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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Titel: Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
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aufzuheben und sie in den Korb zurückzulegen. Nach dem Chaos, das sie
gerade mit angesehen hatte, brauchte sie jetzt so etwas wie Ordnung. »Ein
Aufstand«, sagte sie schlicht. »Auf dem Marktplatz.«
    Chandler packte Phaedra an den
Schultern und schob sie ein wenig von sich ab. »Alles in Ordnung?« keuchte er,
und Annie wußte, daß die Frage ihnen beiden galt.
    »Es wird wohl irgendwann wieder so
sein«, antwortete Annie traurig. Dann, mit Phaedras Korb und ihrem eigenen,
betrat sie den Palast und überließ es dem zukünftigen Ehemann ihrer Freundin,
sie zu trösten.
    Über die Dienstbotentreppe erreichte
sie den großen Raum, wo die Mägde schliefen. Zum Glück war er auch diesmal
leer, und Annie legte die Puppe, die sie auf dem Markt gekauft hatte, neben die
Stoffpuppe auf einer der schmalen Liegen. Als dies geschehen war, verteilte sie
Phaedras Orangen auf den Betten und verließ den Raum.
    In ihrem eigenen Zimmer zog sie das
geliehene Kleid aus, faltete es sorgfältig und legte es auf eine Truhe. Dann,
nur mit ihrem Unterhemd bekleidet, kroch sie ins Bett, zog die Decke über den
Kopf und weinte, bis sie keine Tränen mehr zu vergießen hatte.
    An jenem Abend ging Annie nicht zum
Essen in den Speisesaal und rührte auch nicht das Frühstück an, das Kathleen
ihr am nächsten Morgen brachte.
    Die junge Magd hob das
zusammengefaltete Kleid auf, das Annie am Tag zuvor zum Markt getragen hatte,
und drückte es an ihre Brust. »Es war sehr lieb von Ihnen, die Puppe auf das
Bett zu legen, Miss«, sagte sie. »Die kleine Nancy ist überzeugt, daß ein Engel
sie ihr gebracht hat. Sie hat im vergangenen Jahr ihre Mutter verloren und
denkt oft über solche Sachen nach.«
    Annie, die mit angezogenen Knien im
Bett saß, schloß für einen Moment die Augen. »Hast du dir je gewünscht, etwas
anderes zu sein — aus deiner Haut in die eines anderen Menschen schlüpfen zu
können?«
    Kathleen schien verwirrt. »Nein,
Miss. Es wäre dumm, so etwas zu denken, wenn es sowieso nicht machbar ist —
nicht wahr?« Sie hielt inne und schaute zum Tisch, wo sie ein Tablett
hinterlassen hatte. »Möchten Sie nicht bitte etwas essen, Miss? Es ist nicht
gut, wenn man Hunger leidet.«
    Allein der Gedanke an Essen ließ
Annies Magen revoltieren. Die Erinnerung an den Zwischenfall auf dem Marktplatz
war noch zu frisch, und sie hatte das Gefühl, als ob ihr Herz in tausend Stücke
zerbrochen wäre, die sich wie Glassplitter in ihre Eingeweide bohrten.
    Sie schüttelte nur stumm den Kopf,
worauf Kathleen widerstrebend hinausging und das geborgte Kleid mitnahm.
    Am nächsten Morgen wurde eine formelle Ankündigung
gemacht: Der Verlobungsball der Prinzessin war um eine Woche verschoben worden.
Annie fragte sich, wenn auch etwas zynisch, wie interessant diese Neuigkeiten
für die Händler auf dem Marktplatz sein würden. Oder für die Freunde und
Familienangehörigen jenes schlanken, ernsthaften jungen Aufrührers, der so
unrühmlich im Brunnenbecken gestorben war.
    Zum ersten Mal, seit sie sich in St.
Apasia begegnet waren, stellten Annie und Phaedra fest, daß sie sich nicht viel
zu sagen hatten. Phaedra blieb in den nächsten Tagen in ihrem Zimmer, legte
endlose Patiencen und weigerte sich, Besucher zu empfangen. Annie verbrachte
die meiste Zeit im Garten, freundete sich mit der gelben Katze an und
versuchte, Ordnung in ihre Gedanken und Gefühle zu bringen.
    Sie war auch gerade wieder dort, als
das Klappern vieler Pferdehufe vor den Schloßtoren auf die Ankunft des Prinzen
und seiner Begleiter schließen ließ.
    Annie stand auf, setzte sich wieder
und sprang von neuem auf. Sie wollte Rafael unverzüglich sehen, und doch nie
wieder, ihr ganzes Leben lang. Sie sehnte sich danach, die Arme um seinen
Nacken zu schlingen und ihm — obwohl es einen krassen Widerspruch bedeutete —
schwere, anhaltende Wunden zuzufügen.
    Sie hörte die Tore in den eisernen
Scharnieren ächzen und die Hufe vieler Pferde auf dem Kopfsteinpflaster des
Innenhofs. Während sie unruhig im Garten auf und ab schritt, verfluchte sie
Rafael in einem Atemzug, um ihn im nächsten wieder anzubeten.
    Annie litt bereits eine gute halbe
Stunde unter diesem Zustand, als der Prinz am Gartenrand erschien, in schmutziger,
zerdrückter Kleidung, mit wirrem Haar und dem sichtbaren Ansatz eines Barts.
Seine grauen Augen glitzerten vor unterdrückter Leidenschaft, vor Mißtrauen und
vor Mutwillen.
    Mit pochendem Herzen ging sie auf
ihn zu, hielt dann jedoch inne und verschränkte

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