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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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es stank nach Zigaretten, und der Boden war mit Kassetten und leeren Zigarettenschachteln übersät. Auf den Sitzen lagen Landkarten, alte Zeitungen, leere Bonbontüten und Getränkedosen sowie eine alte Unterhose, mit der sie die Scheiben abwischte, wenn sie beschlugen.
    Die Scheibenwischer funktionierten nicht, deshalb mußte sie an jeder roten Ampel aus dem Wagen springen und die Windschutzscheibe mit zusammengeknülltem Zeitungspapier bearbeiten, während sie gleichzeitig aggressiv auftretende Jugendliche, die sich ihr mit einem Lappen und einem Eimer voller Seifenlauge in den Weg stellten und die Autoscheiben putzen wollten, abwehren mußte. Der Weg von der Holloway Road nach Hammersmith war lang, und als sie im Büro ankam, war sie pitschnaß und erschöpft, weil sie achtundzwanzig Mal: »Nein!« geschrien hatte und elfmal: »Haut ab, ich hab kein Geld.«
    Außer Ravi war noch keiner da, als sie das Großraumbüro betrat. Wie immer aß er. »Morgen, Tara«, rief er fröhlich. »Hast du Lust auf ein Stück Schokoladen-Käse-Kuchen? Siebenundzwanzig Gramm Fett in jedem Stück. Einfach super!«
    »Wie kannst du nur, so früh am Morgen?« fragte Tara. Sie tat gern so, als hätte sie die Eßgewohnheiten eines normalen Menschen.
    »War um fünf schon auf«, blökte er. »Dann zwanzig Meilen Rudern. Hab ‘n Riesenkohldampf!«
    Ravi trieb viel Sport. Nicht nur war er in einem Ruderclub, er ging auch viermal in der Woche in ein Fitneß-Studio und hörte erst dann auf, wenn die computergesteuerten Maschinen anzeigten, daß er tausend Kalorien verbrannt hatte. Seine übermäßige sportliche Betätigung fand in seinem übermäßigen Appetit eine Entsprechung. Kein Tag verging, an dem er nicht mit einer Einkaufstüte von Marks & Spencer voller Essen auftauchte. »Vielleicht möchtest du das Einwickelpapier haben, damit du es später ablecken kannst?« Er wedelte mit der Verpackung, und sie nahm sie. »Wie ist der Lippenstift, den Fintan dir geschenkt hat? Funktioniert er?«
    »Nein, leider, eine Enttäuschung.«
    »Ach, gemein. Die Suche geht also weiter.«
    »Da kannst du sicher sein.«
    »Hast du am Freitagabend Real TV gesehen? Dieser Typ steigt mit dem Heißluftballon auf, kommt runter, fällt durch ein Oberlicht, genau in ein Badezimmer. Bricht sich das Bein und ertrinkt beinahe. Große Klasse.«
    »Hör auf! Hast du die Fußballiga-Ergebnisse schon eingetragen?«
    Tara schaltete ihren Computer ein.
    »Na klar.« Ravi nickte, so daß ihm eine volle Locke seines glänzenden schwarzen Haars in die Stirn fiel. Er sah aus wie die indische Version von Elvis.
    Ravi organisierte für die Angestellten von GK Software eine Fußballiga. Zu Beginn der Fußballsaison machte jeder eine Voraussage, auf welchem Platz seiner Meinung nach die Vereine der Ersten Liga am Ende der Saison landen würden. Nach jedem Wochenende trug Ravi die tatsächlichen Ergebnisse ein, so daß jeder nachsehen konnte, wie der Stand der Dinge war. Manche der Mitarbeiter sagten, die Aussicht auf diese Liste sei es, die sie am Montagmorgen aus dem Bett trieb.
    Nach und nach kamen die anderen. Evelyn und Teddy trudelten ein. Sie waren verheiratet. Sie lebten zusammen, fuhren zusammen zur Arbeit, arbeiteten nebeneinander, aßen gemeinsam zu Mittag und fuhren gemeinsam nach Hause. »Morgen«, sagten sie gleichzeitig.
    »Hast du schon…?« fragte Evelyn Ravi.
    »Na klar.« Er grinste.
    Evelyn und Teddy tippten wie wild auf ihren Computern, bis sie die auf den letzten Stand gebrachte Liste fanden.
    Vinnie, der Abteilungsleiter, traf ein. Er war ein netter Mann Mitte Vierzig, hatte vier Kinder und bekam vor der Zeit eine Glatze. Er träumte davon, ein dynamischer Geschäftsmann zu sein, der seine Belegschaft anbrüllte: »Dafür habe ich mit meinen Eiern bezahlt, Jungs«, aber immer, wenn er das tat, erntete er nur Gelächter, und man strich ihm über das schüttere Haar.
    »Morgen zusammen«, rief er. »Schönes Wochenende gehabt?«
    »Nein«, sagten alle automatisch.
    »Hast du schon die Liste…?« fragte er Ravi mit ernster Miene, und als Ravi ja sagte, rannte er zu seinem Computer und schaltete ihn ein.
    Obwohl Tara in einer Computerfirma arbeitete, waren ihre Kollegen keine Computerfreaks, sondern normale Leute, deren Unterhaltung im Büro meist um den Urlaub und das Essen kreiste. Und so sollte es auch sein.
    Taras Telefon klingelte. Es war Thomas. Ihr Herz klopfte schneller, teils vor Angst, teils vor Freude. Aber er wollte nicht mit ihr reden, sagte er

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