Querschläger
lassen.«
»Nein«, sagte Verhoeven. »Das wohl nicht.«
»Wenn du willst, kümmere ich mich um die Sache«, erbot sich Werneuchen.
»Danke dir«, sagte Verhoeven.
Burkhard Hinnrichs sah hoch. »Weshalb, um alles in der Welt, reiten Sie eigentlich so auf diesem verdammten Türschild herum?«, echauffierte er sich, indem er mit der flachen Hand auf einen der Berichte einhieb.
»Weil es nicht da war«, entgegnete Verhoeven lapidar.
»Die Soltau könnte auch einfach vergessen haben, das Schild an die Tür zu hängen, als sie plötzlich wegmusste«, bemühte der Leiter des KK11 ein Argument, das Verhoeven nur allzu vertraut war. »So etwas passiert im Eifer des Gefechts.«
Was für eine überaus taktvolle Wortwahl im Zusammenhang mit einem Amoklauf, dachte Winnie Heller bissig. Im Eifer des Gefechts …
»Und warum hat sich niemand gemeldet, der zusammen mit Frau Soltau in der Bibliothek war?«, fragte Verhoeven.
»Weil die Kollegen den Betreffenden nicht danach gefragt haben?«, gab Hinnrichs patzig zurück. »Weil es an diesem Morgen Wichtigeres gegeben hat als die Frage, ob ein dämliches Pappschild an einer Tür gehangen hat oder nicht?«
Obwohl Oskar Bredeney ihm dieses Mal nicht zu Hilfe kam, dachte Verhoeven nicht im Traum daran, die rhetorischen Fragen seines Vorgesetzten zu beantworten, auch wenn Hinnrichs ihn quer über den Tisch hinweg herausfordernd anblitzte.
»Wie Sie meinen«, blaffte der Leiter des KK11, als ihm klar wurde, dass er auf diese Weise nicht weiterkam. »Was haben wir sonst über die Soltau?«
»Zumindest im Hinblick auf ein mögliches Motiv tappen wir bei ihr leider noch völlig im Dunkeln«, musste Winnie Heller eingestehen. »Wir haben zwei Verdächtige, den Exmann und einen Kunstlehrer, in den Frau Soltau laut Aussage ihrer besten Freundin verliebt war – übrigens derselbe, der auch Hrubesch unterrichtet hat.«
Hinnrichs verzog keine Miene.
»Aber wie gesagt haben wir in beiden Fällen noch nichts gefunden, das sich auch nur entfernt als Motiv auslegen ließe«, fuhr Winnie Heller tapfer fort, obwohl sie Hinnrichs’ Sezierblick auf ihrem Gesicht fühlte. »Von Werner Kröll wissen wir, dass er die Trennung von seiner Ex nie so ganz verwunden hat. Seit er an dieser Schule als Hausmeister tätig ist, also wieder in Kontakt zu Beate Soltau stand, gab es nur einen einzigen Mann, für den sie sich ernsthaft interessiert hatte. Und das ist der besagte Lehrer, Sander Laurin.«
»Angeblich lief nichts zwischen den beiden«, ergänzte Verhoeven, »aber Kröll könnte natürlich trotzdem eifersüchtig gewesen sein. Wir wissen, dass er in der Vergangenheit gravierende psychische Probleme hatte. Und in der Zeit, in der er mit Beate Soltau verheiratet war, ging es ihm nachweislich am besten.« Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht wollte er diese Zeit Wiederaufleben lassen. Vielleicht war er besessen von der Idee, seine Exfrau zurückzugewinnen.«
»Hätte er da nicht eher diesen Laurin erschießen müssen?«, konterte Bredeney mit dem ihm eigenen Pragmatismus.
Verhoeven lächelte matt. »Vom Standpunkt der Effektivität aus ganz sicher.«
»Aber als Hrubesch Amok lief, hatten sich Beate Soltau und Sander Laurin doch schon längst wieder zerstritten«, wandte Winnie Heller ein.
»Das mag sein«, entgegnete Verhoeven. »Die Frage ist nur: Wusste Kröll das?«
»Die Gelegenheit, seine Ex zu töten, hätte er jedenfalls gehabt«, konstatierte Werneuchen. »Den verstopften Abfluss hätte er manipulieren können, und er hätte es ganz sicher auch verstanden, die Sache zu vertuschen.«
»Das mit der Manipulation können Sie nicht beweisen«, sagte Hinnrichs. »Es könnte sich auch um einen harmlosen Schülerstreich handeln und …«
»Ich habe mich da mal ein bisschen kundig gemacht«, unterbrach Bredeney den Leiter des KK11 mit der Chuzpe von achtunddreißig Dienstjahren. »Verstopfte Abflüsse kommen an einer Schule wie dem Clemens-Brentano-Gymnasium zwar in der Tat recht oft vor, sind aber auch nicht gerade an der Tagesordnung. Und die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Abflüsse ausgerechnet zum betreffenden Zeitpunkt …«
»Ach was, hören Sie mir auf mit Wahrscheinlichkeiten«, fiel Hinnrichs seinem dienstältesten Beamten nun seinerseits ins Wort. »Wir brauchen endlich ein paar Fakten.«
»Fakt ist, dass ein Hausmeister zu den Leuten gehört, die sich am freiesten und gleichzeitig am unauffälligsten in einem Schulgebäude bewegen können«, erwiderte Bredeney
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