Quasikristalle: Roman (German Edition)
alles dauernd ändern …
Die Buchstaben, mit denen die Codes anfangen, warf Xane ein, ich könnte dir eine Liste machen, welche …
Vergiss es, winkte er ab, ich will nur wissen, ob alles in Ordnung ist und dass mich niemand bestiehlt. Ich will es gar nicht verstehen.
Schließlich und Wichtigstes: sein Arthrosebefund, und warum er Doktor Bartok seit geraumer Zeit misstraute. Bartok rede immer vom Knie, aber sein Knie sei einwandfrei.
Ich muss es doch wissen!
Dass er Schmerzen in der Hüfte habe, täglich, ununterbrochen, besonders nachts, nehme Bartok einfach nicht zur Kenntnis. Als ob er diese Schmerzen erfände. Er glaube, er sollte sich einen jüngeren Arzt suchen, er frage sich, ob Bartok auf dem neuesten Stand sei, mit fast sechzig.
Er ist eine Koryphäe, sagte Xane zweifelnd.
Er war eine Koryphäe, widersprach er, ich habe kein gutes Gefühl mehr.
Dann solltest du deinem Gefühl vertrauen, entschied Xane.
Sag das bitte einmal deinem Bruder, schimpfte er, ich bitte dich inständig, mit ihm ist in dieser Hinsicht nicht zu reden.
Na gut, sagte Xane, er als Arzt wird besser wissen als ich …
Papperlapapp, rief Kurt und senkte das Kinn, als sich Menschen an den Nebentischen zu ihm umdrehten, er ist Kardiologe und er…
Papa, ich weiß, dass Albert Kardiologe ist, sagte Xane.
Aber da war er eingeschnappt.
Papa, bitte, sagte Xane, wir werden jetzt nicht über deine Ärzte reden.
Warum nicht, fragte er, in meinem Alter ist das nicht unwichtig.
Warum machst du denn nicht einfach, was du willst, fragte Xane, du musst Albert nicht um Erlaubnis fragen, zu welchem Arzt du…
Aber er bringt mich hin, rief Kurt. Er bringt mich mit dem Auto oder er schickt einen Fahrer, er macht die Termine aus, seit ich einmal, ein einziges Mal, einen Termin vergessen habe, ich meine, das passiert auch Jüngeren, oder etwa nicht, ich habe überhaupt keine Möglichkeit mehr, irgendetwas für mich selbst zu entscheiden, keinen interessiert, was ich sage, auch den Daniel nicht, erst kommt er und fragt mich um Rat bei seinen Geschäften, dann erkundige ich mich extra und sag ihm, was er auf keinen Fall machen soll, nämlich auf den Yen spekulieren, da habe ich Verbindungen, immer noch gute Verbindungen – erinnerst du dich an den Rumpel-Karli?
Ja, sagte Xane.
Der Enkel vom Rumpel-Karli ist ein Riesenfinanzgenie, der hat schon als kleines Kind …, na, jedenfalls, das glaubst du nicht, unwahrscheinlich, ein Guru, und nur, weil sie dankbar sind, weil ich dem Rumpel-Karli damals in Budapest, wahrscheinlich wirst du dich daran nicht erinnern, das war nämlich eine interessante Geschichte…
Xane sagte: Papa, erzähl lieber vom Daniel weiter. Du hast ihm also geraten, nicht auf den Yen zu spekulieren, aber er …
Natürlich, rief Kurt, weil mir der Enkel vom Rumpel…, egal, dreimal darfst du raten! Ich weiß nicht, warum er mich dann überhaupt fragt! Und nur, weil er bis jetzt mit dem Yen Geld verdient hat, glaubt er, er ist so gescheit, aber ich höre, das böse Ende kommt, und es wird schrecklich, und vor allem wird es wieder sehr plötzlich kommen, aber wenn ich etwas sage, verdreht er nur die Augen und sagt, Opa, deine Erfahrungen im vorigen Jahrhundert in Ehren…
Irgendwo begann Musik zu spielen. Als Xane ihre Handtasche öffnete, schien es, als ob die Tasche sänge, aus einem zerknautschten, ledrigen Maul: Ich wünsch dir den Himmel voller Geigen, ein Körberl voller Feigen…
Entschuldige, rief Xane, entschuldige mich bitte einen Moment, und bestell mir eine Melange, bitte, sei so gut, ich bin gleich wieder da. Dann rannte sie mit ihrem Telefon hinaus.
Er bestellte den Kaffee und für sich ein Achtel Rot. Er probierte das Mohnstriezerl mit Bärlauchaufstrich. Er bemerkte, dass er Xane in den Spiegeln beobachten konnte, die im Lokal über der Holzvertäfelung angebracht waren. Sie lehnte draußen an der Hauswand, das Kinn zur Brust gesenkt, eine Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht. So, auf die Entfernung, könnte sie dreißig sein. Könnte sie? Wenn sie nur die Haare tönen würde! In ihrem Alter musste man nicht mit grauen Strähnen herumlaufen, da musste er Helga recht geben.
So eindringlich, wie sie sprach, konnte das nicht Amos sein. Vielleicht Mor, aus Berlin, oder ein geschäftliches Telefonat. Ihre Beine waren schlank wie eh und je, gut, an den Unterschenkeln nimmt kaum jemand zu. Schlanke Beine hat man oder hat man nicht, Kurt hatte Stampfer an Frauen immer verabscheut. Xane war, bis auf ein paar Jahre nach
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