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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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sich
über die Augen. »Jetzt wird sie vermutlich zu ihrem Freund laufen, und wenn sie
zurückkommt, wird sie nicht mit mir reden. Kinder.«
    »Ich verstehe«, sagt Isidore und steht auf. »Sie haben mir sehr
geholfen.«
    Sie sieht enttäuscht aus. »Ich dachte … Sie würden mehr Fragen
stellen. Meine Tochter sagt, das tun Sie immer, sie stellen immer Fragen, an
die die Zaddiks niemals denken würden.« Aus ihrem Gesicht spricht eine
unerklärliche Gier.
    »Die Fragen sind nicht immer das Wichtigste«, sagt Isidore. »Noch
einmal mein Beileid.« Er reißt eine Seite aus seinem Notizbuch, kritzelt seine
Unterschrift darauf und fügt eine kleine Mit-Erinnerung an. »Bitte geben Sie
das Élodie, es ist als Entschuldigung gedacht. Auch wenn ich nicht sicher sein
kann, dass sie immer noch ein Fan von mir ist.«
    Als er wieder draußen ist, pfeift er vergnügt: Jetzt liegt der Fall
klar. Er fährt im Geist mit dem Finger darüber, und es gibt einen klaren Ton,
wie ein gut gefülltes Glas Wein.
    In einem kleinen Restaurant am Rand des Parks isst Isidore
Risotto mit Tintenfisch. Als er sich die Lippen abtupft, hinterlässt die Tinte
interessante Muster auf der Serviette. Er bleibt eine halbe Stunde sitzen,
sieht den Leuten im Park zu, kritzelt in sein Notizbuch, macht Beobachtungen,
kritzelt wieder in sein Notizbuch. Dann steht er auf und kehrt in die
Schokoladenfabrik zurück, um seine Falle aufzubauen.
    Die Bio-Drohnen lassen ihn ein. Irgendwann sind die Wiedererwecker
gekommen und haben die Leiche mitgenommen. Auf dem Boden sind nur ihre Umrisse
und der Schokoladenfleck zurückgeblieben, und auch sie sind jetzt nur durch
einen Privatsphärenebel zu sehen, der wie eine abgestreifte Schlangenhaut aus
Licht darüber liegt. Isidore setzt sich in eine Ecke auf einen wackeligen
Metallstuhl und wartet. Der Lärm der Maschinen ist seltsam beruhigend.
    »Ich weiß genau, dass du hier bist«, sagt er nach einer Weile.
    Élodie tritt hinter einer der Maschinen hervor, ohne sich hinter
einem Gevulot-Schleier zu verbergen. Sie sieht älter aus, zeigt mehr von ihrem
wahren Ich: Ihre Augen sind hart.
    »Wie sind Sie dahintergekommen?«
    »Fußspuren«, sagt Isidore und zeigt auf die Schokoladenflecken auf
dem Fußboden. »Du warst nicht so vorsichtig wie beim letzten Mal. Außerdem
kommst du zu spät.«
    »Die Mit-Erinnerung auf ihrem Blatt war Schrott«, mault sie. »Ich
habe lange gebraucht, um zu kapieren, dass Sie sich hier mit mir treffen
wollen.«
    »Ich dachte, du würdest dich für Detektivarbeit interessieren. Aber
der erste Eindruck kann ja auch täuschen.«
    »Wenn es noch einmal um meinen Vater geht«, sagt Élodie, »dann
verschwinde ich gleich wieder. Ich bin mit meinem Freund verabredet.«
    »Schon gut. Aber es geht nicht um deinen Vater es geht um dich.« Er
packt seine Worte so fest in Gevulot, dass nur sie beide sie hören oder sich
später daran erinnern können. »Ich würde nämlich gerne wissen, ob es dir
wirklich so leichtgefallen ist.«
    »Was?«
    »Nicht an die Folgen zu denken. Als du einem Fremden die privaten
Schlüssel zum Gevulot deines Vaters gegeben hast.«
    Sie sagt kein Wort, aber jetzt hat sie alle Muskeln angespannt und
starrt ihn unverwandt an.
    »Was haben sie dir versprochen? Einen Flug zu den Sternen? Ein
Paradies ganz für dich allein, wo du leben kannst wie eine Prinzessin aus der
Monarchie, nur noch besser? Du weißt doch, dass es so nicht läuft.«
    Élodie geht einen Schritt auf ihn zu und spreizt langsam die Hände.
Isidore schaukelt auf seinem Stuhl hin und her.
    »Die Schlüssel haben also nicht gepasst. Und Sebastian – dein
Wasilew-Freund, einer von ihnen – war sauer. Er ist
übrigens gar nicht richtig in dich verliebt: sie haben ihm nur die Gefühle
eines anderen eingepflanzt – ein Mash-up.
    Aber er wirkte überzeugend. Er wurde wütend. Vielleicht hat er
gedroht, dich zu verlassen. Du wolltest ihm eine Freude machen, denn du
wusstest, dass dein Vater einen Ort mit Gevulot hatte, wo man ungestört gewisse
Dinge tun konnte. Vielleicht ist er sogar mit dir dorthin gegangen.
    Ich muss schon sagen, du hast es sehr geschickt angestellt. Der
Geschmack der Schokolade war nur ein klein wenig anders. Es ist in dem Kleid,
nicht wahr? Sein Bewusstsein. Du hast es mit dem Fabber dorthin versetzt. Sie
hatten das Original gerade fertiggestellt: Du hast es eingeschmolzen und eine
Kopie angefertigt. Die Drohnen haben sie in den Laden gebracht.
    Alle Daten konnten, in Schokoladenkristallen

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