Quadriga: Kriminalroman (German Edition)
ausgewandert war. Bloody motherfuckers these Americans! Diese Ignoranten
aßen keine Innereien und natürlich auch keine Leber. Eigentlich mochte er, obwohl
er in den USA lebte, die Amerikaner nicht. Vielleicht würde er zurück nach Europa
gehen. In die Schweiz. In den Tessin. Und dort einen ruhigen Lebensabend genießen.
Ein messerdünnes Lächeln zerschnitt sein Gesicht. Ihm wurde bewusst, dass er überarbeitet
war. Er seufzte, zahlte und ging. Zurück zu seinen Skulpturen. Zurück in Cecchettis
Werkstatt. Zurück zu Pizza und Cola.
Siebenunddreißig
Auf dem Rückweg war er an einem
Coop-Laden vorbeigegangen und hatte sich ein Raumspray gekauft. Diese Investition
war notwendig geworden, da der im Kasten verschnürte Cecchetti allmählich bedenklich
zu stinken begann. Fuckin’ ol’ man! Konnte Cecchetti mit der Gas- und Geruchsentwicklung
nicht so lange warten, bis er fort war? Lange dauerte es sowieso nicht mehr. Er
ging in den Gipsraum der Werkstatt und betrachtete liebevoll die fertige Skulptur
von Marco. Mit feinem Glaspapier hatte er alle Unebenheiten und rauen Stellen abgeschliffen.
Nun musste er den Untergrund für das Vergolden auftragen. Davor hieß es aber Saubermachen.
Vergolden und eine staubige Werkstatt passten nicht zusammen. Da würden die Goldblättchen
nicht ordentlich halten. Also warf er den Staubsauger an und saugte circa eine halbe
Stunde lang, dann nahm er einen Kübel mit Wasser und ein feuchtes Tuch und wischte
alle senkrechten Flächen ab. Als er fertig war, rülpste er laut und zufrieden. Ein
zarter Geschmack von Risotto und Hühnerleber war mit dem Rülpser aus seinem Magen
emporgestiegen. Er seufzte leise, denn nun roch er Cecchetti. Mit der gezückten
Raumspraydose in der Hand ging er zum hinteren Abstellraum. Als er die Tür öffnete,
wich er entsetzt zurück. Die Leiche des alten Manns stank abscheulich. Fuckin’ ol’
bastard! Wild um sich sprayend schloss er die Tür. Die Luft anhaltend und hektisch
um sich sprühend trat er den Rückzug in den Vorraum und ins Stiegenhaus an. Erst
dort atmete er wieder tief durch. Danach ging er ins Bad und wusch sich Hände und
Kopf. Solchermaßen gesäubert ging er zurück in die Werkstätte, zog sich einen weißen
Arbeitsmantel an und trug Marcos Skulptur vom Gipsraum ins Atelier. Auch hier bemerkte
er Staub. Also setzte er die Staubsaug- und Abwischprozedur auch hier fort. Als
er sich schließlich erschöpft auf einen wackeligen Sessel niederließ, läutete sein
Handy. Angewidert nahm er es und meldete sich mit einem unartikulierten Grunzer.
Dann hörte er eine Zeit lang zu und nickte ein paar Mal zustimmend. Schließlich
brummte er »In seven days« und legte grußlos auf.
7 Days
Achtunddreißig
Donald B. Crumb saß in einer der
holzgetäfelten Logen des Caffè Florian und ärgerte sich. Die Contessa ließ ihn warten.
War das die europäische Art, mit Geschäftsfreunden umzugehen? Verdrossen rührte
er in der kleinen Schale seines Caffè Macchiato um und dachte mit Wehmut an die
großen irdenen Schalen, die Mugs, mit dampfend heißem Kaffee, die er daheim in Florida
im Turtles Beach Café um diese Tageszeit zu trinken pflegte. Er sah in den strömenden
Regen hinaus und gestand sich ein, dass er Heimweh nach dem sonnigen Florida hatte.
Nach riesigen Home Made Hamburgers, Hot Dogs mit Chili oder Sauerkraut, nach Gator
Steaks, Stone Crabs, Surf’n’Turf und ganz besonders nach dicken, fetten Shrimps.
Und während er so dasaß und auf den verregneten Markusplatz hinaus sah, über den
Menschen mit Regenmänteln und Schirmen huschten, fiel ihm plötzlich ein, dass Bobby
jetzt schon verdammt lang auf dem WC war. Vor gut zehn Minuten war er weggegangen.
Siedend heiß überkam es Donald B. Crumb. Jesus Christ! Sein Junge! His big boy!
Er sprang auf, zögerte aber dann. Was war, wenn ausgerechnet jetzt die Contessa
aufkreuzte, ihn suchte und wieder ging? Fuck that bitch! Er musste schleunigst seinen
Jungen finden. Mit seiner ganzen Leibesfülle schob er sich hektisch durch das Kaffeehaus.
Jeden Ober fragte er, ob er einen kleinen Jungen gesehen hatte. Einer nickte und
wies ihm den Weg in Richtung WC. Dieses war über eine abenteuerlich steile und enge
Treppe im Oberstock zu erreichen. Schnaufend stampfte er empor und musste dabei
mitten auf der Treppe massiv den Bauch einziehen, damit ein heruntersteigender asiatischer
Tourist an ihm vorbeikam. Oben war eine der beiden Herrentoiletten verriegelt. Ohne
jegliche Hemmungen rüttelte er
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