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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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der Luft, über dem Bach, jenseits von Baumwipfeln.
    Er fühlte, wie die Maschine umschwenkte. Der Prada-Mann, der neben ihm saß, berührte ihn am Handgelenk. Er deutete mit dem Finger, sagte etwas. Tito nahm die Kopfhörer aus den Ohren, konnte aber noch immer nichts hören außer dem Geräusch des Motors. Durch ein gewölbtes Plastikfenster sah er das Meer unten, niedrige Wellen, die auf einen felsigen Strand rollten. Auf einer großen Grasfläche, ausgelichtet inmitten von niedrigem, braunem Wald, waren weiße Gebäude rund um ein beiges Straßenquadrat gruppiert.
    Über den Ohren des Alten auf dem Sitz vor Tito, neben dem Piloten, klemmte ein großes, blaues Headset. Den Piloten hatte Tito bisher kaum wahrgenommen, weil er seine Augen sofort geschlossen hatte. Jetzt sah er die behandschuhte Hand des Mannes auf einem gebogenen Stahlknüppel, der Daumen drückte Knöpfe wie bei einem Arcade-Spiel.
    Das abgerundete, leicht unregelmäßige Straßenquadrat und die weißen Gebäude wurden immer größer. Das größte Gebäude, eindeutig ein Wohnhaus, mit niedrigeren Flügeln an beiden Seiten, stand außerhalb des Straßenrings und seine weiten Fenster starrten leer über das Meer. Hinter dem Haus und so weit davon entfernt wie nur möglich drängten sich die anderen Gebäude am Straßenring, kleinere Wohnhäuser offensichtlich und eine große Garage. Außerhalb des braunen Walds gab es keine Bäume oder Büsche. Die Gebäude wirkten wie blank geputzt. Milgrim konnte jetzt sehen, dass sie aus weiß gestrichenem Holz waren. In diesem nördlichen Klima blieben Holzhäuser sehr lange stehen, da es nichts gab, was an ihnen nagte. In Kuba widerstanden nur die härtesten Hölzer aus den Zapata-Sumpfwäldern den Insekten so lange.
    Er sah ein langes, schwarzes Auto, abgestellt auf einer Seite des beigen Rings, auf halber Strecke zwischen dem großen Haus und den kleineren.
    Sie flogen in einer Kurve über den Strand, sodass Sand unter ihnen aufwirbelte, und dicht über das graue Schrägdach des großen Hauses. Unwirklich blieb die Maschine auf einmal in der Luft stehen und senkte sich dann Richtung Gras.
    Der Alte nahm sein Headset ab. Der Prada-Mann langte herüber und öffnete Titos Sicherheitsgurt. Er gab Tito die Tasche mit seiner APC-Jacke. Titos Magen zog sich zusammen, als der Hubschrauber auf festen Grund stieß. Sein Röhren klang jetzt anders. Der Prada-Mann hatte eine Tür geöffnet und bedeutete Tito auszusteigen.
    Er kletterte hinaus und wurde vom Wind der Rotoren fast zu Boden geworfen. Der Wind schnitt ihm in die Augen und tief gebückt hielt er sein Baseballcap fest, damit es nicht weggeweht wurde. Der Prada-Mann lief unter dem Heck hindurch und half dem alten Mann aus einer Tür auf der anderen Seite. Ihren Gesten gehorchend, rannte Tito gebückt hinter den beiden her zu dem schwarzen Auto. Das Dröhnen veränderte sich erneut.
    Tito wandte sich um und sah den Hubschrauber in die Luft steigen, wie in einem plumpen Zaubertrick. Plötzlich drehte er über das große Haus hinweg aufs Meer ab, stieg höher und verschwand.
    In der plötzlichen Stille, als Tito auf einmal die steife Brise vom Meer spürte, hörte er die Stimme des Alten: »Tut mir leid wegen der Uniform. Wir dachten, es ist besser, wenn du auf dem Heliport ein wenig Eindruck machst.«
    Der Prada-Mann bückte sich und holte hinter dem linken Vorderrad des schwarzen Lincoln Town Cars ein paar Schlüssel hervor. »Schön hier, nicht?«, sagte er und blickte zu der Garage und den kleineren Häusern hinüber.
    »Schwach bebaut nach heutigen Maßstäben«, erwiderte der Alte.
    Tito nahm die Sonnenbrille ab und musterte sie. Weil er sie nicht behalten wollte, steckte er sie in eine Seitentasche der Rasenpfleger-Uniform. Das Baseballcap steckte er in die andere und zog dann die Jacke aus. Er öffnete die schwarze Nylontasche, nahm seine APC-Jacke heraus, schüttelte sie aus und schlüpfte hinein. Dann stopfte er die grüne Jacke in die Tasche und schloss den Reißverschluss.
    »Genauso sah es hier in den Siebzigerjahren aus, als man das hier noch für knapp dreihunderttausend haben konnte«, sagte der Prada-Mann. »Heute wollen sie vierzig Millionen dafür«.
    »Das glaube ich sofort«, sagte der Alte. »Nett, dass sie uns erlaubt haben, hier zu landen.«
    »Der Makler hat uns ein niedrigeres Angebot gemacht, vorausgesetzt dass alles komplikationslos über die Bühne geht. Die Verwalter sind instruiert worden, uns nicht zu stören.« Der Prada-Mann

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