Qual
Stift der Schnalle in die Haut um meinen Metallnabel. Der Stahl war von einer dünnen Schicht aus biotechnischem Verbindungsgewebe umgeben, das die permanente Wunde vor Infektionen schützen sollte. Das Geräusch des zerreißenden Kollagens tat mir in den Zähnen weh, aber es gab dort keine Nervenenden, die die Verletzung registrieren konnten. Etwas tiefer stieß ich auf den Metallflansch, der den Port an Ort und Stelle hielt. Ich löste das Gewebe von der Röhre und schaffte es, den Stift am Rand des Flansches vorbeizudrücken.
Zu Anfang schien diese kleine Selbstoperation keine besonderen Probleme zu bereiten. Schließlich ging es nur darum, das bereits vorhandene Loch in meinem Bauch um sieben oder acht Millimeter zu erweitern. Doch dann protestierte mein Körper. Trotzdem ließ ich in meinen Bemühungen nicht nach und grub mit dem Stift unter dem Flansch, um ihn freizubekommen. Dabei wurden widersprüchliche chemische Signale freigesetzt, die zwischen rasiermesserscharfem Tadel zu schmerzstillender Tröstung wechselten. Kuwale half mir, die Öffnung zu vergrößern. Als seine warmen Finger die Narben streiften, die ich mir selbst vor Gina zugefügt hatte, stellte ich fest, daß ich eine Erektion hatte. Es war aus so vielen Gründen die völlig falsche Reaktion, daß ich beinahe laut aufgelacht hätte. Schweiß lief mir in die Augen, Blut tröpfelte meinen Unterleib hinab – und mein Körper signalisierte weiterhin blindes Verlangen. Um die Wahrheit zu sagen – wenn hie bereit gewesen wäre, hätte ich mich sofort niedergelegt und auf jede mögliche Weise mit hie verkehrt. Nur um mehr heiner Haut auf meiner zu spüren. Nur um mir zu beweisen, daß wir irgendeine Art von Verbundenheit geknüpft hatten.
Die verborgene Stahlröhre kam zum Vorschein. Daran hing ein Stück blutverschmierten Glasfaserkabels. Ich wandte mich ab und spuckte einen Mundvoll Säure aus. Gnädigerweise kam nicht mehr.
Ich wartete, bis meine Finger nicht mehr zitterten, dann wischte ich alles am Hemd sauber und schraubte das Endstück ab, um den nackten Port freizulegen. Es war eher wie eine Zirkumzision als eine Phalloplastie – und ein erheblicher Aufwand für eine Penetration von einem Millimeter Tiefe. Ich hielt die metallische Vorhaut zurück, suchte nach dem Anschluß in der Wand und versuchte es erneut.
Große strahlende Buchstaben in Blau auf weißem Grund erschienen vor mir. Sie blendeten mich zwar nicht, waren aber dennoch ein Schock.
Mitsubishi Shanghai Marine
Modellnummer LMHDV-12-5600
Notfalloptionen:
F – Leuchtsignal abfeuern
B – Notsender aktivieren
Ich drückte alle möglichen Abbruchcodes, in der Hoffnung, in ein allgemeineres Menü zu gelangen, doch das war die vollständige Liste der Befehle. All die glorreichen Phantasien, von denen ich nicht zu träumen gewagt hatte, waren hinfällig – von der Manipulation des Schiffscomputers und dem sofortigen Zugang zum Net, wo ich das aufgezeichnete Geständnis der AKs an zwanzig sichere Orte überspielen und archivieren lassen konnte, während ich simultan Kopien an jeden Teilnehmer der Einsteinkonferenz schickte. Das hier war nicht mehr als ein rudimentäres Notsystem, das vermutlich nur deshalb eingebaut worden war, um den gesetzlichen Mindestanforderungen zu genügen, bis es ignoriert wurde, als das Schiff von einem neuen Eigentümer mit geeigneten Kommunikations- und Navigationsgeräten ausgerüstet worden war.
Nur ignoriert – oder außer Betrieb gesetzt?
Ich tippte auf die B-Taste des virtuellen Keyboards.
Der simple Text einer Notfallmeldung wanderte durch mein Gesichtsfeld. Angegeben waren die Modell- und Seriennummer des Schiffes sowie die Länge und Breite. Wenn ich mich richtig an die geographische Lage von Stateless erinnerte, waren wir der Insel näher, als ich gedacht hatte. Außerdem hieß es, daß die ›Überlebenden‹ sich im ›Hauptfrachtraum‹ aufhielten. Ich hatte plötzlich den Verdacht, daß wir – wenn wir uns die Mühe gemacht hätten, den gesamten Frachtraum abzusuchen – möglicherweise eine zweite Vorrichtung gefunden hätten, in der sich zwei faustgroße Knöpfe mit der Aufschrift LEUCHTRAKETE und NOTSENDER verbargen. Aber ich wollte nicht darüber nachdenken.
Irgendwo an Deck begann eine Sirene zu heulen.
Kuwale war bestürzt. »Was haben Sie gemacht? Den Feueralarm ausgelöst?«
»Ich habe einen Notruf abgesetzt. Ich dachte, eine Leuchtrakete könnte uns vielleicht in Schwierigkeiten bringen.« Ich schloß die Klappe
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