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Quipu

Quipu

Titel: Quipu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Vidal
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Carvajals und Montillas Nachhut«, flüsterte sie Sebastián zu.
    |440| »Diesen Irrtum müssen wir sofort aufklären!«
    »Das ist leichter gesagt als getan. Sie wollen Rache.«
    Umina versuchte, sich dennoch Gehör zu verschaffen, fand jedoch keinerlei Beachtung. Die Indios brachten sie mit abfälligen Worten zum Schweigen.
    »Was haben sie gesagt?«, fragte Sebastián.
    »Dass ich als Mestizin nichts zu sagen hätte. Und du ebenso wenig.«
    »Sie halten mich für einen Mestizen?«
    »Ja. Ich habe ihnen erklärt, du seiest unserer Sprache nicht mächtig, und Qaytu könne nicht sprechen, weshalb ich das Wort ergriffen hätte. Aber es war ihnen egal, denn sie halten ihn für einen abtrünnigen Indio, ähnlich denen, die die bewaffneten Spanier hierhergeführt haben.«
    »Und die Männer von Carvajal und Montilla? Haben sie sie getötet?«
    »Ich weiß es nicht. Aber das werden wir gleich herausfinden. Schau, da kommt ihr Oberpriester.«
    Der Mann, der ihnen entgegenkam, schien seiner Haltung und Kleidung nach auf jeden Fall einen hohen Rang innezuhaben. Zornigen Blickes befahl er Umina, auf der Stelle zu schweigen, und begann in ihrem Beutel zu wühlen, in dem er den Obsidianspiegel entdeckte. Am meisten Beachtung schenkte er dem Blutknoten, der den Gegenstand zierte. Der Mann geriet erneut in Zorn und brüllte in Richtung eines der Häuser.
    »Ich hoffe, dein Talisman tut seine Wirkung«, sagte Sebastián. »Wir werden ihn nötig haben.«
    Schließlich trat ein Mann, der das Dorfoberhaupt zu sein schien, aus dem Haus. Der Priester redete auf ihn ein, doch der andere schien ihm gar nicht zuzuhören. Seine Augen waren starr auf Sebastián gerichtet. Er ging auf den Ingenieur zu und packte ihn am Kragen seines Hemdes, dessen Knöpfe beim Kampf mit den Indios aufgegangen waren.
    Alle waren überrascht. Doch der Häuptling ließ sich nicht beirren. Er riss das Kleidungsstück von oben bis unten entzwei.
    |441| Da wurde das rote Quipu sichtbar, das der Ingenieur um den Hals trug. Da begannen alle Umstehenden wie besessen zu heulen und ihre Waffen auf Sebastián zu richten.
    Diesem wurde augenblicklich bewusst, was das bedeutete.
    »Unsere Talismane haben sich gegen uns gerichtet!«, rief er Umina bestürzt zu. »Die Knoten in dem Spiegel und dem Quipu stellen eine Verbindung zu diesem Ort dar. Sie glauben, wir hätten Carvajal und Montilla als Führer gedient. Sie werden uns bezichtigen, Unheil über ihr Dorf gebracht zu haben.«

|442| Intihuatana
    A ls der Dorfobere den Blutknoten an dem Quipu betrachtet hatte, hob er seine Hände zu Sebastiáns Gesicht. Wie ein Blinder strich er langsam über dessen Züge.
    »Warum tastet er mein Gesicht ab?«, fragte Sebastián Umina besorgt.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Mich beunruhigt eher, was der Priester sagt.«
    Der Priester schien in ein heftiges Streitgespräch mit dem Anführer verwickelt zu sein, in das sich nun Umina mischte, woraufhin die beiden sich gegen sie wandten. Doch die junge Frau ließ sich nicht beirren.
    Sebastián versuchte, aus ihrem Tonfall zu schließen, worum es ging, was ihm aber nicht gelang.
    Auf den Befehl des Anführers hin führte man sie nun in einer Prozession zu einer Terrasse, die Teil der alten Inkastadt zu sein schien.
    »Ist das die ›Terrasse der Prüfung‹, das vorletzte
huaca?
«, fragte er Umina.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete sie, als sie auf gleicher Höhe mit ihm war. »Aber die Männer, die sie angegriffen haben, waren Carvajal und Montilla, so viel ist sicher.«
    »Und wie sind sie bis hierher gelangt?«
    »Sie wurden von abtrünnigen Indios geführt, die sich in der Gegend hier bestens auskennen. Offensichtlich waren sie so unvernünftig, das Auge des Inkas auf direktem Wege finden zu wollen.«
    |443| »Du hast ihnen vermutlich gesagt, dass wir nichts mit ihnen zu tun haben, oder?«
    »Ich habe ihnen klarzumachen versucht, dass diese Männer auch unsere Feinde sind. Aber sie haben mir kein Wort geglaubt. Wie du vermutet hast, haben die Blutknoten von meinem Spiegel und deinem Quipu uns zu Wissensträgern gemacht. Der Priester geht sogar so weit, zu behaupten, wir seien diejenigen, die das Ganze angezettelt hätten   … Der Dorfobere sieht das anders, er spricht nur von deinem Gesicht.«
    »Was hat denn mein Gesicht damit zu tun?«
    »Ich weiß es nicht. Doch er scheint uns im Gegensatz zu diesem Priester zumindest die Gunst des Zweifels zuzugestehen. Der Priester ist wütend. Er versichert, dass der Zeitpunkt

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