Queste der Helden (Band 1 im Ring der Zauberei)
Möchtest du damit sagen, du wolltest Erec gar nicht das Leben retten?“
Das warf Thor aus der Bahn. Ihm wurde klar, dass er es nur schlimmer machte.
„Nein, mein Herr. Es war nicht meine Absicht—“
„Du gibst also zu, dass du sehr wohl vorhattest, einzugreifen?“
Thor spürte, wie sein Herz klopfte. Was konnte er sagen?
„Verzeiht, mein Herr. Ich denke, ich wollte nur...helfen.“
„Du wolltest helfen ?“, dröhnte MacGil, lehnte sich zurück und brüllte vor Lachen.
„Du wolltest ihm helfen! Erec! Unserem größten und ruhmreichsten Ritter!“
Der Saal brach in Gelächter aus und Thor fühlte sein Gesicht rot anlaufen, einmal zu oft für einen Tag. Konnte er hier denn nichts richtig machen?
„Steh auf und tritt näher, Junge“, befahl MacGil.
Thor blickte hoch und sah überrascht, dass der König zu ihm herunterlächelte, ihn genau ansah, während er aufstand und näherkam.
„Ich sehe noble Züge in deinem Gesicht. Du bist kein gewöhnlicher Junge. Nein, ganz und gar nicht gewöhnlich...“
MacGil räusperte sich.
„Erec ist unser geliebtester Ritter. Was du heute getan hast, ist eine große Sache. Eine große Sache für uns alle. Zur Belohnung nehme ich dich von diesem Tage an in meine Familie auf, mit all dem Respekt und der Ehre, die jedem meiner Söhne zuteil werden.“
Der König lehnte sich zurück und dröhnte: „So sei es verkündet!“
Durch den Saal zog sich ein großer Jubel, und es wurde reichlich mit den Füßen gestampft.
Thor sah sich um, durcheinander, nicht in der Lage, all das zu verarbeiten, was mit ihm geschah. Teil der königlichen Familie. Es ging über seine wildesten Träume hinaus. Alles, was er wollte, war, akzeptiert zu werden, einen Platz in der Legion zu bekommen. Und nun das. Er war so von Freude und Dankbarkeit überwältigt, dass er kaum wusste, was er tun sollte.
Bevor er antworten konnte, brach der Saal plötzlich in Gesang und Tanz und Festmahl aus, und Menschen feierten rund um ihn herum. Es war der reinste Trubel. Er blickte zum König auf, sah die Liebe in seinen Augen, die Bewunderung und Akzeptanz. Noch nie zuvor war ihm die Liebe einer Vaterfigur zuteil geworden. Und hier war er nun, geliebt nicht nur von einem Vater, sondern gleich von einem König. In nur einem Tag hatte sich seine Welt geändert. Er betete nur, dass dies alles echt war.
*
Gwendolyn eilte durch die Menge, schob sich durch, wollte einen Blick auf den Jungen erheischen, bevor er aus dem königlichen Hof hinausgeleitet würde. Thor . Ihr Herz schlug schneller beim Gedanken an ihn, und sie konnte nicht aufhören, seinen Namen in ihrem Kopf wieder und wieder aufzurufen. Sie hatte nicht aufhören können, an ihn zu denken, seit er ihr begegnet war. Er war jünger als sie, aber nicht mehr als ein oder zwei Jahre—und außerdem, er hatte etwas an sich, das älter wirkte, reifer als die anderen, tiefgehender. Von dem Moment an, als sie ihn sah, fühlte sie sich, als würde sie ihn kennen. Sie lächelte, als sie daran zurückdachte, wie sie einander kennenlernten; wie verloren er gewirkt hatte. Sie konnte in seinen Augen sehen, dass er das Gleiche für sie empfand.
Natürlich kannte sie den Jungen nicht einmal. Aber sie hatte mit angesehen, was er auf der Turnierbahn getan hatte; hatte gesehen, wie sehr ihn ihr kleiner Bruder mochte. Seither hatte sie ihn beobachtet, gespürt, dass etwas Besonderes an ihm war; etwas, das anders war als die anderen. Ihre Begegnung mit ihm hatte das nur bestätigt. Er war anders als die königlichen Typen, all die Leute, die hier geboren und aufgewachsen waren. Er hatte etwas erfrischend Aufrichtiges an sich. Er war ein Außenseiter. Einer aus dem gemeinen Volk. Aber seltsamerweise mit einem königlichen Auftreten. Es war, als hätte er zu viel Stolz für das, was er war.
Gwen bahnte sich ihren Weg an den Rand des oberen Balkons und blickte hinunter: unter ihr erstreckte sich der königliche Hof, und sie erwischte noch einen letzten Blick auf Thor, als er mit Reece an seiner Seite hinausgeleitet wurde. Bestimmt waren sie auf dem Weg zur Kaserne, um mit den anderen Jungen zu trainieren. Sie spürte einen Anfall von Bedauern und fing sofort an, darüber nachzudenken, zu planen, wie sie ihn wiedersehen konnte.
Gwen musste mehr über ihn erfahren. Sie musste es herausfinden. Dafür würde sie mit jener Frau sprechen müssen, die alles über jeden wusste und alles, was im Königreich vor sich ging: ihre Mutter.
Gwen drehte sich um und bahnte sich
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