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Quicksilver

Quicksilver

Titel: Quicksilver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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ich sei von edlem Geblüt! Ich hoffe, im Laufe Eurer genealogischen Forschungen könnt Ihr beweiskräftiges Material zutage fördern... mich zu einer Gräfin zu machen dürfte ungleich einfacher sein als Sophie zu einer Kurfürstin. Mittlerweile sind hier so viele Leute auf mich angewiesen, dass mein Status als Nichtadlige peinlich und störend ist. Sie brauchen einen Vorwand, um mir einen Titel zu geben, so dass sie alltägliche Gespräche mit mir führen können, ohne zur Umgehung der Etikette auf ausgeklügelte Täuschungsmanöver wie Maskenbälle zurückgreifen zu müssen.
Gerade neulich spielte ich Bassetthorn mit M. le Duc de Berwick, dem unehelichen Sohn von James II. und Arabella Churchill, Johns Schwester. Damit ist er in bester Gesellschaft, denn das bedeutet, wir Ihr wisst, dass seine Großmutter väterlicherseits Henrietta Maria von Frankreich war, die Schwester Ludwigs XIII. … Noch einmal, verzeiht mir das genealogische Geschwätz. Könnt Ihr bitte alles aussortieren, was mit Hexern, Alchimisten, Templern und Satansjüngern zu tun hat? Ich weiß, dass Euer Eintritt ins Leben so aussah, dass Ihr ein paar reichen Alchimisten erfolgreich vortäuschtet, Ihr glaubtet ihren Unsinn tatsächlich. Und dennoch scheint Ihr ein echter Freund von Enoch dem Roten, einem bedeutenden Alchimisten, zu sein. Ab und zu kommt sein Name an einem Spieltisch auf. Die meisten verwirrt er, aber bestimmte Männer ziehen dann eine Augenbraue hoch oder husten hinter der Hand, wechseln schrecklich vielsagende Blicke, et cetera , sind also auffällig bemüht, unauffällig zu sein. Ähnliche Verhaltensweisen habe ich im Zusammenhang mit anderen Themen beobachtet, die esoterischer oder okkultistischer Natur sind. Jedermann weiß, dass es in Versailles in den späten Siebzigern dieses Jahrhunderts von Satansjüngern, Giftmischern, Abtreibern et cetera nur so wimmelte und dass die meisten, aber nicht alle, geläutert wurden; doch das lässt es jetzt nur noch düsterer und provokativer erscheinen. Der Vater des Earl von Upnor – der Herzog von Gunfleet – verstarb in jenen Tagen ganz plötzlich, nachdem er auf einer Gartengesellschaft ein Glas Wasser getrunken hatte; Gastgeberin der Gesellschaft war Mme. la Duchesse d’Oyonnax gewesen, deren Mann vierzehn Tage später auf ganz ähnliche Weise umkam und ihr all seine Titel und Besitztümer hinterließ. Hier gibt es keinen Mann und keine Frau, die nicht in diesen und anderen Fällen von Vergiftung ausgehen. Upnor und Oyonnax müssten sich sicher einer genaueren Überprüfung stellen, wenn es nicht so viele andere Vergiftungsfälle gäbe, die die Aufmerksamkeit der Leute auf sich ziehen. Jedenfalls ist Upnor offensichtlich einer jener Herren, die sich für okkulte Fragen interessieren, und lässt immer wieder undurchsichtige Bemerkungen über seine Kontakte zum Trinity College in Cambridge fallen. Ich bin versucht, das alles als ein etwas erbärmliches Hobby adliger Schnösel abzutun, das als Folge der raffinierten Langeweile und der demütigenden Belanglosigkeit von Versailles ihren Hirnen entsprungen ist. Da ich mir Upnor jedoch als Feind ausgesucht habe, wüsste ich gerne, ob es etwas Ernsthaftes ist... kann er mich verzaubern? Hat er in jeder Stadt geheime Brüder? Was ist Enoch Root?
Den Winter werde ich zum großen Teil in Holland verbringen und Euch von dort aus schreiben.
Eliza

Ufer von Het Kanaal, zwischen Scheveningen und Den Haag
    DEZEMBER 1687
Keiner gelangt so hoch hinaus wie derjenige, der nicht weiß, wohin er unterwegs ist.
Cromwell
    »Schön, dass ich Euch treffe, Bruder William«, sagte Daniel, setzte einen Stiefel auf das Trittbrett der Kutsche und schwang sich hinein, wodurch er einen Engländer mit feistem Gesicht und langen, strähnigen, dunklen Haaren gewaltig überraschte. Der Angesprochene raffte hastig den Saum seines langen schwarzen Gewandes; ob er Platz zu machen versuchte oder nicht von Daniel gestreift werden wollte, war für diesen nicht zu entscheiden. Beide Hypothesen waren plausibel. Dieser Mann hatte viel mehr Zeit in scheußlichen englischen Gefängnissen verbracht als Daniel, und er hatte gelernt, anderen auszuweichen. Und Daniel war vom Reiten schlammbespritzt, während die Kleidung seines Gegenübers zwar streng und schlicht, jedoch makellos sauber war. Bruder William hatte einen winzigen Mund, der im Augenblick so fest wie ein Schließmuskel geschlossen war.
    »Ich habe Euer Wappen auf dem Schlag erkannt«, erklärte Daniel, knallte denselben zu,

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