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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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    Rot. Katherine fühlte sich an den Biologieunterricht erinnert, wo sie durch ein Mikroskop Zellteilungen beobachtet hatten. Sie waren die ersten. Nervös setzten sie sich auf den vordersten Rand der Plastikstühle. Voller Erwartung saßen sie da und hofften, daß weitere Gäste kommen würden. Und warteten und warteten.
    Schließlich sagte Katherine: »Sollen wir tanzen?« Sie hatte ein ausgeprägtes Pflichtgefühl.
    »Wir warten noch«, sagte Fintan mit besorgten Blicken zur Tür. Wenn doch nur jemand, egal wer, käme!
    Tara und Katherine wußten sehr wohl, daß dies trotz Fintans großspurigen Geredes sein erster Disco-Besuch war.
    Sie blieben schweigend sitzen und beobachteten die Staubkörnchen, die im silbrigen Abendlicht tanzten. »Ich gehe mal auf die Toilette und gucke, ob meine Haare noch in Ordnung sind«, meinte Tara nach einer Weile.
    »Sie sind Ordnung«, sagte Katherine.
    Sie schwiegen weiter.
    »Ich glaube, ich gehe trotzdem.«
    So gegen halb zehn, als dieselben Platten sich zum dritten Mal auf dem Plattenteller drehten, kamen ein paar Leute. Und als die Sonne unterging, kamen mehr und immer mehr.
    Stumm und angespannt saßen Tara, Katherine und Fintan auf ihren Plätzen und staunten, wie entspannt und selbstsicher die anderen waren, wie unbefangen sie sich
    in diesem wunderbaren Saal bewegten. Würden sie sich je
so
locker benehmen können?
    Katherine hatte ein Auge auf die Tür gerichtet. Ihre Mutter arbeitete zwar im Pub, aber Katherine würde sich nicht wundern…
24
    J oe sah, wie Katherine zu ihrem Platz ging, und sein Herz schlug höher. Im Büro gab es mindestens noch zwanzig andere Frauen – warum schalteten alle seine Sinne sofort auf Empfang, wenn diese eine in Erscheinung trat? War es ihr Gesicht? Ihr Akzent? Ihre Haltung? Die Herausforderung…?
    Nach dem Teilerfolg der Lunch-Verabredung vom vorigen Tag wollte er es jetzt wagen, sie zum Abendessen einzuladen. Und diesmal würde er es ohne die Hilfe von Fred Franklin oder den Vorwand, daß es etwas zu besprechen gebe, schaffen. Schachzüge und Manipulation waren normalerweise nicht Joes Stil. Obwohl es beim Lunch auch um die Arbeit gegangen war, bereute er es fast, daß er Druck auf sie ausgeübt hatte. Aber er hatte sich einfach nicht zurückhalten können.
    Während er ihr zusah, wie sie sorgfältig ihr Jackett über die Stuhllehne hängte, überlegte er, wohin er sie ausführen könnte. Ein Lokal, wo die Farbe an den Wänden noch feucht war, weil es so neu war? Oder eins, alt und mit Patina, außerhalb der Stadt? Was wäre ihr lieber?
    Katherine setzte sich an ihren Schreibtisch, schaltete den Computer ein und lud eine Datei. Dann schloß sie sie und lud eine andere. Die schloß sie auch. Sie konnte sich nicht entscheiden, wo sie anfangen wollte. Im Moment war es ihr auch gleichgültig. Und als sie Joe auf sich zukommen sah, wurde ihr bewußt, daß sie auf ihn gewartet hatte. Er sah ausgesprochen gut aus. Das war der vierte Tag hintereinander. Er trug einen wunderschönen marineblauen Anzug mit einem türkisfarbenen Querfaden, und das blasseste aller blaßgrünen Hemden ließ seine dunklen Augen und sein Haar noch dunkler erscheinen. Kleider machen Leute, ermahnte sie sich. Es war der lässige Schnitt seines Anzugs, der Joe seine Eleganz verlieh. Es lag an dem weichen Stoff, daß sie seinen Arm berühren wollte.
    Er stand vor ihr. Sie fixierte einen Knopf unterhalb seiner Brust, und plötzlich, zu ihrer eigenen Überraschung, kam ihr der Gedanke, daß sie ihn öffnen und ihre Hand hineingleiten lassen könnte. Für den Bruchteil einer Sekunde stellte sie sich vor, wie sich seine Haut anfühlen würde – fest, weich, unter den Brusthaaren –, und spürte die Hitze der Erregung. Er setzte sich auf die Schreibtischkante, und schon starrte sie auf seinen Hosenschritt, der sich bauschte und Falten warf. Wie leicht könnte sie den Reißverschluß öffnen und hineingreifen … Und wieder prickelte es in ihr vor Erregung. Sie mußte sich zwingen, ihren Blick von seinem Hosenschlitz abzuwenden und ihm ins Gesicht zu sehen. Sie bekam Angst. Dann wurde sie wütend. Er lächelte sie an, wie er sie jeden Morgen angelächelt hatte, aber an dem Tag war irgendwas anders. Die Anspannung war vom Mund in die Augen gewandert. Der Blick nicht so süß, sondern gespannter. Weniger sonnig, statt dessen mehr atemstockende Erwartung.
    »Morgen, Katherine.«
    »Morgen«, sagte sie knapp.
    Er wartete einen Moment und sagte dann: »Danke, daß

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