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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

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zog ein blütenweißes
Taschentuch aus dem Ärmel ihres blaßrosa Gewands und preßte es in einem Anfall
von Übelkeit auf ihren Mund. »Tut mir leid«, murmelte sie beschämt. »Ich wollte
bestimmt nicht herzlos sein, aber ...«
    Annies Ärger verflog ein wenig.
»Geh, Phaedra, bevor du hier in Ohnmacht fällst. Wenn du wirklich etwas tun
möchtest, dann geh in die Küche und laß uns noch mehr Brühe bringen.«
    Die Prinzessin nickte und verließ
fluchtartig die Kapelle. Den ganzen Morgen über trafen Hochzeitsgäste in Kutschen
und Wagen ein, doch Annie verschwendete keinen Gedanken an die bevorstehende
Zeremonie. Sie und Kathleen hatten alle Hände voll zu tun.
    Als sie bei einer Gelegenheit
flüchtig an Phaedra dachte, ermahnte sie sich, daß Menschen über
unterschiedliche Stärken und Talente verfügten. Es war kein Charakterfehler,
nicht die Kraft oder das Durchhaltevermögen einer Krankenschwester zu besitzen.
Annies Großmutter, Lydia McQuireQuade, hatte während des Bürgerkriegs
Unionssoldaten gepflegt; es war möglich, daß Annie dieses Talent von ihr geerbt
hatte.
    Um ein Uhr überredete Kathleen
Annie, zu einer Mahlzeit in die Burg zurückzukehren.
    In der Küche schrubbte Annie
gründlich ihre Hände, bevor sie ihr Essen anrührte, denn ihre Großmutter Lydia
hatte sie oft auf die Bedeutung von Reinlichkeit in Verbindung mit Kranken
hingewiesen. Das Gesprächsthema des Gesindes in der Küche war weder die
Revolution noch die Hochzeit, sondern das bevorstehende Gerichtsverfahren der
Männer, die den Marktplatz in Morovia verwüstet und einen jungen Studenten
getötet hatten.
    Annie war nicht wohl bei diesem
Thema, aber es war interessant, und außerdem war es immer ratsamer zuzuhören,
als den Kopf in den Sand zu stecken.
    »Weiß jemand, welcher von den
Soldaten den jungen Mann erschossen hat?« fragte Kathleen zwischen zwei Löffeln
ihres Eintopfs.
    Auf ihre Worte hin richteten alle an
dem langen Küchentisch fragend den Blick auf Annie. Es war offensichtlich kein
Geheimnis, daß sie den schrecklichen Vorfall mit angesehen hatte. Doch obwohl
sie den Studenten blutend in das Wasserbecken hatte stürzen sehen — ein Bild,
das sie nie vergessen würde —, hatte sie nicht gesehen, wer den tödlichen
Schuß abgegeben hatte.
    So biß sie sich nur auf die Lippe
und schüttelte den Kopf. Sie war fast froh, den Mörder nicht gesehen zu haben;
der Blick unbändigen Hasses in Jeremy Covingtons Augen war beängstigend genug
gewesen, und die Erinnerung daran würde sie ihr Leben lang begleiten. Die
Köchin, eine korpulente Frau mit grauem Haar, nahm sich ein weiteres Stück
Brot von der Platte auf dem Tisch. »Er hat allmählich genug Leid ertragen,
unser Prinz«, sagte sie. »Seine Hoheit hätte es verdient, wieder glücklich zu
sein, wie er es war, bevor Prinzessin Georgiana starb.«
    Annie empfand es als tröstlich, daß
wenigstens die Köchin zu wissen schien, welch guter Mensch Rafael im Grunde
war. Aber es mußte doch auch noch andere geben, die ihn so sahen, wie er war,
und ihm nicht die Schuld für die Taten seiner Vorfahren anlasteten ...
    Sie errötete, als ihr bewußt wurde,
daß sich nach den Worten der Köchin wieder alle zu ihr umgedreht hatten. Ein
unbehagliches Schweigen breitete sich aus.
    Annie war froh, als Kathleen es
beendete. »So, ich glaube, Miss Trevarren und ich sollten jetzt wieder zu unseren
Kranken zurückkehren, sonst werden sie sich noch fragen, wohin wir
verschwunden sind.« Mit einem Lächeln wandte sie sich an die Köchin und ihre
Gehilfinnen. »Wir brauchen noch mehr Suppe und soviel schwachen Tee, wie ihr
zubereiten könnt.« Bevor die Frau etwas erwidern konnte, fügte sie hinzu: »Möge
Gott euch für eure Güte segnen.«
    Annie brachte schweigend ihren
Teller zum Spülstein und beobachtete belustigt, wie die Frauen sich beeilten,
Gottes Segen auf sich herabzurufen. Die Suppe und der Tee, die Kathleen
verlangt hatte, würde nicht lange auf sich warten lassen.
    Auch an diesem Tag arbeiteten Annie
und Kathleen, bis die Nacht hereinbrach, und heute war Annie sogar doppelt so
müde wie am Tag zuvor.
    Den Luxus, ein heißes Bad zu nehmen
und danach ins Bett zu fallen, konnte sie sich jedoch nicht leisten, da im
Laufe des Tages noch erheblich mehr Hochzeitsgäste angekommen waren und die
Höflichkeit verlangte, daß sie an dem formellen Dinner teilnahm, das ihnen zu
Ehren serviert wurde. So wusch sie sich nur, legte ein smaragdgrünes Kleid an
und ließ sich von Kathleen

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