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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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alles so schwierig im Moment. Das mit Thomas und mit meinem Geburtstag, und daß ich so dick bin und der Ausflug ans Meer so furchtbar war, und daß mein Lippenstift nicht kußfest ist! Aber wenn ich erst mal ein paar Kilo abgenommen habe und Thomas einen Pullover gestrickt habe, wird alles wieder besser werden.«
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, besänftigte Fintan sie.
    »Nein, wirklich nicht«, bekräftigte Sandro.
    »Bei uns ist das nicht nötig«, versicherte ihr auch Katherine.
    »Wir sind schließlich deine Freunde!« sagten sie wie aus einem Munde.
14
    T ara und Katherine waren vom ersten Schultag an die besten Freundinnen, während Fintan erst relativ spät in ihren Bund aufgenommen wurde. Damals waren sie schon vierzehn und er fünfzehn. Natürlich kannten sie ihn: Sie lebten in einer Kleinstadt, und jeder kannte jeden. Fintan war schon deshalb stadtbekannt, weil er »anders« als die anderen war. Er war lieb zu seiner Mutter, er konnte keine Bälle fangen, und es machte ihm keinen Spaß, Fröschen die Beine auszureißen.
    Doch erst 1981, als Fintan die New Romantics entdeckte, wurde sein Anderssein richtig deutlich. Die New Romantics waren überall in der zivilisierten Welt schon längst angekommen, aber Knockavoy befand sich in einer anderen Zeitzone und klapperte sechs bis neun Monate hinter dem Rest der Welt her. Irgendwann stolzierte er also in einem glänzenden gelben Gewand die beiden Straßen von Knockavoy auf und ab. Schon damals interessierte er sich für Stoffe und Schnitte – ein sicheres Zeichen, daß ihm eine Laufbahn in der Modebranche bevorstand.
    Er trug ein silbernes Band um seinen asymmetrischen Pagenschnitt, dunkellila Lippenstift und selbstgebastelte Ohrringe aus Federn, die er aus dem Angelkasten seines Bruders geklaut und rot und blau gefärbt hatte.
    »Fintan O’Grady hat sich Ohrlöcher stechen lassen!« Das Gerücht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Seit Delia Caseys letzter verrückter Idee hatte es nur wenig Aufregung gegeben, so daß es eine große Enttäuschung war, als sich herausstellte, daß die Ohrringe doch nur Ohrclips waren.
    Dennoch erregte Fintans Verhalten weiterhin die Gemüter. »Nun sieh ihn dir an«, brummelten die Menschen im Halbdunkel der niedrigen Bars und Geschäfte und im Postamt. »Wie ein Pfau stolziert er umher. Und ist das nicht JaneAnn O’Gradys beste Tischdecke, die er sich da übergeworfen hat? Jeremiah O’Grady würde sich im Grab umdrehen.«
    Eigentlich rechnete Fintan damit, daß ihn die anderen Jugendlichen im Ort zu Brei schlagen würden. Eindeutig spürte er ihre bittere Feindseligkeit. Ein paar Jungen riefen ihm nach: »Ah, da geht der Schwule«, als er in seinem gelben Seidenumhang vorbeirauschte. Einer rief sogar: »Du verdammte Tunte, du.«
    Aber als Fintan antwortete: »Aber Owen Lyons, das hast du letzten Sonntag hinter Cronins Kuhstall nicht gesagt, und du auch nicht, Michael Kenny«, stellten die Jungen ihre Beschimpfungen ein.
    Obwohl Owen Lyons und Michael Kenny panikerfüllt alles leugneten, herrschten doch Mißtrauen und Angst.
    Fintan hatte eine scharfe Zunge. Er war groß und gut gebaut. Er hatte vier ältere Brüder, die ebenfalls groß und gut gebaut waren und die bereit waren, ihn zu beschützen. Alles in allem beschlossen die Jungen der Stadt, ihn besser in Frieden zu lassen.
    Weil Fintan die Position des Außenseiters gewählt hatte oder weil er in sie hineingedrängt worden war, hatte er keine Freunde. Und das bereitete Tara große Sorge. »Es ist ganz schlimm für ihn«, sagte sie zu Katherine, als sie Fintan sahen, wie er auf der Hauptstraße unter bösen Blicken und gemurmelten Beleidigungen seiner Wege ging. »Er muß schrecklich einsam sein.«
    Dann hatte Tara plötzlich eine Erleuchtung. »Ich weiß was! Wir können seine Freunde sein.«
    Katherine und Tara hatten eben erst die Jahre des wilden Hasses und der Abscheu gegen Jungen hinter sich, die Mädchen traditionell zwischen sieben und zwölf durchlaufen. Als sie vierzehn waren, regte sich durchaus ein Interesse, zumindest bei Tara, und Katherine hatte nichts mehr gegen sie einzuwenden. Allerdings war Fintan nach Taras Vorstellungen kein richtiger Junge, so daß sie sich keine Hoffnung auf ihn zu machen brauchte.
    »Warum willst du dich mit ihm befreunden?« fragte Katherine kleinlaut, während sich ein Knoten der Eifersucht in ihrem Magen bildete. »Hat es damit zu tun, daß er…«, sie zögerte, das Tabuwort in den Mund zu nehmen, »… schwul

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