Qual
völlig unabhängig von Menschen, die sie verstehen?«
»Nein.« Conroy lächelte milde, als würde sie diese Idee für kurios und naiv halten. »Von der Relativitätstheorie bis zur Quantenmechanik protestiert die Physik auf das heftigste gegen jeden absoluten Hintergrund – gegen absolute Zeit, absolute Geschichte… und absolute Gesetze. Ich glaube vielmehr, daß die ganze Idee der Partizipation in der Mathematik der Informationstheorie rigoros neu formuliert werden muß. Die verschiedenen Möglichkeiten müssen mit großer Sorgfalt analysiert werden.«
Dagegen ließ sich nur schwer etwas einwenden. »Aber zu welchem Zweck? Wenn Sie gar nicht um die Entdeckung einer erfolgreichen UT konkurrieren…?«
»Es geht darum zu verstehen, auf welche Weise die Suche nach einer UT eine wirksame UT konstituieren kann. Wie die Kenntnis von Gleichungen die Realität, die sie beschreiben, bestimmen und fixieren kann – so fest, daß wir niemals hinter sie blicken können, um den Prozeß zu erkennen, durch den sie fixiert wird.«
Ich lachte. »Wenn Sie zugeben, daß wir jemals dazu in der Lage sein könnten, sind Sie gerade in den Bereich der Metaphysik eingetreten.«
»Gewiß«, erwiderte Conroy mit verblüffender Selbstverständlichkeit. »Aber wir glauben, daß wir es trotzdem im Geist der Wissenschaft bewerkstelligen können – durch die Anwendung von Logik und geeigneter mathematischer Werkzeuge. Darum geht es in der Anthrokosmologie – um eine Wiederbelebung des alten Ansatzes der Informationstheorie, der außerhalb der Physik steht. Er mag nicht dazu nötig sein, eine UT zu entdecken, aber ich glaube, er könnte die Tatsache verständlich machen, warum es überhaupt eine UT gibt.«
Ich beugte mich vor – während ich widerstrebend lächeln mußte. Denn trotz meiner Skepsis war ich fasziniert. Verglichen mit anderen pseudowissenschaftlichen Kulten war das hier zumindest erstklassiger Unsinn.
»Aber wie genau? Welche dieser Möglichkeiten, die Sie >mit großer Sorgfalt< analysiert haben, kann einer Theorie zu einem Einfluß verhelfen, den sie nicht schon von Natur aus hatte?«
»Stellen Sie sich folgende Kosmologie vor«, sagte Conroy. »Vergessen Sie, daß das Universum mit einem Urknall begann, der die Voraussetzungen für die Entwicklung von Sternen, Planeten und intelligentem Leben schuf… und für eine Kultur, die in der Lage ist, all das zu verstehen. Setzen Sie statt dessen den ›Ausgangspunkt‹ mit der Tatsache gleich, daß es ein menschliches Wesen gibt, das ein komplettes Universum mit einer einzigen Theorie erklären kann. Dann drehen Sie alles um und setzen Sie als einzige gegebene Tatsache, daß diese eine Person existiert.«
»Wie kann so etwas die einzige Tatsache sein?« erwiderte ich gereizt. »Es kann keinen Menschen und sonst nichts geben. Und wenn es vorgegeben sein soll, daß dieser Mensch das Universum erklären kann, dann muß auch ein Universum vorgegeben sein, das er erklären kann.«
»Genau.«
Conroy lächelte, völlig ruhig und vernünftig, doch mir sträubten sich die Nackenhaare, als mir plötzlich klar wurde, was sie als nächstes sagen würde.
»Das Universum ›wächst‹ aus diesem Menschen, der die Macht hat, es zu erklären. Es breitet sich in alle Richtungen aus, vorwärts und rückwärts in der Zeit. Statt aus dem Prä-Raum zu explodieren, statt auf unerklärliche Weise am Anfang der Zeit ›bewirkt‹ zu werden, kristallisiert es still und leise um einen einzigen Menschen herum.
Das ist der Grund, weshalb das Universum einem einzigen Gesetz gehorcht – einer ›Theorie für Alles‹. Weil alles durch eine einzige Person erklärt wird. Wir bezeichnen diese Person als Schlüsselfigur. Alles und jeder existiert, weil die Schlüsselfigur existiert. Das Urknall-Modell der Kosmologie kann zu allem Möglichen führen – zu einem Universum aus kaltem Staub, einem Universum voller Schwarzer Löcher, einem Universum der toten Planeten. Aber die Schlüsselfigur braucht all das, was das Universum wirklich enthält – Sterne, Planeten, Leben – um ihre eigene Existenz erklären zu können. Und die Schlüsselfigur braucht es nicht nur, sondern kann das alles auch begründen, allem einen Sinn geben, ohne Lücken, ohne Fehler, ohne Widersprüche.
Deshalb ist es möglich, daß sich Milliarden von Menschen irren. Deshalb leben wir nicht in einer Steinzeit-Kosmologie und nicht einmal in einer Welt der Newton-Physik. Die meisten Erklärungen sind einfach nicht mächtig, umfassend
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