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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Titel: Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
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als Rarität in einem Zirkus zu verbringen. »Liebe Frau, ich
glaube nicht ...«
    Die Schneiderin erlaubte ihr nicht
auszusprechen, sondern klatschte in die Hände und befahl einem der Mädchen,
Bettlaken auf dem Boden auszubreiten, um den kostbaren Moiré zu schützen. Dann
begann sie bei Annie Maß zu nehmen.
    Sobald ein großer Teil des Bodens
bedeckt war und Annie sich bis auf Hemd und Beinkleider ausgezogen hatte, wurde
der Ballen Stoff ausgerollt, und Miss Rendennon drapierte ihn um ihren Körper.
Mit knurrendem Magen stand Annie da wie die Heilige Johanna auf dem
Scheiterhaufen, schaute den Staubteilchen in den Sonnenstrahlen, die durch das
Fenster fielen, zu und plante ihren Rachefeldzug gegen Phaedra.
    Ein Prickeln in Annies Nacken war
der erste Hinweis darauf, daß sie beobachtet wurde, und als sie den Blick
erhob, stellte sie überrascht fest, daß Rafael auf dem Balkon stand und sie
beobachtete. Obwohl sie wegen der Entfernung und der Schatten nicht seinen
Gesichtsausdruck erkennen konnte, kam sie sich seltsam verwundbar unter seinen
Blicken vor — als ob sie für ihn entkleidet worden wäre wie eine Haremsdame für
den Sultan.
    Als Miss Rendennon aufschaute und
den Prinzen sah, änderte sich ihre respektlose Haltung augenblicklich. Sie
nickte ihm zu und strahlte. »Guten Morgen, Hoheit!«
    Rafael, in einem weißen Hemd und
dunklen Reithosen,
    nickte ihr zu, erwiderte jedoch
nichts. Annie zwang sich, den Blick von ihm abzuwenden, vermochte jedoch seine
Anwesenheit nicht zu ignorieren und brannte vor Leidenschaft und Beschämung,
als sie daran zurückdachte, wie sie sich am Tag zuvor zur Närrin vor diesem
Mann gemacht hatte. Doch wie gern hätte sie dies alles jetzt noch einmal
wiederholt ...
    Der Prinz blieb, wo er war, ohne
etwas zu äußern, und Annie hätte nicht entscheiden können, wer unruhiger war
durch seine Gegenwart — sie oder Miss Augusta Rendennon. Unter beständigem,
nervösem Murmeln stand die Schneiderin die Anprobe durch, bevor sie endlich
ihren Stoff aufrollte und sich zurückzog.
    Eins der Mädchen besaß die
Geistesgegenwart, Annie ihr Kleid zu überreichen, und sie streifte es hastig
über, ohne zum Balkon hinüberzuschauen, in der Hoffnung, daß Rafael bereits
gegangen war. Als Prinz von Bavia konnte er bestimmt nicht seine Zeit damit
verschwenden, einer Anprobe zuzusehen.
    Kaum war Annie zu dieser
beruhigenden Schlußfolgerung gelangt, als sie das Klappern von Stiefelabsätzen
auf der steinernen Treppe hörte, und ein verstohlener Blick verriet ihr, daß
Rafael den Raum durchquerte.
    Noch immer nicht komplett angezogen,
zog Annie das Oberteil ihres Kleids über der Brust zusammen und starrte ihn
betroffen an, als er sich ihr näherte und einige Schritte vor ihr stehenblieb.
    »Was tust du hier?« fragte er in
geistesabwesendem Ton.
    Annie empfand es wie eine Anklage,
es klang fast, als ob er sie beim Stehlen in der Schatzkammer erwischt hätte,
und sie war empört. Glaubte Rafael etwa, es machte ihr Spaß, still wie
eine Statue dazustehen, über eine Stunde lang, und sich von Miss Augusta
Rendennons Nadeln und Bemerkungen piesacken zu lassen?
    Sie deutete einen Knicks an und maß
Rafael mit einem ärgerlichen Blick. »Es scheint, daß Phaedra heute Besseres zu
tun hatte, als ihr Hochzeitskleid anzuprobieren«, sagte sie.
    Rafaels unerwartetes Lächeln
überraschte Annie; sie blinzelte wie von einem gleißenden Sonnenstrahl
geblendet. Als sie wieder sehen konnte, war Rafaels Gesicht wieder ernst.
    »Am Samstag findet ein Ball statt«,
sagte er mit einer Miene, als ob es sich bei dem Ereignis um ein Begräbnis handelte.
»Im Palast in Morovia. Ich denke, daß ihr passende Kleider dazu brauchen
werdet, du und Phaedra.«
    Annie knöpfte ihr Kleid zu und
lächelte über die Aussicht auf einen großen Ball im königlichen Stadtpalast.
»Phaedras Verlobungsball — wie schön!«
    Rafael seufzte. »Ja, wunderbar«,
sagte er düster.
    Annie musterte ihn verwundert.
»Freust du dich nicht darauf?«
    »Das ist es nicht«, erwiderte er und
richtete den Blick für einen Moment auf den Balkon. »Morovia ist ein
gefährlicher Ort, zumindest für die Mitglieder unserer Familie. Und für d ie Einwohner
von Bavia versinnbildlicht der Palast siebenhundert Jahre Ausschweifungen und
Unterdrückung.« Als Rafael Annie wieder ansah, schien er sein Eingeständnis
bereits zu bereuen. »Mach dir keine Sorgen, Annie. Es wird uns nichts geschehen
— Barrett und seine Männer werden dafür Sorge

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