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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Krahn
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glaubte, etwas Menschlichkeit, Wärme und Aufrichtigkeit in ihm wahrzunehmen … Sie riss sich sein Jackett vom Schoß und warf es auf den Sitz neben ihm.
    „Und möchten Sie wirklich, dass ich dem Prinzen eine gute ‚Freundin‘ bin, Jack? Oder wäre es Ihnen lieber, ich sei stattdessen Ihre ‚Freundin‘?“
    Selbst im langsam verlöschenden Abendlicht sah sie, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte.
    „Ihr verehrter Gatte, der Sie angeblich so viel lehrte , hätte auch etwas Zeit darauf verwenden sollen, Ihnen ein Minimum an Diskretion beizubringen“, sagte er gereizt. „Sowie etwas Anstand und einige Lektionen über die Rolle und die Stellung einer Frau.“
    Sie beugte sich vor und griff nach Strümpfen und Stiefeln.
    „Oh, Entschuldigung. Dafür hatte er keine Zeit. Er war zu sehr damit beschäftigt, mir 37 verschiedene Arten beizubringen, wie man einen Mann um den Finger wickelt.“ Mit den Füßen auf dem Sitz drehte sie sich seitwärts und schlug ihren Rock samt Unterrock zurück.
    Sie hob ihr nacktes Bein an, schlüpfte mit den Zehen in den Strumpf und zog ihn langsam – quälend langsam – nach oben, wobei sie ihr Bein nach und nach ausstreckte. Nachdem sie den Seidenstrumpf den Unterschenkel hinauf und bis übers Knie gerollt hatte, befestigte sie das Strumpfband und zog es bis nach oben. Dann kam das andere Bein dran, und als sie den zweiten Strumpf kniehoch gezogen hatte, hörte sie sein leises, gequältes Ausatmen. Sie lächelte und sah ihn aus den Augenwinkeln an.
    „Und das“, säuselte sie, „war Nummer neun.“
    Die engen Straßen Cambridges waren voller Studenten in schwarzen Talaren, die aus Bibliotheken, Vorlesesälen und den Räumen ihrer Dozenten strömten und auf dem Weg in die Wirtshäuser der Stadt waren. Mehrmals musste die Kutsche anhalten, um Horden ausgelassener Studenten vorbeizulassen, die alle auf dem Weg zur nächsten Taverne zu sein schienen.
    Als sie endlich das University Arms im Stadtzentrum erreicht hatten, brannten schon die Straßenlampen. Das Hotel verfügte über die modernsten Annehmlichkeiten: Zimmer mit eigenem Bad, einen nur für die weiblichen Besucher reservierten Salon, eine Bibliothek und eine exzellente Küche, die auch spätabends noch warmes Essen servierte. Nachdem Mercy und Mariah sich in ihren Zimmern erfrischt hatten, trafen sie Jack unten zum Abendessen.
    Die Tische des geräumigen Saals waren mit feinstem Leinen, Kristallgläsern und edlem Porzellan gedeckt, das Mariah an ihr Elternhaus erinnerte. Während Jack ihr erklärte, dass er alte Bekannte benachrichtigt hatte, um Erkundigungen über Winston Martindale einzuziehen, und nun auf Antworten wartete, betastete sie das Silberbesteck und rollte ihr leeres Weinglas hin und her, um die Lichtreflexe in den Facetten des geschliffenen Glases beobachten zu können.
    Sie hatte schon lange nicht mehr an ihr Zuhause gedacht, und die Erinnerung löste ein seltsam leeres Gefühl in ihr aus. Familie . Auch sie hatte einmal davon geträumt, ein Zuhause und Kinder …
    „Hören Sie mir überhaupt zu?“, fragte Jack verärgert.
    „Es tut mir leid.“ Sie stellte das langstielige Glas wieder auf den Tisch und strich die Serviette auf ihrem Schoß glatt. „Entschuldigung, was sagten Sie gerade?“
    Er hatte gerade begonnen, seinen Plan für den nächsten Tag zu wiederholen, da erschien ein älterer Mann mit einem rötlichen Gesicht und einem imposanten Backenbart im Speisezimmer.
    „Da bist du ja, mein Junge!“
    Beim Klang dieser Stimme war Jack in Sekundenschnelle auf den Beinen und drehte sich mit ausgestreckter Hand und einem breiten Lächeln um.
    „Professor Jamison! Wie schön, Sie zu sehen! Sie mussten doch nicht extra hierher kommen, Sir. Ich hatte vor, Sie gleich morgen früh aufzusuchen.“
    „Papperlapapp. Glaubst du, ich würde nicht sofort vom Campus hergelaufen kommen, um meinen Lieblingsstudenten zu sehen, egal, wie spät es ist?“ Er umschloss Jacks Hand und klopfte ihm mit offensichtlicher Zuneigung auf die Schulter. Jack schien bei dieser herzlichen Begrüßung durch seinen Professor geradezu aufzublühen, bis der Blick des alten Mannes auf Mariah fiel. „Sieh an, sieh an, St. Lawrence.“ Jamisons Lächeln wurde noch breiter. „Ich wusste gar nicht, dass du geheiratet hast.“
    „Geheiratet? Aber nein !“, sagte Jack laut und lief rot an. Darf ich Ihnen Mrs. Mariah Eller vorstellen? Wir sind in Cambridge, um, nun …“
    „Um einen gewissen Herrn zu finden. Es handelt sich um

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