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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Titel: Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
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ja, Kathleen«, stimmte sie dem Mädchen
zu. »Du kommst zweifellos sehr gut allein zurecht.«
    Ein wenig später stieg Annie die
Stufen zu ihrem Himmelbett hinauf und ließ sich auf die weiche Matratze
sinken, so müde, daß sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Doch das
war nur gut so, sollte sie später denken.
    Am nächsten Morgen war Annie trotz ihrer Erschöpfung in
der Nacht zuvor schon beim ersten Morgengrauen wach. Kathleen, die bereits eine
Lampe angezündet hatte, schürte die verbliebene Glut im Kamin, und auf dem
Nachttisch wartete ein Tablett mit einem herzhaften Frühstück.
    »Hetzen Sie sich nicht«, befahl
Kathleen streng. »Selbst Engel brauchen Stärkung - zumindest diejenigen aus
Fleisch und Blut.«
    »Sehr passend, der Vergleich mit den
Engeln«, sagte Annie, als sie nach dem Tablett griff und es auf ihren Schoß
stellte. »Dieser Kaffee duftet nämlich einfach himmlisch.«

Fünfzehn
    Er liebte sie.
    Rafael hatte dieses Wissen eisern
verdrängt seit jener Nacht, in der er auf den Wehrgang gestiegen war, um Annie
vor einem tödlichen Sturz in den Burghof zu bewahren. Heute abend jedoch, als
er sie vor der Kapellentür gesehen hatte, mit schmutzigem Gesicht, aufgelöstem
Haar und einem Baby in den Armen, hatte die Erkenntnis seinen Widerstand
durchbrochen und ihn mit der Wucht eines Keulenschlags getroffen.
    Als er jetzt auf einer der
steinernen Fensterbänke im Wachturm neben dem Tor saß und auf die mondbeschienene
See hinausschaute, löste das Wissen um seine Gefühle für Annie jedoch nichts als
tiefe Verzweiflung in ihm aus. Seine wahren Gefühle erkannt zu haben machte
alles nur noch schlimmer; er war noch immer zum Untergang verdammt, gemeinsam
mit seinem Land, doch bevor er Annie liebte, war er wenigstens innerlich so
erstarrt gewesen, daß er ohne das geringste Bedauern in den Tod gegangen wäre.
    Nun jedoch war alles anders, denn zu
sterben würde bedeuten, Annie einem ungewissen Schicksal zu überlassen, oder -
was noch viel schlimmer wäre - sie vor seinen Augen sterben zu sehen, wie es
bei Georgiana der Fall gewesen war. Bittere Galle stieg in Rafaels Kehle auf,
und zum ersten Mal in seinem Leben erfuhr er, was nackte Angst war.
    Barretts Stimme erschreckte ihn,
weil Rafael sich allein geglaubt hatte.
    »Es ist spät, Hoheit«, sagte sein Freund.
»Ihr braucht jetzt Euren Schlaf.«
    Rafael verschränkte die Arme und
lächelte bitter in die Dunkelheit, wo die See rollte und ihre sinnlosen
Versprechen wisperte. »Jetzt bist du also nicht nur der Oberbefehlshaber meiner
Armee, sondern auch noch mein Kindermädchen. Wie wandlungsfähig du doch bist,
mein alter Freund.«
    Barrett ignorierte den Stich, denn
trotz seiner gelegentlichen Ausbrüche war er im Grunde seines Herzens ein ausgeglichener,
vernünftiger Mann. Tatsächlich hatten seine sachlichen Ratschläge Rafael im
Laufe der Jahre vor zahlreichen impulsiven Irrtümern bewahrt. »Deine Annie
Trevarren ist eine bewundernswerte Frau«, meinte Barrett jetzt anerkennend.
»Wußtest du, daß sie den ganzen Nachmittag im Dorf war, meine Soldaten
herumkommandierte und großzügige Rationen an Essen und Ratschlägen verteilte?«
    »Ja«, erwiderte Rafael, »das weiß
ich. Es ist gefährlich, was Annie macht, aber um sie von dem, was sie als ihre
moralische Pflicht betrachtet, abzuhalten, müßte ich sie schon in eins der Verliese
sperren. Du kannst mir glauben, Barrett, daß es mir erheblich lieber wäre, wenn
sie ein Feigling oder eine jener Zimperliesen wäre, die Angst haben, sich ihre
Hände zu beschmutzen. Denn dann brächte sie sich wenigstens nicht andauernd in
Gefahr.«
    »Keiner von uns ist sicher, Rafael.
Und vielleicht ist es sogar besser, wenn sie beschäftigt ist.«
    »Mag sein«, stimmte Rafael müde zu
und warf einen letzten Blick auf die See und auf das Land, bevor er vom
Fensterbrett hinunterglitt. »Was hast du über Morovia erfahren?«
    »Es soll dort jetzt etwas ruhiger
sein - die Brandstiftungen und Plünderungen scheinen aufgehört zu haben, im
Augenblick zumindest.«
    »Das ist immerhin ein kleiner
Trost«, erwiderte Rafael seufzend. »Morgen werden wir die Geschworenen auswählen
und Covington und seine Komplizen vor Gericht stellen.«
    »Es wird eine unangenehme Geschichte
werden«, warnte Barrett. »Wer wird als Richter dienen und ein Urteil fällen,
falls die Männer für schuldig befunden werden?«
    Rafael blieb in der Tür noch einmal
stehen. »Die Dörfler werden einen der ihren zum Richter bestimmen

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