Quicksilver
Hafenviertel, wo gerade ein chaland gelöscht wurde. Fässer wurden heruntergerollt und am Kai entlang gestapelt, und daneben standen schwere Ochsenkarren und warteten. Ich fragte diese Mädchen, ob das typisch sei, aber sie gaben vor, in praktischen Dingen völlig unbeleckt zu sein, und waren überhaupt nicht hilfreich für mich.
Später behauptete ich, müde zu sein, und ging zu der mir zugeteilten Zelle, als wolle ich schlafen. Stattdessen zog ich wieder meine Jungenkleider an und schlich mich auf einem der ausgetretenen Fluchtpfade, die die Nonnen auf dem Weg zu ihren Rendezvous in der Stadt benutzen, aus dem Kloster. Diesmal konnte ich viel näher an den Kai herankommen und den chaland zwischen zweien der Fässer hindurch beobachten, die zuvor aus ihm ausgeladen worden waren. Und tatsächlich sah ich, wie kleine, aber schwere Gegenstände aus seiner Bilge herausgehoben und auf diese Ochsenkarren geladen wurden. Die Aufsicht über die Arbeit hatte ein Mann, dessen Gesicht ich nicht sehen konnte, an dessen Kleidung aber viel abzulesen war. Seine Stiefel wiesen Details auf, die mir kurz vor meiner Abreise von St-Cloud zum ersten Mal an den Stiefeln von Monsieurs Liebhabern aufgefallen waren. Seine Kniebundhosen -
Nein. Bis irgendjemand diese Zeilen liest, wird die Mode sich geändert haben, und deshalb wäre es Zeitverschwendung für mich, die Einzelheiten aufzuzählen – es reicht wohl, wenn ich sage, dass alles, was er anhatte, innerhalb des letzten Monats in Paris genäht worden sein musste.
Meine Beobachtungen wurden durch die Ungeschicklichkeit einiger Landstreicher unterbrochen, die in der Hoffnung zum Kai hinuntergekrochen waren, etwas klauen zu können. Einer von ihnen lehnte sich an ein Fass, von dem er annahm, es sei voll und würde sein Gewicht tragen, doch es war leer und neigte sich von ihm weg, und als er zurücksprang, kam es mit einem dumpfen Schlag wieder zum Stehen. Im selben Moment zückte der Höfling sein Schwert und deutete damit auf mich, denn er hatte mich entdeckt, wie ich ihn zwischen den Fässern hindurch anstarrte, und mehrere Männer kamen auf mich zugerannt. Die Landstreicher machten sich aus dem Staub, und ich folgte ihnen, davon ausgehend, dass sie besser als ich wüssten, wie man in dieser Stadt verschwand. Und in der Tat wären sie mir, indem sie über bestimmte Mauern sprangen und in bestimmte Rinnen hinabkrochen, um ein Haar entwischt, mir, die ich nur ein paar Schritte hinter ihnen war.
Schließlich folgte ich ihnen bis zu einem Friedhof, wo sie in einem Gewirr von wildem Wein, der seitlich an einem alten Grabmal emporwuchs, einen kleinen Unterschlupf errichtet hatten. Sie machten keine Anstalten, mich zu begrüßen oder wegzujagen, und so hockte ich mich ein paar Schritte entfernt in der Dunkelheit hin und lauschte auf ihr Gemurmel. Viel von ihrem Rotwelsch war unverständlich, aber ich konnte immerhin ausmachen, dass sie zu viert waren. Drei schienen sich zu entschuldigen, so als erwarteten sie geduldig irgendein ihnen zugedachtes Schicksal. Der vierte dagegen war enttäuscht, hatte aber noch die Energie, die anderen zu tadeln und sich eine Verbesserung ihrer Situation zu wünschen. Als dieser aufstand und zur Seite ging, um zu pinkeln, erhob ich mich, trat etwas näher an ihn heran und sagte: »Trefft mich allein an der Ecke des Klosters, wo der Efeu wächst«, und dann schoss ich davon, unsicher, ob er versuchen würde, mich zu packen.
Eine Stunde später konnte ich ihn von der Fensterbrüstung des Klosters aus beobachten. Ich warf ihm eine Münze hin und sagte ihm, er werde zehn weitere davon erhalten, wenn er den Ochsenkarren folgte, ihre Bewegungen beobachtete und mir in drei Tagen Bericht erstattete. Ohne ein Wort zu sagen, zog er sich in die Dunkelheit zurück.
Am nächsten Morgen händigte die Mutter Oberin einem der Mädchen einen Brief aus und erklärte dazu, er habe in der Nacht zuvor am Tor gelegen. Die Empfängerin warf einen Blick auf das Siegel und rief: »Oh, er ist von meinem lieben Cousin!« Sie riss ihn mit einem Ruck auf und las ihn an Ort und Stelle, wobei sie, da sie kaum lesen konnte, die Hälfte der Wörter laut aussprach. Das Wesentliche schien zu sein, dass ihr Cousin in der vergangenen Nacht durch St-Dizier gefahren war, aber sehr bedauerte, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, auf einen kurzen Besuch vorbeizukommen, da sein Auftrag sehr dringend gewesen sei; er ginge jedoch davon aus, dass er eine ganze Weile in der Gegend sein werde, und
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