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Qiu Xiaolong

Qiu Xiaolong

Titel: Qiu Xiaolong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod einer roten Heldin
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erstellt. Deshalb wollen wir ihr jetzt einen Gefallen tun und sie zu ihrem nächsten Einsatzort bringen.«
    »Natürlich, wir sollten uns immer gegenseitig helfen.«
    »Sie strengen sich ja wirklich an für mich«, sagte sie.
    »Nein, Sie haben sich für uns angestrengt«, sagte er und nahm ihre Liste in Empfang. »Die Liste besteht aus – na, zählen wir mal – vier Seiten. Und alle ordentlich getippt.«
    »Das Fax war etwas undeutlich, die Zeitschriftennamen waren alle abgekürzt, einiges war handschriftlich hinzugefügt, also habe ich es noch mal abgetippt.«
    »Das hat sicher eine ganze Weile gedauert.«
    »Offen gestanden habe ich mein Mittagessen ausfallen lassen.«
    »Ach ja? Ich habe heute auch erst ein Sandwich gegessen.«
    »Sie sollten lernen, sich besser um sich zu kümmern, Genosse Oberinspektor!«
    »Das stimmt, Genossin Wang«, wart der Kleine Zhou ein und drehte sich breit grinsend zu ihnen um. »Unser Oberinspektor ist ein richtiges Arbeitstier. Er braucht wirklich jemanden, der sich um ihn kümmert.«
    »Na ja«, meinte Chen lächelnd, »gleich hier um die Ecke in der Xizang Lu gibt es ein kleines Nudelrestaurant, ich glaube, es heißt Kleine Familie. Man ißt dort recht gut und es ist nicht zu laut. Vielleicht könnten wir uns dort über die Liste unterhalten.«
    »Ja, warum nicht’«
    »Kleiner Zhou, wenn Sie wollen, können Sie sich uns gerne anschließen.«
    »Nein danke«, erwiderte dieser und schüttelte entschlossen den Kopf. »Ich habe gerade gegessen. Ich mache lieber im Auto ein kleines Mittagschläfchen. Gestern haben wir bis drei Uhr morgens Mah-Jongg gespielt. Also viel Spaß!«
    Das Nudelrestaurant hatte sich verändert. Bei Chens letztem Besuch hatten hier nur vier oder fünf Tische gestanden, doch offenbar hatte man renoviert. Die Wände waren nun mit Eichenholz getäfelt und mit klassischen chinesischen Malereien und Kalligraphien auf langen Rollbildern dekoriert. Auf einer ovalen Mahagonitheke standen ein großer Samowar aus Messing und eine prächtige Sammlung Teekännchen und Tassen aus rotem Ton.
    Eine junge, hübsche Bedienung eilte sofort leichtfüßig herbei. Sie trug einen schillernden, scharlachroten Qipao, durch dessen lange Schlitze ihre olivfarbenen Oberschenkel blitzten. Die junge Frau führte sie an einen Ecktisch.
    Er bestellte Hühnersuppe mit einer großzügigen Portion Frühlingszwiebeln, sie entschied sich für gebratenen Aal auf einfachen Nudeln und dazu eine Flasche Mineralwasser aus den Lao-Bergen. Sie streifte die Jacke von ihren Schultern, hängte sie über die Rückenlehne ihres Stuhls und öffnete den obersten Knopf ihrer Seidenbluse.
    Er bemerkte, daß sie heute keinen Ring an ihrer Linken trug.
    »Ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar«, sagte er, auch wenn er die Liste in seiner Hand nun nicht weiter beachtete. Dafür wäre noch genügend Zeit in der Bibliothek. Er legte sie zur Seite und tätschelte ihre Hand, die ihm gegenüber auf dem Tisch lag.
    »Sie wissen ja wohl, wer Wu Xiaoming ist«, sagte sie, ohne ihre Hand zurückzuziehen.
    »Ja, das weiß ich«, sagte er.
    »Und trotzdem wollen Sie weiter ermitteln?«
    »Ich bin doch Polizist, oder nicht?«
    »Ein schrecklich romantischer Polizist, der an die Gerechtigkeit glaubt«, sagte sie. »Bei diesem Fall ist höchste Vorsicht geboten.«
    »Ich werde vorsichtig sein«, sagte er. »Ich weiß, daß Sie sich Sorgen um mich machen.«
    Ihre Blicke trafen sich, in ihren Augen las er keinen Widerspruch.
    Sie waren momentan die einzigen Gäste in dem Lokal und saßen völlig ungestört in ihrer Ecke.
    »Passend zu Ihrer Stimmung hätte man uns ein paar Kerzen auf den Tisch stellen sollen«, sagte sie.
    »Wie wäre es mit einem Abendessen bei mir zu Hause, morgen abend?« fragte er. »Ich habe auch Kerzen.«
    »Ein Abendessen zur Feier Ihrer Seminarteilnahme?«
    »Nein, das ist doch erst im Oktober.«
    »Na ja, es könnte wohl Leute geben, die sich fragen, was unser Oberinspektor mit einem Abendessen bei Kerzenlicht im Sinn hat.«
    Er mußte zugeben, daß sie recht hatte. Eine Affäre mit ihr war seiner Karriere momentan nicht förderlich. Dennoch meinte er: »Was bringt es mir schon, Oberinspektor zu sein, wenn ich nicht einmal mit einer Freundin bei Kerzenlicht zu Abend essen kann?«
    »Aber Sie haben eine äußerst vielversprechende Karriere vor sich, Genosse Oberinspektor. Solche Chancen hat nicht jeder.«
    »Ich werde mich um Diskretion bemühen.«
    »Ich fürchte, es ist ziemlich indiskret, wenn man mit

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