Quest
Maschinen schwiegen. Die MEGATAO glitt ohne Fahrt durch den Leerraum zwischen den Sternen. Die Mannschaft stand versammelt im unteren Hangar. Der Hangar war geräumt worden, die Jäger und das Beiboot schwebten drau ss en, um ein Ehrenspalier zu bilden.
Der Leichnam der Ersten Heilerin war in ein Tuch mit dem Emblem des Salzner-Clans gewickelt, ihre Totenmaske darauf schimmerte, als bestünde sie aus Gold. Die Tragestäbe rechts und links, an denen vier Wachmänner sie hielten, waren aus verziertem dunkelrotem Gif felandra-Holz und mit kostbaren Endgriffen versehen. Ein einzelner Scheinwerfer lie ss sein Licht aus der Höhe auf sie herabrieseln, ein ehrfurchtgebietender Anblick.
Der Kommandant, angetan mit allen Insignien seines Ranges, bestieg ein kleines Podest, mühsam, wie es schien, und richtete sich dann zu seiner vollen Grö ss e auf. Er trug ein Mikrofon, aber jeder wu ss te, da ss seine Stimme allein ausgereicht hätte, die Halle zu erfüllen.
»Avida Nia Vileena, Tochter des Grusbor und der Wekherma, Edle des Salzner-Clans, ist tot«, sprach er die Abschiedsworte gemä ss der Tradition der Sternfahrer. »Sie hat unter uns gelebt, bis ein Unfall sie unerwartet von uns genommen hat. Sie zu verlieren ist ein Verlust, den Worte nicht zu beschreiben vermögen.«
Schweigen senkte sich über die Versammelten, vierzig Atemzüge des Gedenkens in Stille.
Bailan war irgendwie in die erste Reihe zu stehen gekommen und verfolgte die Zeremonie, wie er sich eingestehen mu ss te, eher mit Faszination als mit Trauer. Er hatte die Erste Heilerin zu flüchtig gekannt, um über den Schrecken einer unverhofften Begegnung mit dem Tod hinaus so etwas wie Trauer zu empfinden.
In der zweiten Reihe der Edlen stand Smeeth, von dem es hie ss , da ss er ein Verhältnis mit ihr gehabt hatte. Der Unsterbliche stand reglos, und falls ihn irgendwelche Gefühle bewegten, war davon nichts zu sehen. Kuton dagegen stand schief und vorgebeugt da, immer noch war ihm
Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben, und Bailan hatte den Eindruck, da ss Dawill, der neben ihm stand, ihn heimlich hielt und stützte.
»Sie war ihrem Vater eine gehorsame Tochter«, fuhr Quest fort. »Sie war ihrer Mutter eine Freude und Augenweide. Sie war ihren Geschwistern eine liebende Gefährtin. Sie war dem Pantap eine treue Untertanin.«
Er gab jemandem ein Zeichen, und das Innenschott der Schleuse fuhr summend auf.
»Wir übergeben nun ihren Leib dem Weltraum, wie es einem Sternfahrer geziemt, und empfehlen ihre Seele der Fürsorge ihrer Ahnen.«
Die Wachmänner schulterten den Leichnam, trugen ihn gemessenen Schrittes in die Schleuse hinein und legten ihn dicht vor der Au ss enschleuse auf den Boden. Dann kehrten sie zurück, und nur die gläsernen Mittelstücke des Schleusenschotts fuhren wieder zu, so da ss man beobachten konnte, was geschah. Was geschah, war, da ss auf ein weiteres Zeichen Quests das Au ss enschott auffuhr, ohne da ss zuvor die Luft abgepumpt worden wäre. Deren schlagartiges Entweichen ri ss die Tote mit sich, hinaus in den gähnenden Abgrund zwischen den Sternen.
»Wir vermerken im Logbuch«, schlo ss Quest die Formel, »da ss Avida Nia Vileena von Bord gegangen ist.«
Summend schoben sich die metallenen Abdeckungen über das Glas. Nachher würden die Jäger wieder einfliegen, daher blieb das Au ss enschott geöffnet. Als Quest das Podest verlie ss , wandte sich die Mannschaft schweigend zum Gehen.
Die Menschenmenge kam ins Stocken. Die Gänge, die vom Stirnhangar wegführten, waren zu schmal für den plötzlichen Ansturm. Und da war plötzlich Eintausendvier an seiner Seite und sagte mit zuckersü ss em Lächeln: »Hallo.«
»Hallo«, erwiderte Bailan verblüfft. »Ich wu ss te gar nicht, da ss … ich meine…«
»Da ss die Niederen auch an der Abschiedszeremonie teilnehmen? Doch, das ist immer so.«
»Ach so.«
»Wenn allerdings ein Niederer stirbt, lä ss t sich keiner der edlen Herrschaften blicken.«
Er merkte kaum, wie die Menschen ringsum drängelten, hatte nur Augen für sie. Ihr Gesicht, das Muster ihrer zarten Flecken, war ihm fast schon wieder fremd geworden nach der langen Zeit, die er sie nicht gesehen hatte. »Ach so«, sagte er noch einmal, weil er nicht wu ss te, was er sagen sollte. Seine Gedanken hatten sich ausgerechnet jetzt verabschiedet und nur eine wei ss e Leere zurückgelassen.
»Was hast du denn vor in der Gedenkzeit?« fragte sie, und ihre gro ss en dunklen Augen sahen wunderbar
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