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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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genau um 11 Uhr 55«, fuhr sie dann wie zu sich selbst fort. »Das müsste …« Sie schloss kurz die Augen, während sie rechnete. »Das dürfte ungefähr in der Mitte der fünften Stunde gewesen sein, oder?«
    Kröll bejahte abermals, und der Ausdruck seiner Augen verriet, dass er sehr genau verstand, worauf seine Gesprächspartnerin hinauswollte.
    »Folglich müsste irgendwer Ihre Exfrau gebeten haben, die Bibliothek nach Ende der offiziellen Öffnungszeit noch einmal außer der Reihe aufzuschließen«, schlussfolgerte Winnie Heller, indem sie einen gedankenverlorenen Kringel um die Öffnungszeiten zog, die sie sich notiert hatte. »Oder blieb Frau Soltau auch schon mal länger dort?«
    Kröll schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht«, sagte er. »Die Bibliothek war zwar ihr Steckenpferd, aber sie musste natürlich auch ihre Bürozeiten einhalten.«
    »Gerade eben haben Sie uns aber noch erklärt, dass Ihre Exfrau das Büro sehr wohl auch schon mal außer der Reihe verlassen habe«, widersprach Verhoeven. »Wenn einer der Lehrer ein Buch benötigte, zum Beispiel.«
    »Ja sicher«, entgegnete Kröll. »Aber das war dann üblicherweise eine Sache von vier oder fünf Minuten.« Sein Blick glitt über die Tischplatte, und er schien mit einem Mal sehr nachdenklich zu sein. »Für solche Fälle hatte Beate übrigens ein Schild, das sie außen an die Tür zum Sekretariat hängte. Sie wissen schon, so ein Pappding, wo Bin gleich zurück draufsteht.«
    Verhoeven trank seinen Kaffee aus und griff nach dem Diktiergerät, das noch immer jedes ihrer Worte aufzeichnete. »Sie wissen nicht zufällig, ob dieses Schild auch am Tag des Amoklaufs an der Tür zum Sekretariat hing?«, erkundigte er sich beiläufig, indem er die Aufnahme beendete und das Gerät wieder einsteckte.
    »Nein«, sagte Kröll, und sein Ton klang vielleicht eine Spur zu bedauernd. »Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
    »Dann danke ich Ihnen, dass Sie uns Ihre Zeit geopfert haben«, sagte Verhoeven und stand auf. Winnie Heller tat es ihm gleich.
    »Keine Ursache«, entgegnete Kröll, aber er blieb sitzen.
    Verhoeven beglich die Rechnung vorn am Tresen, dann folgte er seiner Kollegin zu ihrem Dienstwagen, der nur ein paar Schritte entfernt stand.
    »Sagen Sie«, fragte er, als sie im Auto saßen. »Ist Jana Weinand eigentlich schon aus dem Koma erwacht?«
    Winnie Heller blickte überrascht auf. »Die Lernsoftware-Vertreterin, die Hrubesch auf dem Gang vor dem Lehrerzimmer erwischt hat?«
    Verhoeven hasste es, wenn sie so redete. Erwischt hat … Aber ihm war auch klar, dass diese Form von rüder Ausdrucksweise ihre ureigenste Art war, mit allem fertig zu werden. Eine Distanz zu schaffen zwischen sich und dem Fall. Also nickte er nur.
    »Keine Ahnung.«
    »Dann finden Sie’s raus. Immerhin hatte sie am Tag des Amoklaufs einen Termin mit dem Direktor. Und zwar um Punkt zwölf, wenn ich mich richtig erinnere.«
    »Sie denken, Jana Weinand könnte gesehen haben, ob dieses Bin-gleich-wieder-da-Schild an der Tür zum Sekretariat hing?«
    »Warum nicht? Sie war zu früh dran, wie wir wissen. Und da sie sich in dieser Schule nicht auskannte, wird sie sich doch unter Garantie erst mal kundig gemacht haben, wo sie hinmuss.«
    Verhoeven kaute gedankenverloren auf seiner Unterlippe, während seine Kollegin in der Einsatzzentrale anrief und sich mit einem von Höppners Leuten verbinden ließ. Dieser konnte ihr, was Jana Weinands aktuellen Gesundheitszustand anging, zunächst nicht viel weiterhelfen, versprach aber, sich kundig zu machen. Und tatsächlich dauerte es keine fünf Minuten, bis er zurückrief.
    »Jana Weinand ist wach und ansprechbar«, verkündete Winnie Heller, nachdem sie das Telefonat beendet hatte.
    »Phantastisch«, rief Verhoeven. »Dann nichts wie hin.«
    16
    »Nein, tut mir leid«, sagte Manuela Strohte mit entmutigender Bestimmtheit. »Mein Sohn ist im Augenblick nicht zu sprechen. Er fühlt sich nicht wohl.«
    Verdammt! Jessica Mahlers Finger schlossen sich fester um den Hörer. Warum hatte sie ihn gestern nicht einfach nach seiner Handynummer gefragt?! Dabei hing so viel davon ab, dass sie mehr über diesen angeblichen Komplizen herausfand. So ein Videoband, wie es Steven Höhmann in Händen hielt, hatte nun einmal seinen Preis. Und Tante Karen zu hintergehen wäre ein sehr viel höherer Preis gewesen als das, was Steven Höhmann jetzt verlangte. Oh ja, dachte Jessica Mahler, zum Glück können Preise sich ändern!
    Schon in der Hütte

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