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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Leben
und andere Filme, die Fidelma in Limerick gesehen hatte, wo sie vor ihrer Ehe mit Frank eine Stelle hatte.
    Tara hörte bei den endlosen Gesprächen gar nicht richtig zu, aber sie hatte ihre helle Freude daran, wenn ihr Vater in Zorn geriet. Dann stürzte er ins Zimmer und zischte Fidelma wütend an: »Darf dieser Trottel denn rauchen? Bestimmt erlaubt JaneAnn es nicht, daß er zu Hause raucht.«
    Und besonders liebte Tara es, wenn ihre Mutter darauf gelassen antwortete: »Ich glaube nicht, daß es viel gibt, was JaneAnn ihm nicht erlaubt.«
    Frank Butler war ein sehr mißlauniger Mann. Er war ein Patriarch der übelsten Sorte, und alle Welt fürchtete sich vor ihm. Keiner konnte es ihm recht machen. Er und sein Bruder hatten ein kleines Unternehmen als Torfstecher. Wenn der Winter mild war und die Menschen Gott dafür dankten, wurde er wütend. »Schöner Tag heute«, höhnte er, wenn seine Frau mit einer Nachbarin über die milde Witterung sprach. »Schöner Tag! Das würdest du nicht sagen, wenn du unsere Auftragsbücher sehen könntest.«
    »Ich habe doch noch die Gänse und die Truthähne«, versuchte Fidelma ihn zu beruhigen.
    »Das ist doch dein Geld«, begehrte er auf. »Das ist dein Zubrot. Und was ist mit Näharbeit? Hast du einen Auftrag?«
    »Ich habe ein paar«, sagte Fidelma sanft.
    »Was denn?« fragte Frank. »Von wem? Am besten wäre es, wenn du die Vorhänge für das neue Hotel machen könntest.«
    »Das stimmt«, pflichtete Fidelma ihm bei. Sie wollte ihm nicht erzählen, daß Fintan mit einem Stück glänzendem rosafarbenem Taft unter dem Arm gekommen war und sie gebeten hatte, daraus eine Art Cape nach einem von ihm entworfenen Schnitt zu nähen.
    Trotz seiner unglaublichen Reizbarkeit verehrte Katherine Frank Butler. Mit seinen vielen Regeln und seiner Unnachgiebigkeit war er ein Mann nach ihrem Geschmack. Besonders in der Frage der Hausaufgaben kannte er keine Kompromisse. Wenn Katherine sich Sorgen machte, daß sie Tara als Freundin verlieren könnte, hatte das auch damit zu tun, daß sie dann nachmittags nach der Schule nicht mehr mit zu Tara nach Hause gehen und die angespannte Atmosphäre dort erleben würde.
    Häufig lag sie nachts wach und stellte sich einen Vater vor, der sie anschrie, weil sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht hatte. Der sie allabendlich nach den Hausaufgaben abfragte: »Wie viele Yards hat eine Meile?«
    »In welchem Jahr wurde die Irische Republik ausgerufen?«
    »Wie heißt die Hauptstadt von Lima?« Und es war sehr peinlich für Katherine, als Tara ihrem Vater endlich klarmachen konnte, daß Lima keine Hauptstadt haben könnte, weil es selbst eine Hauptstadt ist, nämlich die von Peru.
    Delia, Katherines Mutter, weigerte sich standhaft zu überprüfen, ob ihre Tochter ihre Hausaufgaben gemacht hatte. »So bringt man Kindern nichts bei«, sagte sie immer wieder, »wenn man sie in Angst und Schrecken versetzt und die Sachen papageienhaft nachplappern läßt. Wenn sie etwas interessiert, dann lernen sie es auch, und wenn es sie nicht interessiert, dann hat es keinen Zweck, sie dazu zu zwingen.«
    Katherine wünschte sich, sie würde ihren Standpunkt noch einmal überdenken.
15
    L orcan wurde aus tiefem Schlaf geweckt. Automatisch tat er das, was er jeden Morgen beim Aufwachen tat: Er griff nach seinem Penis, um zu sehen, ob er noch fest mit seinem Körper verbunden war.
    Zum Glück war er das, und Lorcan schmiegte sich mit einem vertrauten Gefühl der Erleichterung wieder in die Kissen.
    Das Zimmer lag in tiefer Dunkelheit, und seine innere Uhr sagte ihm, daß es mitten in der Nacht war. Was hatte ihn geweckt? Er konnte niemanden fragen, weil er – ungewöhnlich für ihn – allein im Bett lag.
    Am Freitagabend, als er so spät bei Amys Geburtstagsparty aufgekreuzt war, daß die meisten anderen Gäste schon gegangen waren, hatte sie mit einem hysterischen Wutanfall reagiert. Er hatte gegrinst, mit den Schultern gezuckt, was soviel hieß wie: »Was kümmert’s mich?« und dann gesagt: »Ich habe einen Riesenhunger«, worauf er sich eins der verbleibenden, schon etwas aufgeweichten Sandwiches in den Mund schob.
    Er war völlig verdutzt, als sie ihn daraufhin anschrie, er solle es gefälligst hinlegen, er würde nie wieder etwas von ihr bekommen, sie sei nie zuvor dermaßen gedemütigt worden, und sie wolle ihn nie wieder sehen.
    »Und du«, kreischte sie weiter und nahm sich Benjy vor, der sich über die letzten Häppchen auf einem Tablett hermachte, »nimm die

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