Qiu Xiaolong
Routineuntersuchung wartete, wäre da nicht die dichte schwarze Behaarung gewesen, die den Schambereich bedeckte. Mit prüfendem Blick betrachtete sie sich im Spiegel, während das Wasser Perlen auf ihrer Haut bildete und ihr Gesicht durch das Neonlicht fahl aussah. Da bemerkte sie im Spiegel, daß er sie anstarrte. Erschrocken zog sie das Badetuch herunter, um ihre Hüften zu bedecken, aber dann schüttelte sie ihr nasses Haar und sah ihn mit einem langen, festen Blick an.
Langsam bewegte sie sich auf das Bett zu. Er roch die Seife auf ihrer vom Duschen noch immer nassen Haut. Sauber, frisch. Ihr Körper glühte.
»Du bist etwas Besonderes«, sagte sie.
Er war so auf sie fixiert, daß es seiner gesamten Willenskraft bedurfte, um sie daran zu hindern, ihn zu berühren.
»Lassen Sie uns reden«, sagte er.
»Nein.« Sie berührte seinen Mund mit einem Finger. »Du brauchst überhaupt nichts zu sagen.«
»Wir kennen uns doch noch gar nicht.«
»Haben wir nicht genug geredet?« fragte sie. »Aber vielleicht willst du über Geld reden.«
»Nun ja …«
»Herr Ouyang hat für einen ganzen Tag bezahlt und mir ein hübsches Trinkgeld gegeben«, erklärte sie. »Du kannst also den ganzen Tag haben und die Nacht auch. Du brauchst dir deshalb keine Sorgen zu machen. Wenn du mich nachher zum Essen einladen willst …«
»Nein.« Entschlossen setzte er sich auf. »Ich möch te mich mit Ihnen über etwas anderes unterhalten.«
»Worüber?«
»Ich bin Polizist.« Er zeigte seinen Dienstausweis. »Ich bin hier, um Ihnen einige Fragen zu stellen.«
»Scheißbulle!« Mit einer Hand bedeckte sie ihre Brüste, mit der anderen ihre Scham.
Er empfand dies als einen absurden Versuch, Sittsamkeit zu demonstrieren, als ob die Tatsache, daß er Polizist war, mit einemmal auch ihre Identität verändert hätte.
»Sie werden keine Probleme bekommen, wenn Sie mit mir zusammenarbeiten«, sagte er. »Ich gebe Ihnen mein Wort.«
»Warum haben Sie das nicht gleich am Anfang gesagt?«
»Als ich zu Ihnen kam, war ich nicht darauf gefaßt, Sie so zu sehen. Ouyang hatte mir lediglich gesagt, daß Sie diejenige seien, die ich suchte. Ich war überrascht, und Sie haben mir keine Möglichkeit gegeben, irgend etwas zu sagen.« Er reichte ihr den Bademantel. »Ziehen Sie das an, bevor Ihnen kalt wird.«
»Ich traue Ihnen nicht«, sagte sie und nahm den Bademantel. »Warum sollte ich mit Ihnen zusammenarbeiten?«
»Ich kann dafür sorgen, daß Sie festgenommen werden«, sagte er und zog dabei das Aufzeichnungsgerät unter dem Kissen hervor. »Wenn Sie erst einmal im Gefängnis sind, werden Sie ohnehin reden müssen, aber gerade davor will ich Sie ja bewahren.«
»Was für eine hinterhältige Schlange Sie sind!«
»Ich bin Polizist.«
»Und warum stecken Sie mich dann nicht einfach ins Gefängnis?«
»Ouyang ist mein Freund. Außerdem …«
»Warum haben Sie Ouyang angelogen und behauptet, Sie wären ein Dichter?«
»Das war keine Lüge. Ich bin Dichter.«
Es dauerte etwas, bis Chen seinen Mitgliedsausweis des Schriftstellerverbandes aus der Brieftasche gefischt hatte.
»Was zum Teufel wollen Sie denn nun von mir?«
»Ich habe da nur ein paar Fragen.«
»Sie sind schrecklich.« Schluchzend vor Angst und Demütigung, brach Xie zusammen.
Chen goß Xie eine Tasse Tee ein, damit sie sich beide beruhigten.
Während sie den Tee trank, wobei ihre bemalten Zehen auf dem Teppich wie herabgefallene Blütenblätter lagen, gewann sie wieder etwas Beherrschung über sich.
In seiner Erinnerung war die Berührung durch ihre Zehen noch immer frisch.
»Lassen Sie uns in ein Restaurant gehen«, schlug er vor. »Ich habe Hunger.«
»Was?«
»Sie haben vom Essen danach gesprochen.«
»Wie bitte? Noch so ein schmutziger Trick?«
»Nein. Ich möchte Sie einfach zum Essen einladen. Wie wäre es mit dem Hotel Weißer Schwan?. Laut Ouyang ist es dort ruhig. Was Ihre Zeit betrifft …«
»Machen Sie sich deshalb keine Sorgen. Ouyang hat für den ganzen Tag bezahlt.«
»Dann ist es das mindeste, wenn ich für ein Mittagessen bezahle.«
Dank Ouyang, der ihn zu so vielen Morgentees und Abendessen eingeladen hatte, hatte Chen genug gespart, um sich diese Geste leisten zu können.
»Warum können wir nicht hierbleiben.’’«
»Hören Sie, ich bin Polizist«, sagte er, »aber ich bin auch ein Mann. Wenn ich hier mit Ihnen allein bleibe, kann ich nichts dazu beitragen, eine entspannte Atmosphäre herzustellen.«
»Sie finden mich also nicht
Weitere Kostenlose Bücher