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Querschläger

Querschläger

Titel: Querschläger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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sauber hielt.
    Winnie Heller hatte in den Monaten ihrer Zusammenarbeit sehr wohl registriert, dass ihr Vorgesetzter niemals irgendetwas, das ihn an die Schattenseiten ihres Berufes erinnerte, mit nach Hause nahm. Keine Tatortfotos, keine Berichte von Misshandlungen, Verstümmelungen, Qualen. Nichts dergleichen. Dafür trug er ein Foto von Frau und Tochter im Sichtfenster seiner Brieftasche spazieren. Familiärer Hochglanz.
    »Sind Sie zufällig in der Nähe eines Fernsehers?«, fragte er jetzt.
    Winnie Heller schenkte den parkenden Autos ringsum ein sarkastisches Lächeln. »Nicht so direkt. Warum?«
    »Das erkläre ich Ihnen, wenn Sie im Präsidium sind«, entgegnete ihr Vorgesetzter, und seine Stimme klang irgendwie atemlos. »Wie schnell können Sie dort sein?«
    »Ich schätze, in einer Viertelstunde, wenn ich Glück habe«, antwortete sie mit wachsender Neugier. Worüber regte sich Mister Perfect so auf? Und wohin war Lübke so Knall auf Fall abberufen worden?
    »Prima«, sagte Verhoeven am anderen Ende der Leitung. »Dann treffen wir uns in fünfzehn Minuten in Hinnrichs’ Büro.«
    Hinnrichs? Winnie Heller runzelte die Stirn. Wenn sich der Leiter des Kommissariats 11 der zentralen Kriminaldirektion Wiesbaden persönlich um eine Sache kümmerte, ging es zweifellos um etwas Wichtiges. »Ich bin schon unterwegs«, rief sie, indem sie sich zwischen ein paar reichlich dicht nebeneinander abgestellten Autos hindurchzwängte und im Laufschritt zu ihrem Polo zurückrannte. »Aber worum geht es denn eigentlich?«
    »Schalten Sie das Radio ein, wenn Sie unterwegs sind«, sagte Verhoeven und unterbrach die Verbindung, bevor sie Gelegenheit hatte, weitere Fragen zu stellen.

iii
     
     
     
     
     
     
»Das einzigste was ich intensiv in der Schule beigebracht bekommen habe war, das ich ein Verlierer bin … Aber dann bin ich aufgewacht!… Ich merkte mehr und mehr in was für einer Welt ich mich befand. Eine Welt in der Geld alles regiert, selbst in der Schule ging es nur darum. Mann musste das neuste Handy haben, die neusten Klamotten, und die richtigen »Freunde«, hat man eines davon nicht ist man es nicht wert beachtet zu werden.«
Bastian B., Amokschütze von Emsdetten (ein Toter, fünf Verletzte)
»Ihr hattet hundert Milliarden Chancen, das hier zu vermeiden. Aber ihr habt entschieden, mein Blut zu vergießen. Ihr habt mich in eine Ecke getrieben und nur eine Option gelassen. Das war eure Entscheidung. Und jetzt habt ihr Blut an euren Händen, das sich nicht mehr abwaschen lässt.«
Cho Seung-Hui, Amokschütze von Blacksburg (zweiunddreißig Tote)
»Ihr habt diese Schlacht begonnen, nicht ich. Meine Handlungen sind ein Resultat eurer Welt, eine Welt die mich nicht sein lassen will wie ich bin. Ihr habt euch über mich lustig gemacht, dasselbe habe ich nun mit euch getan, ich hatte nur einen ganz anderen Humor!«
»Ich ging nicht nur in eine Klasse, nein, ich ging auf die ganze Schule. Die Menschen, die sich auf der
Schule befinden, sind in keinem Falle unschuldig! Niemand ist das.«
»Als letztes möchte ich den Menschen, die mir etwas bedeuten, oder die jemals gut zu mir waren, danken, und mich für all dies Entschuldigen! Ich bin weg …«
Bastian B., Amokschütze von Emsdetten (ein Toter, fünf Verletzte)
»Herr Heise, für heute reicht’s.«
Robert Steinhäuser, Amokschütze von Erfurt
(siebzehn Tote)

1
    »Aber was haben wir mit dieser ganzen Sache zu tun?«, fragte Verhoeven, nachdem Burkhard Hinnrichs mit seinem Bericht über den bisherigen Erkenntnisstand zu den – wie er es ausdrückte – »tragischen Vorfällen an der Aarstraße« zu Ende war. Nikolas Hrubesch, ein neunzehnjähriger Schüler der Schule, hatte mit einer halb automatischen Pistole und einem Kleinkaliber-Jagdgewehr unbekannter Herkunft ein Blutbad unter den anwesenden Schülern und Lehrern angerichtet. Auf den Gängen und in den Klassenzimmern des Clemens-Brentano-Gymnasiums hatte das Sondereinsatzkommando zwölf Leichen gefunden, die trotz ihrer zum Teil gravierenden Verletzungen bereits ausnahmslos identifiziert waren. Es handelte sich um den Attentäter selbst, vier Lehrer, sechs Schüler und die Schulsekretärin, dazu kamen vier Schwer- und knapp unter vierzig Leichtverletzte, die sich unmittelbar nach der Bluttat in ärztliche Behandlung begeben hatten. In Winnie Hellers Rücken flimmerte der Flachbildfernseher, den der Leiter des KK11 angeschafft hatte, dem Vernehmen nach, um die Bundesligabegegnungen seines Lieblingsvereins Bayern

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