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Quest

Quest

Titel: Quest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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die Dosierpumpe und die Injektionsnadeln und die Schläuche.
    »Vileena«, flüsterte er noch einmal, qualvoll erfüllt von dem Bedürfnis, diesen Namen auszusprechen, als könne er sie dadurch wieder lebendig machen, könne bewirken, da ss sie wieder durch diese Tür trat mit ihrem unterkühlten Lächeln und ihren strahlenden Haaren. Doch gleichzeitig vertiefte jedes Wort das Wissen und die Gewi ss heit, da ss sie gegangen war, da ss sie gegangen war und ihn allein zurückgelassen hatte.
    Bei allen Ghulen der Leere, er war doch der Todeskandidat!
    Niemals hatte er auch nur im Traum mit einer derartigen Wendung der Ereignisse gerechnet.
    Er warf alles, was er gefunden hatte, in eine kleine Tasche, legte die Mappe dazu und schlie ss lich noch eine Packung Wundverschlu ss .
    Dann stand er da, sich mit beiden Händen auf die Tischkante stützend, starrte in den dunklen Schlund der Tasche und kämpfte gegen die Verzweiflung an, die sich in ihm ausbreitete.
    »Warum«, flüsterte er, als könne ihn jemand hören und ihm eine Antwort darauf geben, »warum hat er mir das angetan?«

 
     
    2
     
    DIE WELT K EHRTE LANGSAM ZURÜCK, der ölige Dunst der Maschinen, der modrige Geruch ungelüfteten Stoffs.
    Sie lagen da, ineinander verschlungen, spürten ihrem Atem nach, der sich langsam wieder beruhigte, und dem Gefühl trocknenden Schwei ss es auf ihrer Haut. Ein schmaler Lichtstrahl fiel von irgendwoher an die stählerne Decke, Staub tanzte darin.
    Eintausendvier hielt die Augen geschlossen, ihre Augäpfel zitterten leicht unter den Lidern, sie schien noch völlig aufg elöst in einer anderen Dimensio n und alles andere als willens, früher als nötig in diese Welt zurückzukehren. Bailan konnte nicht anders, als sie zu betrachten. Am liebsten hätte er nichts anderes mehr getan. Sein Blick liebkoste das zarte Fleckenmuster ihrer Haut, wie es um ihre Brüste herum und auf die weichen Brustwarzen zu kleinfleckiger wurde und wie es sich als goldener Strom heller Punkte und Streifen in ihren Scho ss ergo ss , um in gekräuseltem, fast durchsichtigem Haar zu versickern. So schön, sie war so schön.
    Sie schlug die Augen auf, lächelte verträumt. »Hallo.«
    »Hallo«, flüsterte er rauh.
    »Wir haben noch Zeit, oder?«
    »Ich glaube schon«, nickte Bailan.
    Irgendwann war es dann aber genug, war der schmale Lichtstrahl erloschen und hörte man die ersten Maschinen wieder anlaufen. Sie lagen erschöpft nebeneinander, Bailan fühlte sich klebrig und schmutzverkrustet und sehnte sich nach einer Dusche.
    »Wir sollten etwas essen«, meinte Eintausendvier.
    »Ja«, sagte Bailan matt.
    Aber sie blieben beide liegen.
    »Warum hat man dich eigen tlich geniedert?« fragte Bailan nach einer Weile.
    Sie hob den Arm, fuhr sich mit der Hand über die Stirn.
    »Na endlich«, murmelte sie. »Ich dachte schon, du würdest nie fragen.«
    »Entschuldige, ich wollte nicht unschicklich…«
    »Nein, schon gut. Irgendwann fragt jeder.«
    Bailan fragte argwöhnisch: »Wie, jeder?«
    »Na, jeder eben.«
    »Auch Niedere untereinander?«
    Eintausendvier lachte auf. »Die sind alle unschuldig.«
    »Und du?«
    »Ich auch.«
    »Also gut«, meinte Bailan, »dann frage ich mal anders: Was war der Vorwand , dich zu niedern?«
    »Ich bin nicht geniedert worden«, erklärte Eintausendvier in einem Tonfall, als redeten sie über die grö ss te Belanglosigkeit des Universums. »Ich bin schon als Niedere zur Welt gekommen. Als Tochter einer Niederen, die ihre Schuld nicht abgetragen hat.«
    Bailan richtete sich abrupt auf. »Das ist jetzt ein Scherz, oder?«
    »Mit sowas mache ich eigentlich keine Scherze«, erwiderte die Tiganerin ernst. »Meine Mutter hat einen Hautjäger getötet, und dummerweise war das ein Edler. Da ss der verdammte Kerl vorher meinen Vater zu Tode gefrostet hat, um eine gefütterte Jacke aus ihm zu machen, hat den Richter nicht interessiert.«
    »Aber das ist Sippenhaft«, sagte Bailan entrüstet. »Das ist ungesetzlich.«
    Sie wackelte mit dem Kopf und rang sich ein dünnes Grinsen ab. »Ich sagte doch, ich bin unschuldig.«
    »Nein, hör mir doch mal zu. D ie Sippenhaft ist schon vor der ersten Reichsgründung abgeschafft worden. Der 104. Pantap hat das Gesetz auf alle Menschen, selbst nicht zum Reich gehörende und sogar auf nichtmenschliche Wesen ausgeweitet.« Endlich einmal eine Situation, in der einem das ganze detaillierte Faktenwissen der Bruderschaft eine Hilfe war. »Das hei ss t, du kannst vor einen Richter gehen und verlangen,

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