Quicksilver
wiedergefunden. Er hatte Lust, dort drüben zu sein, mit einem Krug in der einen und einer Keule in der anderen Hand – stattdessen war er hier und tat – ja, was eigentlich?
Er war dem St. James’s Palace schon ganz nah und sollte tunlichst eine Antwort parat haben, ehe er dort war.
Irgendwann hatte Cromwell gegen alle Wahrscheinlichkeit ein Bündnis mit Frankreich geschlossen, worauf sich der junge James nach Norden, zu einer ärmlichen, einsamen und langweiligen Existenz in den Spanischen Niederlanden, hatte zurückziehen müssen. In den letzten Jahren vor der Restauration hatte er sich mit einer bunt gescheckten Armee aus exilierten irischen, schottischen und englischen Regimentern in Flandern herumgetrieben und sich um Dünkirchen herum verschiedentlich mit Cromwells Streitkräften geprügelt. Nach der Restauration war ihm der erbliche Titel des Großadmirals zugefallen, und er hatte an einigen mitreißenden und blutigen Seegefechten gegen die Holländer teilgenommen.
Indessen hatte die Tendenz seiner Geschwister, jung zu sterben, und das Unvermögen seines Bruders Charles, einen legitimen Erben zu zeugen, James zur einzigen Hoffnung auf eine Fortsetzung der Linie seiner Mutter werden lassen. Während Mutter in Frankreich ein schönes Leben geführt hatte, war ihre Schwägerin, die Winterkönigin, in Europa herumgestoßen worden wie eine ausgestopfte Schweinsblase auf einem ländlichen Jahrmarkt. Dennoch hatte Elizabeth mit unmenschlicher Tüchtigkeit Babys produziert, und Europa war übersät mit ihrer Nachkommenschaft. Viele waren nichts geworden, aber ihre Tochter Sophie schlug offenbar ganz nach der Mutter und führte mit sieben überlebenden Kindern die Tradition fort. Somit schien Henrietta Maria von Frankreich, die Mutter von James und Charles, im Rennen um die Zeugung von Thronerben auf lange Sicht gegen die elende Winterkönigin zu unterliegen. Infolgedessen hatte sie während James’ diverser Abenteuer ihren ganzen Charme und ihre sämtlichen Beziehungen spielen lassen, um ihn vor Gefahren zu schützen – wodurch bei James das nagende Gefühl zurückblieb, er habe niemals so viele Armeen vernichtet und so viele Flotten versenkt, wie er es hätte tun können.
Solcherart matt gesetzt, hatte er seit ungefähr 1670 den Großteil seiner Zeit damit verbracht, dass er – ja, was eigentlich? Dass er in Afrika nach Gold, und als dies fehlschlug, nach Negern schürfte. Englische Adlige zum Katholizismus zu bekehren suchte. Sich in Brüssel und dann in Edinburgh aufhielt, wo er sich dadurch nützlich gemacht hatte, dass er in unwirtliche Gegenden Schottlands geritten war, um verwilderte Presbyterianer in ihren ländlichen Konventikeln zu unterdrücken. Im Grunde hatte er nur seine Zeit vergeudet und gewartet.
Genau wie Daniel.
Ein Dutzend Jahre waren wie im Fluge vergangen und hatten ihn mit sich gerissen wie einen Reiter, dessen einer Fuß sich im Steigbügel verfangen hat.
Was aber bedeutete das? Dass er die Dinge am besten selbst in die Hand nahm und sein Leben ordnete. Sich für die ihm zugemessenen Jahre eine sinnvolle Beschäftigung suchte. Er hatte es viel zu sehr wie Drake gemacht und auf eine Apokalypse gewartet, die sich niemals ereignen würde.
Von der Aussicht, dass James den Thron bestieg und mit Ludwig XIV. gemeinsame Sache machte, konnte einem nur übel werden. Dies war ein Notfall, in jeder Hinsicht so schwerwiegend, wie es der große Brand von London gewesen war.
Die Erkenntnisse kamen einfach Schlag auf Schlag – oder vielmehr, sie hatten sich, wie eine in voller Rüstung seinem Schädel entspringende Athene, allesamt auf einmal eingestellt, und er versuchte, sie nun lediglich zu ordnen.
Notfälle erforderten durchgreifende, ja verzweifelte Maßnahmen: z.B. dass man mittels Schießpulverfässchen Häuser in die Luft sprengte (wie es König Charles II. persönlich getan hatte) oder halb Holland unter Wasser setzte, um die Franzosen fern zu halten (wie es Wilhelm von Oranien getan hatte). Oder – er wagte es kaum zu denken – dass man Könige stürzte und ihnen den Kopf abschlug, wozu Drake Beihilfe geleistet hatte. Männer wie Charles,Wilhelm und Drake schienen solche Maßnahmen ohne Zögern zu ergreifen, während Daniel entweder (a) ein erbärmlich unbeherzter Jammerlappen war oder (b) klugerweise den richtigen Zeitpunkt abwartete.
Vielleicht war das der Grund, warum Gott und Drake ihn in diese Welt gesetzt hatten: damit er eine entscheidende Rolle in diesem, dem Endkampf
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