sie wußte nicht, was sie empfand. Außer Hunger hatte sie keine Gefühle.
    Aber bei dem Gedanken an Essen wurde ihr übel.
    Früher hatte sie, wenn der Hunger so groß war, daß sie nicht schlafen konnte, zwei Nytols genommen. Es hatte damals geklappt, und es klappte auch diesmal. Aber der letzte Gedanke, als sie in den künstlich erzeugten Schlaf sank, war nicht – wie sonst – der an ein Bacon-Sandwich, sondern der an Alasdair. Wie es ihm wohl ging?
54
    A m Freitagmorgen erwachte Tara mit einem unheilvollen Gefühl. Ihre Kiefer taten ihr weh, weil sie im Schlaf mit den Zähnen geknirscht hatte. Sie empfand Thomas’ Reaktion als Demütigung. Was war daran so erheiternd, wenn man heiraten wollte? Sie waren seit zwei Jahren zusammen. Manchmal heirateten die Menschen, da gab es nichts zu lachen. Die grobe Abfuhr tat ihr weh, auch wenn sie das in dem Moment nicht gemerkt hatte.
    Obwohl sie ohne rechte Überzeugung behauptete, sie sei sich selbst nicht sicher, ob sie überhaupt heiraten wolle – schließlich hatte sie als Teenager über die Ehe als bürgerliche Institution geschimpft –, wünschte sie sich ein Zeichen dafür, daß Thomas ihre Beziehung ernst nahm.
    Auf der Fahrt zur Arbeit zermürbte sie die Frage, was als nächstes geschehen würde. Es konnte einfach nicht so weitergehen? Oder doch? Sie hatte das schreckliche Gefühl, daß sie aus Gründen der Selbstachtung irgend etwas tun mußte, sich eindeutig verhalten mußte. Wie sie es vor einem Monat hätte tun sollen.
    Aber das wollte sie nicht. Sie wollte lieber auf Zehenspitzen durch ihr Leben gehen, wie durch ein Abrißgebäude. Voller Angst, daß das alte Gemäuer einstürzen würde, wenn sie einen Fuß falsch aufsetzte. Oder wenn sie auf eine morsche Bohle trat oder sich an einem losen Balken festhielt.
    Früher war es so schön mit Thomas gewesen, dachte sie. Wunderschön sogar. Vielleicht gab es keinen Grund, sich Sorgen zu machen, redete sie sich in einem Anflug wilder Hoffnung ein. Die Beziehung war noch nicht in tausend Scherben. Eigentlich hatte sich nichts verändert, das Gerüst schien noch tragfähig.
    Vielleicht war
tragfähig
nicht das richtige Wort, mußte sie zugeben. Aber es sah immer noch aus wie früher. Einigermaßen. »Wie ist der neue Lippenstift?« begrüßte Ravi sie, als sie ins Büro kam. »Kußecht?«
    »Wie soll ich das wissen?«
    »Möchtest du probieren, ob er Doughnut-echt ist?« Er hielt eine mit Zucker bestäubte Doughnut vor ihr in die Höhe. Als

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