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Titel: Quellcode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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sagte Pamela Mainwaring, »weiß er«.
    »Ich habe es gerade erst erfahren.«
    »Haben Sie mit Hubertus denn über Bobbys Background gesprochen?«
    Hollis dachte nach. »Nein.«
    »Na sehen Sie. Er schlägt vor, Sie fliegen. Nach Vancouver.«
    »Wann?«
    »Wenn Sie gleich losfahren, könnten Sie die Air Canada um eins erwischen.«
    »Wann fliegt heute die letzte Maschine?«
    »Um acht Uhr abends.«
    »Dann buchen Sie für zwei. Hollis und Richard. Ich melde mich nachher noch mal.«
    »Schon erledigt«, sagte Pamela und legte auf.
    »Ollis«, fragte Odile, »was ist das?«
    »Kannst du für ein paar Tage nach Vancouver mitkommen, Odile? Heute Abend. Komplett auf Kosten von Node . Deine Flüge, das Hotel, alle Ausgaben.«
    Odiles Augenbrauen wanderten nach oben. »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Weißt du, Ollis, Node zahlt, dass ich hier komme, zahlt für le Standard …«
    »Na also. Bist du einverstanden?«
    »Sicherlich«, sagte Odile. »Aber warum?«
    »Ich möchte, dass du mir hilfst, Bobby zu finden.«
    »Ich werde versuchen, aber …« Odiles französische Achselzuckanatomie kam wieder zum Einsatz.
    »Hervorragend«, sagte Hollis.

50. FLÜSTERGALERIE
    Milgrim erwachte in einem schmalen Bett, unter einem Überlaken aus Flanell bedruckt mit Angelfliegen, Ansichten von einer Flusslandschaft und dem wiederkehrenden Bild eines Anglers, der gerade seine Leine auswirft. Der Kopfkissenüberzug hatte dasselbe Muster. An der Wand gegenüber dem Fußende des Betts hing ein großes Poster mit dem Kopf des amerikanischen Wappenadlers. Als Hintergrund das sich bauschende Sternenbanner. Milgrim trug nur Unterwäsche, obwohl er sich nicht ans Ausziehen erinnern konnte.
    Er betrachtete das Poster, das hinter Glas in einem einfachen goldfarbenen Plastikrahmen hing. So etwas hatte er noch nie gesehen. Es wirkte bestürzend pornographisch, als wäre Vaseline auf der Linse gewesen, obwohl er annahm, dass man so etwas wahrscheinlich heutzutage gar nicht mehr tat, Linsen mit Vaseline bestreichen. Wahrscheinlich war das Ganze am Monitor hergestellt worden. Das Auge des Adlers war jedoch so hyperrealistisch strahlend und plastisch gestaltet, als sollte es die Stirn des Betrachters fixieren. Irgendwie fehlte ein Slogan, etwas das in eine bestimmte patriotische Richtung deutete. Einfach nur diese wellenförmigen Streifen, ein paar Sterne oben in der einen Ecke und der ordentlich gefiederte, kantige Kopf dieses ziemlich mörderisch aussehenden Raubvogels, das war für sich genommen zu ikonisch.
    Milgrim musste an die sonderbar phoenixähnliche Kreatur an der Eingangstür unten denken.
    Dann erinnerte er sich auf einmal an die Pizza, die Brown hatte kommen lassen und die er in der Küche im Erdgeschoss gegessen hatte. Pepperoni und dreierlei Käse. Und der Kühlschrank, in dem sich ein Sixpack sehr kalter Pepsi-Cola fand und sonst nichts. Er erinnerte sich, wie er über die glatten weißen Kreise oben auf dem Herd gestrichen hatte, die er so noch nie gesehen hatte. Brown hatte seine Pizza in ein Arbeitszimmer mitgenommen, zusammen mit einem Glas und einer Flasche Whiskey. Milgrim hatte Brown nie zuvor Alkohol trinken sehen. Dann hörte er ihn am Telefon durch die geschlossene Tür, konnte aber nichts verstehen. Und dann hatte er sich vermutlich noch ein Rize gegönnt.
    Ein kleines bisschen zuviel davon bewirkte, dass am nächsten Morgen die Luft geklärt schien, stellte er jetzt fest, als er am Bettrand saß. Er blickte auf und direkt in das Gewehrmün-dungsauge des Adlers. Schnell wandte er den Blick ab, stand auf und begann, ruhig und mit gründlich geübter Effizienz das Zimmer zu untersuchen.
    Es war offensichtlich für einen Jungen eingerichtet worden, im Stil des restlichen Hauses, aber mit etwas weniger Sorgfalt. Vielleicht nicht Ralph Lauren, sondern irgendein billigeres Zweitlabel. Er hatte noch keine einzige echte Antiquität gesehen, außer dem Ur-Adler draußen, der wahrscheinlich sogar von Anfang an zum Haus gehört hatte. Die Möbel waren pseudoantik und das ziemlich halbherzig. Sie sahen als, als wären sie eher in Indien oder China hergestellt als in North Carolina. Beim Anblick des leeren Einbauregals fiel Milgrim auf, dass er noch kein einziges Buch gesehen hatte.
    Behutsam und lautlos öffnete er jede Schublade der kleinen Kommode. Alle leer, bis auf die ganz unten, die einen Drahtkleiderbügel mit Papierhülle enthielt, auf der Name und Adresse einer Reinigung in Bethesda aufgedruckt waren, und zwei Stecknadeln. Er kniete sich

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