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Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Titel: Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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dass Josef sie betrog. Wie sie das erste Kind verlor, weil er sich betrunken auf sie gewälzt hatte. Wie der Frauenarzt meinte, dass es jetzt schwierig werden würde mit einem Kind. Wie sie dann doch noch einmal schwanger wurde. Wie er am Tag der Entbindung in einem Puff eine Schlägerei angezettelt hatte, statt bei ihr zu sein. Wie er sie mit Tripper angesteckt hatte. Wie er einfach immer schlimmer wurde.
    »Servus, Elli. Frierst du nicht?«
    Sie drehte sich ruckartig um. »Max, lieb, dass du gekommen bist.«
    Elli trug einen grünen Parka, der wie ein Zelt um ihren sehnigen Körper lag. Unter einer schwarzen Pudelmütze lugten ihre dunklen Haare, von weißen Strähnen durchwirkt, hervor. Ihre tiefblauen Augen, die in einem aparten Gegensatz zu ihrem dunklen Teint standen, hatten ihn damals schon fasziniert. Sie hatte eine Mischung aus tiefer Traurigkeit und trotzigem Optimismus ausgestrahlt. Jetzt lag in ihrem Gesicht nur noch Wut.
    »Was ist passiert?«, fragte er.
    »Ich wollte mit dir reden. Ich brauche deinen Rat.«
    »Okay, ich bin allerdings ein schlechter Ratgeber.«
    Sie lächelte. »Setz dich.« Sie zog einen Handschuh aus und strich ihm vorsichtig über die Wange.
    Er wich zurück und setzte sich langsam auf den Steg. Sie erhob sich kurz, rückte ein wenig beiseite und setzte sich wieder hin.
    Er konnte es nicht lassen, ihr auf den Po zu sehen. Denn der war seit ihrer gemeinsamen Jugend das Prunkstück im ganzen Tal. Ellis Po.
    Allerdings waren solche Gedanken der momentanen Situation nicht angemessen, und so schloss er die Augen und vertrieb die Erinnerung aus seinem Kopf.
    Sie hatte seinen Blick bemerkt und für einen kurzen Moment genossen.
    »Sei nicht so bockig. Du warst und bist der einzige Mensch, dem ich vertraue.« Sie machte eine Pause, atmete tief durch, ehe sie fortfuhr. »Warum bist du damals weggegangen?«
    Quercher zuckte mit den Schultern. »Ich wollte raus, die Welt sehen. Mir war es zu eng. Der immer gleiche Rhythmus. Ein Kurort mit Tausenden von Rentnern und Kranken im Sommer. Ich fühlte mich schon tot, als ich gerade erst anfing zu leben.«
    Sie nickte. »Ich verstehe das. Aber ich hätte dich gern hier behalten.«
    »Elli, das ist über zwanzig Jahre her …«
    »Keine Angst, Max. Das ist nicht der Grund, weswegen ich dich sehen wollte. Zwischen uns ist alles geklärt. Ich werde weggehen. Ich halte es nicht mehr aus.«
    Stille. Ein Entenpaar watschelte und rutschte vor ihnen über das Eis. Der Erpel lief laut schnatternd der braunen Dame hinterher.
    »Warum? Wegen Josef?« Quercher konnte sich das Elend mit dem Elektriker gut vorstellen. Aber er wollte es von ihr hören.
    Sie sah ihn nicht an. Er hätte sie gern in den Arm genommen. Aber die Geste kam ihm deplatziert vor.
    Weiße Wolken quollen aus ihrem Mund. »Weißt du, Max, ich habe alles versucht. Ich habe geschrien, gestritten, gedroht. Ich habe mir seine Unverschämtheiten angetan, weil ich dachte, dass sie zu einer Ehe dazugehören. Du warst weggegangen. Und wir hatten das Geschäft. Anfangs war auch alles gut. Aber er wurde immer schlimmer. Wenn es nur ein Nebeneinanderleben wäre, käme ich damit klar. Aber ich ekle mich vor ihm. Er sitzt beim Essen und ich könnte ihm die Gabel in sein Gesicht stoßen. Sein Geruch, seine Gesten – alles ist abstoßend. Mein halbes Leben ist jetzt um. Ich will nicht bis zu meinem Tod einer verpassten Lebenschance hinterhertrauern. Nur weil ich der kleine Bauerntrampel aus Marienstein war …« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Quercher sah sie verstohlen von der Seite an, hob die Hand und fuhr vorsichtig an ihrem Ohr und ihrem Hals entlang. Mehr wollte er nicht zeigen. Mehr war nicht drin.
    »Und deine Tochter?«, fragte er.
    »Im nächsten Jahr macht sie ihr Abitur. Dann ist sie weg. Sie würde das verstehen. Du bist auch weg aus dem Tal. Du kannst es doch verstehen? Ich kann diese Scheinidylle hier nicht mehr ertragen. Alles ist Bilderbuch. Und schaust du dahinter, siehst du nur Dreck, Lüge und Intrige. Ob in den Familien oder in der Politik. Es ist nur Neid und Niedertracht. Die Reichen gegen die Armen und umgekehrt.«
    Max rieb sich die Beine. Die Kälte kroch in seinen Körper. Aber das hier war er seiner ersten Liebe schuldig. »Wo willst du hin?«, fragte er sie.
    »Ich habe einen Plan. Du musst dir keine Sorgen machen. Ich will nur von dir hören, dass du es verstehen kannst und dass du es genauso machen würdest.«
    Er schwieg lange. Ausgerechnet er. »Schau, Elli. Wenn du

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