Pyramiden
was er verdient.«
»Ja«, murmelte Ptaclusp. »Genau das befürchte ich.«
»Es ist nur eine andere Art und Weise, Geld für sich arbeiten zu lassen«, behauptete ein Sohn. »Vermutlich hat es was mit Quanten zu tun.«
»Oh, gut«, seufzte Ptaclusp.
»Heute abend setzen wir den Schlußstein auf die Spitze«, sagte ein IIb. »Und wenn sich die gespeicherte Energie entladen hat, kommt alles ins Lot.«
»Ich habe dem Pharao gesagt, die Zeremonie findet morgen statt.«
Die IIbs erbleichten synchron. Noch immer loderte die Sonne an einem wolkenlosen Himmel, aber im Zelt schien es plötzlich kühler zu werden.
»Heute abend, Vater«, sagte einer der Architekten. »Du meinst bestimmt heute abend.«
»Morgen«, sagte der Baumeister fest. »Es sind bereits alle Vorbereitungen getroffen. Markisen und so. Leute, die Lotosblumen ausstreuen. Außerdem spielt eine Kapelle. Glocken und Trompeten und krachende Becken. Und Ansprachen und Tee und Fleischbrühe. Die Fertigstellung der Großen Pyramide muß richtig gefeiert werden. Dadurch locken wir neue Kunden an. Sie wollen sich bestimmt umsehen und …«
»Vater, du weißt doch, wieviel Energie die Pyramide aufsaugt! Denk nur an den Rauhreif …«
»Und wenn schon. Wir Ptaclusps laufen nicht einfach herum und setzen Pyramiden Schlußsteine auf, als ginge es nur darum, eine Gartenmauer zu vollenden. Wir schleichen nicht wie wasweißich durch die Nacht, um unser größtes Werk mit Elektrum zu krönen. Mit Fug und Recht erwartet man eine Zeremonie von uns.«
»Aber …«
»Schluß damit. Ich habe mir diesen neumodischen Kram viel zu lange angehört. Morgen. Immerhin hat es keinen Sinn, die Bronzeplatte zu enthüllen, wenn niemand da ist, um ›Hurra!‹ zu rufen und zu applaudieren.«
Einer der IIas zuckte mit den Schultern. »Es hat keinen Sinn, mit ihm zu streiten«, sagte er. »Ich komme drei Stunden aus der Zukunft und kenne das Ergebnis dieser Diskussion. Wir konnten seine Meinung nicht ändern.«
»Ich bin nur eine Stunde jünger als du«, sagte ein anderer Buchhalter. »Ich erinnere mich an deinen Hinweis.«
Jenseits der Zeltplanen zischte die Große Pyramide mit akkumulierter Zeit.
Pyramiden sind keineswegs geheimnisvoll, auch nicht rätselhaft.
Sie dienen als Dämme im Strom der Zeit. Wenn man sie richtig strukturiert und angemessene parakosmische Okkultkomponenten hinzufügt, kann das temporale Potential der Steinmasse verwendet werden, um die Zeit in einem kleinen Bereich zu beschleunigen oder umzukehren. Man denke in diesem Zusammenhang nur an eine Druckwasserpumpe, die imstande ist, das Wasser gegen die Strömung fließen zu lassen.
Die ursprünglichen Baumeister waren natürlich alt und daher sehr klug und weise. Sie wußten genau Bescheid und errichteten Pyramiden, um in der zentralen Kammer eine klar abgegrenzte Zone der Null-Zeit zu schaffen. Ein dort aufgebahrter, noch nicht völlig toter Pharao durfte tatsächlich auf ewiges Leben hoffen – oder zumindest darauf, nicht ganz zu sterben. Jene Zeit, die eigentlich verstreichen sollte, sammelte sich im Gestein der Pyramide und entlud sich jeweils einmal in vierundzwanzig Stunden.
Menschen neigen zu Vergeßlichkeit, wie man weiß, und nach ein paar Äonen glaubten die Nachkommen der Weisen, das gleiche Resultat erzielen zu können, indem sie a) Rituale vollführten, b) Leichen mit Stroh füllten und c) ihre Eingeweide in Krügen aufbewahrten.
Derartige Maßnahmen führen nur selten zum Erfolg.
Die Kunst der Feinjustierung von Pyramiden ging verloren, und das Wissen darum reduzierte sich auf einen kümmerlichen Rest aus falsch verstandenen Prinzipien und verworrenen Erinnerungen. Die Ahnen der modernen Architekten waren viel zu klug, sehr große Pyramiden zu bauen. Sehr große Pyramiden können höchst seltsame Dinge bewirken, und Fluktuationen in der Zeit spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle.
Übrigens: Hier muß der weit verbreiteten Meinung, Pyramiden seien imstande, Rasiermesser zu schärfen, energisch widersprochen werden. Sie bringen die entsprechenden Klingen nur in eine Zeit zurück, in der sie noch nicht stumpf waren. Wahrscheinlich hat das irgend etwas mit Quanten zu tun.
Teppic lag auf seinem steinernen Bett und lauschte.
Draußen im Flur standen zwei Wächter. Zwei weitere lehnten an der Balkonbrüstung, und Nummer Fünf – Dios’ Weitblick beeindruckte den jungen Pharao – wartete auf dem Dach. Er hörte, daß sie versuchten, keine Geräusche zu
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