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Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht

Titel: Quercher 01 - Quercher und die Thomasnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Calsow
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Er hatte seine Schneeschuhe vergessen und musste nun mühsam in Querchers Spuren laufen. Immer wieder sackte er bis zu den Knien im Schnee ein. Aber er war trainiert. Auch in Afghanistan hatte er im Schnee operiert, Kommandoaktionen übernommen. Warten, schauen, analysieren, dann zuschlagen und auslöschen. Allerdings hatte Rieger ihm ausdrücklich verboten, Quercher und Hannah Kürten zu exekutieren. Quercher sollte erst später, wenn Rieger wusste, welche Informationen er eingesammelt hatte, sterben. Rieger hatte stets gewusst, dass der alte Schlickenrieder Tagebuch geführt hatte. Diese Informationen – so hatte er Hudelmeier eingeschärft – durften auf gar keinen Fall offiziell werden. Denn Rieger war sich sicher, dass die Kürten einzig und allein wegen ihnen nach Deutschland gekommen war.
    Sein Chef hatte sich nicht mehr gemeldet. Aber solange es keine andere Anweisung gab, hielt sich Hudelmeier an den Plan. Seine Waffe und ein Fernglas hatte er dennoch mitgenommen. Jetzt sah er eine Person weit unterhalb seiner Position auf einem Weg neben dem Bach laufen. Er warf sich in den Schnee und griff nach seinem Fernglas. Es war Elli, die mit ihren Stöcken schnell Richtung Parkplatz ging. Sie schien ihre Informationen bereits preisgegeben zu haben. Hudelmeier schwenkte sein Fernglas nach links in die Richtung, aus der Elli gekommen war, folgte dem Weg, stellte das Fernglas auf die Almhütte scharf und sah Quercher, der mit seinem Hund und der Kürten vor einer Tür stand. Sie schienen zu reden. Quercher hielt etwas in der Hand. Waren das Bücher? Er hatte sie also bekommen. Etwas bewegte sich in Hudelmeiers rechtem Augenwinkel. Er drehte seinen Kopf und erkannte Schlickenrieder. Der schien an den Fischteichen vorbei durch den kleinen Fluss waten zu wollen, um seiner Frau den Weg abzuschneiden.
    Hudelmeier dachte angestrengt nach. Schnelles Reagieren und Improvisieren waren schon immer seine Stärke gewesen. Und auch jetzt zahlte sich die harte Ausbildung bei den KSK-Spezialtruppen aus. Schlickenrieder würde auf Elli treffen, sie bedrohen, wenn nicht gar töten. Dann müsste er schießen. Quercher würde zu Hilfe eilen. Würde er die Bücher bei sich haben? Hudelmeier hatte einen Plan.
    Elli sah aus der Ferne eine Person, die im Bachlauf stand.
    Josef Schlickenrieder trug seine Schrotflinte in der rechten Hand. Er wollte hinauf auf den Weg. Das Schrot hatte nur eine eingeschränkte Reichweite und er wollte nicht von unten nach oben angreifen. Seine Frau war jetzt für ihn nur noch ein Ziel. Etwas, das es zu zerstören galt. Sie hatte seine USB-Sticks weggegeben, seinen einzigen Trumpf. Seine Lebensversicherung. Und dafür würde sie zahlen. Er dachte nicht an Spuren oder Beweise. Er wollte seine Frau töten. Schlickenrieder sprang auf einen Stein und von dort in den Schnee am Ufer, versank aber sofort bis zu den Knien. Jetzt erkannte Elli ihn, schrie und rannte hinter eine große, einsam am Wegrand stehende Fichte. Mit großer Mühe zog Schlickenrieder seine Beine aus dem Schnee, spürte einen Baumstumpf an seinen Füßen und stellte sich darauf. Er lud durch, zielte auf die Fichte und schoss. Wieder ein Schrei. Elli warf sich neben den Baum. Sie atmete schwer. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Sie wollte wieder schreien. Aber nur ein Krächzen entrann ihrer Kehle. Ihr Körper zitterte. Eines ihrer Beine schlug, ohne dass sie das wollte, wild im Schnee umher. Die Rinde des Baumes war vom Aufprall des Schrots aufgeplatzt. Rauch stieg vom Stamm auf.
    Josef Schlickenrieder hatte das Fieber. Das Fieber, das er von Drückjagden in Tschechien kannte. Er zog seine Beine aus dem Schnee und hangelte sich an einem herunterhängenden Ast weiter vorwärts. Eine Ladung war noch im Lauf. Er sah, wie Elli vom Baum wegrollte und sich hinter einer Schneewehe versteckte.
    Er lachte. Laut und meckernd. »Glaubst du, dass der Schnee dich schützt?«
    »Josef, bitte! Es ist vorbei. Lass mich gehen!«, schrie sie.
    Er stand jetzt keine drei Meter von ihr entfernt. Sie hatte sich hinter dem Schneehaufen zusammengekauert. Er sah ihre rote Mütze. Josef Schlickenrieder wollte ihr eine Ladung in den unteren Rücken schießen, damit sie nicht sofort starb, sondern winselnd vor ihm lag. Er schoss. Sie schrie. Aber sie hatte sich wieder wegrollen können. Jetzt war sein Lauf leer. Er öffnete ihn und kippte ihn nach vorn, sodass er nachladen konnte. In seiner Jackentasche suchte er nach weiteren Patronen. Seine Finger waren kalt und steif.

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