Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen
stirnrunzelnd
ihren Inhalt. »Wenn kein Whiskey drin ist, trinke ich es nicht.«
»Natürlich ist kein Whiskey drin«, erwiderte
Lydia, als sie sah, daß sich eine Tür öffnete und Millie auf dem Korridor
erschien. »Sie sind ein sehr schlechtes Beispiel für Ihre Töchter, Mister
Quade«, fügte sie hinzu, bevor sie die neugierige Miss Millicent Quade mit
einem strengen Blick in ihr Zimmer zurückbeförderte.
Brigham hielt Lydia auf, als sie
sich abwenden wollte. »Ich habe nicht vor, dein Spielchen mitzumachen und so zu
tun, als wäre nichts gewesen, Miss McQuire«, erklärte er schroff. »Ich
bin kein Mann, der die Wahrheit vor anderen verbirgt. Denn das, meine
Liebe, wäre ein sehr schlechtes Beispiel für meine Töchter.«
Ein wohliges Prickeln erfaßte Lydia
unter seiner Berührung, dessen sie sich jedoch augenblicklich schämte. Nur
wenige Schritte von ihnen entfernt lag Devon, mit gebrochenen Gliedern und von
Schmerzen geschüttelt, die keinem Menschen zuzumuten waren, und sie, Lydia,
hatte nichts anderes im Sinn, als wieder mit Brigham allein zu sein und sich im
Rausch seiner Zärtlichkeiten zu verlieren ...
»Ausgerechnet du willst mir Ratschläge
geben!« brach Brigham schließlich das gespannte Schweigen. »Deine Kleider sind
genauso naß wie meine. Es wäre besser, wenn du dich umziehen und dich ein
bißchen aufwärmen würdest!«
Die Worte an sich waren harmlos
genug, aber in Lydia explodierten sie wie kleine Kanonenkugeln und brachten
ihr Bilder vor Augen, die ihre Leidenschaft von neuem entfachten.
Sie maß Brigham mit einem
ärgerlichen Blick, bis er ihren Arm losließ, drehte sich wortlos um und ging
hinunter.
Sie trank ihren Tee, schürte das
Feuer im Herd und begab sich dann in ihr Zimmer, wo sie die feuchten Kleider
ablegte und ein warmes Nachthemd anzog. Als das geschehen war, trocknete sie
ihr Haar und begann es auszubürsten.
Unter anderen Umständen hätte Lydia
jetzt einen Morgenrock angezogen und wäre zu Devon gegangen, um nach ihm zu
sehen. Aber da sie wußte, daß er bei Captain McCauley Joseph — und Polly in
guten Händen war, gab sie ihrer Erschöpfung nach und ging zu Bett.
Zum Glück schlief sie sofort ein,
und zum ersten Mal seit Wochen quälten sie keine sinnlichen Träume. Als sie
erwachte, hockte Millie neben ihr auf der Matratze.
»Oh«, sagte das Kind in gespielter
Überraschung. »Du bist ja wach!«
Lydia lächelte. »Ja, merkwürdig,
nicht?« Sie nahm an, daß Millie Trost suchte und die anderen Erwachsenen im
Haus zu beschäftigt waren, um sich mit ihr zu befassen. »Wie geht es dir heute
morgen?«
Millie seufzte übertrieben. »Jetzt,
wo der Arzt da ist, schon viel besser. Und Charlotte hat Papa sagen hören, daß
Onkel Devon wieder gesund werden wird.« Sie kroch unter die Decken und
schmiegte sich an Lydia. »Ich bin froh, daß es dich gibt.«
Lydia zog das Mädchen an sich. »Ich
auch«, erwiderte sie. »Aber wo ist Charlotte? Oder sollte ich lieber fragen,
wer deine Schwester heute morgen ist?«
Millie kicherte albern. »Ich glaube,
sie ist heute niemand außer ihr selbst — aber es ist ja noch sehr früh am Tag.«
Lydia seufzte. »Das stimmt. Aber
komm, laß uns trotzdem aufstehen und für das Frühstück sorgen, ja? Ich kann mir
vorstellen, daß heute einiges in diesem Haus los sein wird.«
Trotz dieser heroischen Entscheidung
blieben sie noch eine Weile liegen und lauschten auf den Regen, der draußen an
die Fenster prasselte.
Schließlich schlug Lydia die Decken
zurück. »Ich wette, daß ich noch vor dir angezogen und in der Küche bin«,
forderte sie Millie heraus.
»Hm ...« Millie schien zu überlegen.
»Was bekomme ich, wenn ich gewinne?«
»Schokoladenplätzchen«, schlug Lydia
lächelnd vor.
»Schokoladenplätzchen!« Millie war
schon aus dem Bett und lief zur Tür. »Kann ich dir helfen, sie zu backen?«
»Selbstverständlich«, erwiderte
Lydia. Sie nahm sich Zeit, das schönste der Kleider herauszusuchen, die sie von
Devons Geld in San Francisco gekauft hatte, wusch ihr Gesicht und putzte ihre
Zähne, bevor sie ihr Haar bürstete und es zu einer schlichten Frisur
aufsteckte.
Als sie die Küche betrat, war Millie
bereits da. »Ich habe gewonnen!« rief sie triumphierend.
»Zweifelsohne«, entgegnete Lydia
trocken.
Jake hatte das Frühstück schon
vorbereitet, im Ofen standen Platten mit Schinken, Toast und Eiern. Lydia
füllte Teller für sich und Millie, und sie setzten sich an den großen Tisch.
Sie hatten jedoch kaum zu
Weitere Kostenlose Bücher