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Quarantaene

Quarantaene

Titel: Quarantaene Kostenlos Bücher Online Lesen
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abgelenkt. Für gewöhnlich herrschte ein stetiger Verkehrsfluss sowohl nach Blind Lake herein als auch hinaus. In letzter Zeit gab es keinen mehr, durch die Abriegelung war der Fensterausblick statisch geworden, das Land jenseits der Umzäunung leer wie braunes Papier, keine Bewegung außer den gleitenden Wolkenschatten und gelegentlich vorbeischießenden Vogelschwärmen. Wenn man lange genug draufstarrte, begann es genauso unmenschlich auszusehen wie die Landschaft auf UMa47/E. Nur ein weiteres importiertes Bild. Es war alles nur Oberfläche, nicht wahr? Völlig zweidimensional.
    Die Abriegelung hatte eine Reihe von ärgerlichen Problemen geschaffen. Nicht das Geringste von ihnen bestand darin, dass er derzeit die höchstrangige zivile Autorität auf dem Campus darzustellen schien. Dabei war sein Status in der Verwaltungshierarchie eigentlich eher untergeordnet. Aber am letzten Wochenende hatte die alljährliche NSI-Konferenz für Astrobiologie und Exokulturelle Wissenschaften in Cancun stattgefunden. Eine riesige Delegation von Wissenschaftlern und leitenden Verwaltungsbeamten hatte das Badezeug eingepackt und Blind Lake einen Tag vor der Abriegelung verlassen. Wenn man all diese Namen aus dem Flussdiagramm herauszog und guckte, was übrig blieb, dann war es Ray Scutter, der wie ein herrenloser Ballon über den diversen Abteilungsleitern schwebte.
    Das hatte zur Folge, dass die Leute mit Problemen zu ihm kamen, die zu lösen er gar nicht befugt war. Dinge von ihm forderten, die er ihnen nicht geben konnte, zum Beispiel eine stichhaltige Erklärung für die Abriegelung oder aber eine besondere Vollmacht, die sie davon befreite. Er musste ihnen sagen, dass er genau wie sie im Dunkeln tappte. Er konnte nichts anderes tun, als streng nach Vorschrift weiterzumachen und ansonsten auf Anweisungen von außen zu warten. Darauf zu warten, mit anderen Worten, dass das ganze beschissene Chaos ein Ende nahm. Allerdings dauerte es nun schon beunruhigend lange an.
    Er wandte seinen Blick vom Fenster ab, als Ari Weingart an die Tür klopfte und eintrat.
    Ray missfiel Weingarts fröhlicher Optimismus. Er hegte den Verdacht, dass sich dahinter eine heimliche Geringschätzung verbarg, argwöhnte, dass Weingart unter seinem jovialen äußeren Gebaren genauso begeistert um Einfluss schacherte wie alle anderen Abteilungsleiter auch. Wenigstens aber hatte Weingart Verständnis für Rays Situation und schien mehr daran interessiert, die Krise zu bewältigen, als sich darüber zu beklagen.
    Wenn er doch nur dieses Lächeln abstellen würde. Das Lächeln strahlte Ray ins Gesicht wie ein gleißender Scheinwerfer, die Zähne so weiß und regelmäßig, dass sie wie leuchtende Ma-Jongg-Kacheln aussahen. »Setzen Sie sich«, sagte Ray.
    Weingart nahm sich einen Stuhl und öffnete seinen Pocketcomputer. Gleich zur Sache kommen. Das gefiel Ray.
    »Sie hatten um eine Liste von Situationen gebeten, auf die wir uns einstellen müssen, falls die Quarantäne noch lange dauert. Ich habe mir ein paar Notizen gemacht.«
    »Quarantäne?«, sagte Ray. »So nennen es die Leute?«
    »Im Unterschied zur üblichen Sechsstunden-Abriegelung, ja.«
    »Warum sollten wir unter Quarantäne gestellt werden? Es ist doch niemand krank.«
    »Sprechen Sie mit Dimi.« Dimitrij Schulgin war der Chef der Zivilsicherheitskräfte, der Mann mit dem Vier-Uhr-Termin. »Die Abriegelung folgt irgendwelchen obskuren Bestimmungen im Militärhandbuch. Er sagt, es handelt sich um eine sogenannte ›Datenquarantäne‹, aber niemand hat damit gerechnet, dass sie jemals wirksam werden würde.«
    »Zu mir hat er nichts dergleichen gesagt. Ich schwöre bei Gott, dieser Slawe ist schweigsam wie ein Fisch. Was genau soll denn so eine ›Datenquarantäne‹ bewirken?«
    »Die Bestimmungen wurden zu einer Zeit verfasst, als Crossbank gerade erst anfing, Bilder reinzuholen. Das ist eins von diesen paranoiden Szenarien, wie sie bei den Anhörungen im Kongress ausgemalt wurden. Die Idee dahinter war, dass Crossbank oder Blind Lake irgendetwas Gefährliches downloaden könnten, nichts Physisches, versteht sich, aber ein Virus oder einen Wurm oder etwas in der Art … Wissen Sie, was Steganografie ist?«
    »Wenn Informationen in Fotografien oder Bildern versteckt werden.« Er erinnerte Weingart nicht daran, dass er, Ray, bei diesen Anhörungen ausgesagt hatte. Der Informationskrieg war ein heißes Thema gewesen zu der Zeit. Die Ludditenlobby hatte befürchtet, dass Blind Lake ein unbekanntes,

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