Quellcode
war, dass sie ihn nicht mehr sah. »Wir werden bald wissen, ob es Portland ist. Oder Seattle.«
Hollis lehnte sich weiter zurück und beobachtete die Lichter eines kleinen Flugzeugs, die über den hellen, leeren Himmel wanderten. »Sie glauben nicht, dass sie von der Küste wegfahren?«
»Nein«, antwortete Bigend. »Ich denke, es geht um einen Hafen, einen mit Containerterminal.«
Hollis stützte sich, so gut es ging, auf ihren rechten Ellbogen, weil sie Bigends Gesicht sehen wollte. »Dann kommt er also?«
»Vielleicht steckt das hinter Bobbys plötzlichem Aufbruch und nicht, dass Sie ihn verjagt haben.«
»Aber Sie glauben, dass er kommt?«
»Es wäre eine Möglichkeit.«
»Wissen Sie, wo er jetzt ist?«
»Der Hook«, meinte Bigend. »Erinnern Sie sich? Dieser große russische Helikopter? Der Container hunderte Kilometer weit von einem Frachtschiff zu einem anderen transportieren kann?«
»Ja.«
»Es gibt ein paar interessante Möglichkeiten, kommerzielle Frachtwege nachzuvollziehen, beziehungsweise die Route eines bestimmten Frachters. Aber ich bezweifle, dass eine davon uns helfen könnte, unseren mysteriösen Kasten aufzuspüren, weil ich glaube, dass er ständig die Frachter wechselt. Auf See. Wir haben von diesem fantastischen Hook gehört, aber man muss gar keinen so großen Aufwand betreiben, um einen einzelnen Zwölf-Meter-Container von einem Frachter zum anderen zu bringen. Vorausgesetzt man muss ihn nicht zu weit herumfliegen. Unser Container ist übrigens so ein Zwölf-Meter-Container. Sind alle entweder zwölf oder sechs Meter lang. Standardisiert. Container voller Handelsware. Pakete voller Information. Kein konventionelles Stückgut.«
»Kein was?«
»Konventionelles Stückgut. Fracht ohne Container. Herkömmliche Verschiffung. Kisten, Bündel. Wie früher verschifft wurde. Ich denke, in den Kategorien von Information kommt das Interessanteste gewöhnlich als Stückgut daher. Konventionelle Informationsbeschaffung. Irgendjemand weiß irgendetwas. Im Gegensatz zu Data-Mining und dem ganzen Zeug.«
»Ich weiß nichts über Data-Mining und das ganze Zeug«, sagte Hollis.
»Wir haben uns ins Data-Mining eingekauft, bei Blue Ant.«
»Anteile an einem Unternehmen?«
»Nein. Man könnte vielleicht sagen, wir haben so etwas wie eine Anrecht darauf erworben. Oder wollen es tun. Keine einfache Geschichte.«
»Anrecht worauf?«
»Die Schweizer haben ein System, das unter dem Namen Onyx bekannt ist und auf Echelon basiert, einem ursprünglich von den Briten und Amerikanern entwickelten System. Onyx nutzt wie Echelon Software, um die Inhalte von Satellitenkommunikation nach bestimmten Suchbegriffen zu filtern. Es gibt Onyx-Abhörstationen in Zimmerwald und Heimenschwand im Kanton Bern und in Leuk im Wallis. Ich habe einmal eine Woche in Heimenschwand verbracht, als ich dreizehn war. Dada.«
»Wie bitte?«
»Dada. Meine Mutter forschte über einen unbekannten Dadaisten.«
»Die Schweizer? Die Schweizer haben diese Art von System?«
»Vor ein paar Wochen wurde in der Sonntagsausgabe des Blick ein geheimer Bericht der Schweizer Regierung veröffent-licht, der auf Onyx-Mitschnitten basierte. Darin wurde ein Fax beschrieben, das die Regierung von Ägypten an ihre Botschaft in London geschickt hat und das auf CIA-Geheimgefängnisse in Osteuropa hinwies. Die Schweizer Regierung hat sich geweigert, die Existenz dieses Berichts zu bestätigen. Aber sie haben sofort gerichtliche Schritte gegen den Verlag eingeleitet, wegen Öf-fentlichmachung eines geheimen Dokuments.«
»Und man kann ›ein Anrecht‹ für so etwas erwerben?«
»Banker brauchen zuverlässige Informationen«, meinte Bigend.
»Und?«
»Blue Ant braucht gute Banker. Zufällig sind das ebenfalls Schweizer. Aber neue Onyx-Suchbegriffe müssen von einer unabhängigen Kommission genehmigt werden, und wir wissen noch nicht, wie wir das umgehen können.«
Hollis Augen spielten ihr einen Streich. Riesige durchscheinende Dinger krümmten sich in den tiefen Weiten des leuchtenden Himmels. Tentakeln in der Größe von Nebelflecken. Sie blinzelte, und die Dinger waren verschwunden. »Und?«
»Nur zwei Mitglieder dieser Kommission hätten bis jetzt einen Grund, die Vorschläge unserer Banker anzunehmen. Aber wir werden sehen.« Bigend setzte sich auf. »Noch einen Drink?«
»Nicht für mich.«
»Aber«, meinte er, »Sie sehen jetzt die Komplikationen bei dieser Art von Informationsbeschaffung und natürlich die damit verbundenen
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