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Quest

Quest

Titel: Quest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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freigelassen zu werden.«
    »So einfach ist das nicht«, gab sie mit verschlossenem Gesicht zurück. »Auf dem Papier vielleicht. Aber nicht auf Tiga.«
    Bailan wollte etwas sagen, über Fälle, von denen er gelesen hatte, aber eben nur gelesen, und das wog nicht schwer gegen die Erfahrung, die Eintausendvier vorzuweisen hatte. Auf einem Planeten, auf dem etwas so Barbarisches wie die Hautjagd stillschweigend geduldet wurde, mochte auch der Spruch eines Richters anderen Gesetzen folgen als denen des Pantap.
    Eintausendvier drehte sich zur Seite. »Ich war immer eine Niedere, wei ss t du?« sagte sie. »Abschaum. Dreck. Ein Fu ss abstreifer für andere. Dienerin. Man sagt immer, da ss man freikommen möchte, ja - aber ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das wäre. Wie ich leben würde als Freie. Alle meine Freunde sind Niedere. Ich wäre mit einem Schlag allein. Es klingt verrückt, aber im Grunde ist es leichter, eine Niedere zu bleiben.«
    Heiler Karsdaro war ein schmaler, unauffälliger Mann mit gepflegten Händen und wässriggrünen Augen in einem elfenbeinernen Gesicht. Noch nie war er bisher vom Kommandanten eines Wortes gewürdigt worden, und nun sa ss er ihm in dessen seltsam düsterem Arbeitszimmer leibhaftig gegenüber, wenn auch in gemessener Entfernung. Ein geeigneter Anla ss , feuchte Handflächen zu bekommen und sich beinahe vor jedem Wort räuspern zu müssen.
    »Nach dem unerwarteten und überaus tragischen Tod der Edlen Vileena«, begann Quest mit seiner menschenfressenden Ba ss stimme, »stehe ich vor der Aufgabe, einen neuen Ersten Heiler zu benennen.«
    Karsdaro schluckte beklommen. Doch nicht etwa mich?
    »Um mir ein Bild zu machen«, fuhr der Kommandant fort,
    »möchte ich Ihre Meinung über Ihren Kollegen, Heiler Uboron, hören. Und bitte«, sagte er und hielt ein Bündel Papiere und Schreibfolien hoch, »ich habe schon etliche Aussagen und Zeugnisse über ihn. Es wäre äu ss erst unvorteilhaft, wenn das, was Sie sagen, allzu weit davon abweicht. Ich erwähne das, damit Sie nicht auf die Idee kommen, Sie könnten Heiler Uboron schützen oder schlechtreden.«
    »Ah«, machte Karsdaro und nickte. »Ich verstehe.«
    »Also? Ich höre.«
    Karsdaro suchte nach Worten, räusperte sich mehrmals, lobte die unzweifelhaften heilerischen Fähigkeiten Uborons, räusperte sich nochmals und kam so zurückhaltend wie möglich auf die eher negativen Aspekte seiner Persönlichkeit zu sprechen, und dies auch nur, soweit er sie aus eigener Erfahrung kannte. Man sagte ihm allerhand nach, vieles davon hatte mit persönlichen Vorlieben zu tun, die für den Beruf des Heilers ohne Belang waren, aber was Karsdaro miterlebt hatte, war, da ss Uboron eine tiefsitzende Ab neigung gegen Niedere hatte, ein fest verwurzeltes Vorurteil sozusagen, das sich in nachlässiger Behandlung von Niederen äu ss erte und darin, da ss er niemals Krankenbesuche im Unterdeck machte. »Ich glaube aber, da ss diese Vorbehalte auf Niedere beschränkt sind«, beeilte sich Karsdaro hinzuzufügen. »Seiner Qualifikation für die Stelle eines Ersten Heilers, als der er in erster Linie mit Edlen zu tun hätte, täte dies also keinen Abbruch.«
    »Wer hat dann Krankenbesuche im Unterdeck gemacht?«
    »Im allgemeinen ich.«
    »Im allgemeinen?«
    Karsdaro mu ss te husten. »Genaugenommen nur ich. Wenn ich von der Notwendigkeit erfahren habe, was bedauerlicherweise nicht immer der Fall war, habe ich seine Kranken in meine Besuche mit einbezogen.«
    »Hmm«, machte Quest und raschelte in seinen Unterlagen.
    »Eine andere Frage. Können Sie sich an einen Fall erinnern, in dem Heiler Uboron wissentlich und absichtlich gegen ein Gesetz versto ss en hat? Sich etwa bestechen lie ss , eine meldepflichtige Krankheit zu verschweigen?«
    Karsdaro dachte angestrengt nach, doch ihm wollte kein Vorkommnis einfallen, das auch nur annähernd in diese Richtung gegangen wäre. »Nein. Das kann ich mir bei ihm auch nicht vorstellen.«
    »Auch kein kleiner Versto ss ? Etwas, das man bereitwillig übersieht?«
    »Offen gesagt, neigt er eher dazu, zu kleinlich zu sein.«
    »Und wenn er sicher wäre, da ss der Versto ss unbemerkt bleibt?«
    »Auch nicht. Ich würde Heiler Uboron für unbestechlich halten.«
    »Verstehe.« Quest machte sich ein paar Notizen. »Gut. Ich danke Ihnen, Heiler Karsdaro. Sie können jetzt gehen.«
    Nach Ablauf der Gedenkzeit startete die MEGATAO zur nächsten Etappe. Quest lie ss sich nicht einmal sehen, rief nur den Ersten Verweser an,

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