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Quipu

Quipu

Titel: Quipu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Vidal
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Cañizares, sprach nun vom Schatz der Inkas und erinnerte daran, dass die Inkas ihn nach Francisco Pizarros Sieg im Jahre 1533 versteckt hatten. Seine Nichte Francisca in ihrer Rolle der teuflischen Verführerin drängte ihn daraufhin, sie zu heiraten und eine eigene Dynastie zu begründen, um die sagenhaften Schätze |19| wiederzuerlangen. Das Theaterpublikum hielt die Luft an, als es diese kühnen Worte vernahm. Und erst recht, als die erste Mestizin herausfordernd verkündete:
    »Spanien, versuche ja nicht, mir die Herrschaft zu entreißen!«
    Im Saal begann man zu tuscheln. Das Unbehagen der Zuschauer war deutlich spürbar. Wieder richtete der Ingenieur sein Opernglas neugierig auf Umina. Niemand wirkte unruhiger als sie. Ich frage mich, ob der gerissene Floridablanca die Mestizin gerade deshalb präsentiert, um die öffentliche Meinung zu erkunden, überlegte Sebastián.
    Die junge Frau mochte dasselbe denken, vor allem da Pizarros Nichte nun die Stimme erhob und erklärte:
    »Sitzt du erst mal auf dem Thron   /​bringt man dir mit offner Hand   /​versteckte Gold- und Silberschätze   /​aus dem ganzen Land.«
    Sebastián senkte das Opernglas und blickte wieder hinunter auf die Bühne, wo der Theaterdirektor bis zur Rampe vorgetreten war, um seinen Worten mit ausgebreiteten Armen noch größeren Nachdruck zu verleihen. Im Saal hätte man eine Stecknadel fallen hören können, als er erklärte, eine Frau habe das Geheimnis dieser Schätze nach Spanien gebracht, auf einem Schiff, das vom Rumpf bis zu den Segeln schwarz gewesen sei wie die Nacht.
    Sebastián horchte auf. Die Verse, die Cañizares gerade deklamierte, hatten auf einmal eine andere Metrik.
    Auch Frasquita schien aufgefallen zu sein, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie hatte sich sein Opernglas genommen und drückte es ihm nun schnell in die Hand.
    »Sieh dir mal Floridablancas Gesicht an«, wisperte sie.
    Und tatsächlich: Die Miene des ersten Ministers hatte sich verzerrt, sodass die Falte zwischen seinen dunklen Augen noch tiefer geworden war, und er flüsterte mit Boncalcio, der ebenso besorgt wirkte wie er. Der Ingenieur wollte das Glas schon wieder sinken lassen, als er stutzte: Hinter den beiden stand auf einmal der alte Feind seiner Familie, der Marqués de Montilla. Durch Sebastiáns Opernglas wirkte sein zernarbtes Gesicht noch beunruhigender |20| als sonst. Was macht dieser Intrigant in der Ehrenloge?, fragte er sich, während er sich wieder zur Bühne wandte, wo die Schauspielerin, die Francisca Pizarro spielte, gerade hilflos zum Souffleur blickte, der ebenso perplex war wie sie.
    Cañizares schien das jedoch nichts auszumachen, er übernahm einfach auch ihren Part, und das mit Versen, die ebenso wenig nach dem Original klangen. In seiner Rolle als Gonzalo Pizarro fragte sich der Theaterdirektor laut, wie die Inkas das Geheimnis ihrer Schätze wohl weitergegeben hätten, da sie doch keine Schrift gekannt hätten, um sich gleich darauf selbst die Antwort zu geben, dass dies mithilfe von Schnüren und Knoten geschehen sei. Und wer dies nicht glaube, dem werde er es beweisen, sobald man das neue Bühnenbild aufgebaut habe, das jenen Ort naturgetreu nachbilde, wo sich die Schätze befänden:
    »Im Auge des Inkas!«, schloss Cañizares in theatralischem Ton, bevor der Kulissenschieber den Vorhang fallen ließ.

|21| Das Duell
    I m Foyer waren aufgeregte Stimmen zu hören, als Frasquita an Sebastiáns Arm zur Pause aus ihrer Loge trat. Überall standen die Theaterbesucher in Grüppchen zusammen und besprachen den rätselhaften Monolog des Theaterdirektors.
    Und auch Sebastián ging er nicht aus dem Kopf. Von was für einem schwarzen Schiff war da die Rede gewesen? Was meinte er mit den Schnüren und Knoten, die angeblich zu den versteckten Schätzen der Inkas führten? Waren das Verse seines Vaters gewesen? Und falls ja, was hatte ein Fonseca mit all dem zu tun? Während er sich den Kopf darüber zerbrach, schlenderte der Marqués de Montilla vorüber. Sebastiáns Miene verfinsterte sich noch mehr.
    Ihre beiden Familien waren seit dem Erbfolgekrieg miteinander verfeindet, nichtsdestotrotz hatten sie als Kinder zusammen gespielt bis zu jenem Tag, an dem der kleine Marqués während eines Gerangels Sebastián in einen Feigenkaktus werfen wollte und dabei selbst kopfüber in die Dornen fiel. Seitdem hegte Montilla einen tödlichen Hass auf ihn, hatte er von dem Unfall doch unzählige Narben zurückbehalten.
    Normalerweise gingen sie sich aus

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