Quest
Stahl, womöglich. Hier wage ich natürlich keinerlei Prognose; nicht einmal, ob wir ein Ergebnis bekommen werden, wenn der Tennant nachher seinen Analysator daraufhält.«
Die Edlen sa ss en an ihren Dyaden, auf den Kanten ihrer Sessel, und manch einer sah aus, als bedaure er es, nicht mitgegangen zu sein. Der Edle Muntak betätigte immer mal wieder die Steuerung. Die Gravitation der Sonne zerrte trotz der Entfernung nicht wenig an der MEGATAO, ab und zu war ein Sto ss aus den Steue rdüsen notwendig, um den Abstand zur Barriere und dem darin gefangenen Gestein zu wahren.
Der Visor erfa ss te eine rechteckige Struktur an der Au ss enseite des Sockelvorsprungs, dem Schattenfall nach eine Vertiefung.
»Es sieht aus, als hätten wir eine Art Tor vor uns«, meinte Dawill. »Ich hege gerade die kühne Hoffnung, da ss wir durch dieses Tor die Stadt betreten werden. Und au ss erdem hoffe ich, da ss die Mem’taihi nicht die Abneigung der Yorsen gegen Menschen teilen.«
Es sah immer mehr aus wie ein Tor, je näher sie kamen.
»Tennant«, hörte man Dawill halblaut zu Kuton sagen, »halt jetzt mal nur noch auf das Tor. Falls wir gleich einem Mem’taihi gegenüberstehen, meine ich.«
»Ich tue nichts anderes«, vernahm man die Stimme des Historikers. Er klang angespannt.
Als sie bis auf wenige Schritte an das Tor herangekommen waren, blieben sie stehen. »Wir warten erst einmal. Ich bin sicher, da ss man unsere Annäherung bemerkt hat.«
Bailan merkte, da ss er seit einiger Zeit auf den Fingernägeln kaute , nahm die Hand herunter und ho lte tief Luft. Quest sah auch ungesund aus; seine Augen schienen immer weiter anzuschwellen und bewegungsunfähig zu werden.
»Es rührt sich nichts. Wir haben hier drüben etwas entdeckt, das ein Schalter sein könnte… Tennant, zeig das doch mal… eine Art Signalgeber vielleic ht, womöglich sogar ein simpler Toröffner. Ich denke, wir versuchen einmal, uns bemerkbar zu machen. Wobei ich keine Ahnung habe, was wir tun werden, falls wir in die Stadt hineinkommen, die Mem’taihi sich aber nicht um uns kümmern. Ich meine, wenn es hier so etwas wie ein Archiv oder dergleichen gibt, wü ss te ich nicht, wie wir das noch zu unseren Lebzeiten finden sollten.«
Der Visor schwenkte auf den Torrahmen, auf ein flach liegendes Oval, das, wie man sah, als Dawill in seinem schweren Raumanzug ins Bild trat, ziemlich gro ss und ungefähr in Hüfthöhe angebracht war. Der Erste Verweser bückte sich ein wenig.
»Ich drücke jetzt versuchsweise mit der Hand darauf.«
Pause. Atemlose Stille.
Dann sagte Dawill: »Oh.« Etwas war im Klang seiner Stimme, das Bailan Schauer über den Rücken jagte. Voll unguter Ahnungen wandte er den Kopf, sah Quest an, sah in dessen Augen und sah, wie etwas darin, eine Hoffnung, eine Zuversicht, etwas jedenfalls, das ihn am Leben erhalten hatte, zerbrach.
Dawill zögerte, die flache Hand ausgestreckt. Vielleicht war es kein Schalter, sondern nur ein Ornament. Vielleicht war er nicht kräftig genug, um ihn zu betätigen, falls es doch ein Schalter war. Das alles sah so massiv aus, wie aus dem vollen Stahl gefräst, und so alterslos, man erkannte nicht einmal den Schimmer einer Patina, obwohl diese Bauwerke seit undenklichen Zeiten ungeschützt dem Sonnenwind ausgesetzt gewesen sein mu ss ten.
Er blickte hoch, musterte das Tor, ein gewaltiges Portal, zehnfach übermannshoch mindestens und breit genug für eine ganze Armee, makellos schimmernd aus einem Material, das aussah wie Stahl, aber ganz bestimmt keiner war. Dann spreizte er die Finger weit über der ova len Fläche und legte alle Kraft hinein.
Und griff ins Leere.
»Oh«, entfuhr es ihm. Er taumelte, wollte sich festhalten, irgendwo, an der stählernen Wand, doch auch da war nichts. Er wäre beinahe gestürzt, hörte Kuton entsetzt aufstöhnen und begriff erst jetzt, was geschehen war. Die ovale Platte, ja der halbe Torpfosten war unter seiner Berührung zu Staub zerfallen.
»Was ist das?« Dawill starrte die Wand an, die wie Panzerstahl ausgesehen hatte und in der nun ein gro ss es, ausgefranstes Loch klaffte, aus dem es immer noch dunkel herabrieselte, dessen gezackte Ränder weiter und weiter zerfielen und zerbröselten. Ein grauer Haufen Staub sammelte sich auf dem Boden darunter.
»Tennant? Ist der Rekorder an?«
»Ja, natürlich. Sag mal, hört das auch wieder auf?«
»Keine Ahnung. Hiduu, Sie gehen besser ein Stück zurück…«
Es rieselte immer noch, schien sogar um sich zu greifen. Die
Weitere Kostenlose Bücher