R4ge Inside
bewegt. Mason glaubte, dass das Bein des Mannes einmal gezuckt hatte, aber er war sich nicht sicher.
Es war kühl. Mason hauchte ein paarmal in die Luft, um herauszufinden, ob er seinen Atem sehen konnte. Negativ. Er steckte die Hände in die Tasche und lehnte sich wieder mit dem Kopf an den Zaun.
»Wer von uns beiden hatte diese brillante Idee noch mal?« Obwohl er leise sprach, hörte sich seine Stimme an wie ein Schuss, der durch den Raum peitschte.
»Du, glaube ich«, erwiderte Daniel. Auch er hatte sich an die Wand seiner Zelle gelehnt, nur etwa zwei Meter von ihm entfernt. Gedankenverloren tippte er mit dem Fuà auf den Boden. »Aber ich weià noch, dass ich gesagt habe, wir sollten uns nicht erwischen lassen.«
»Ich bin froh, dass du es so locker nimmst.«
»Innerlich zittere ich wie Espenlaub. Glaub mir â Gänsehaut, hysterische Anfälle, die ganze Palette.« Daniel beugte sich vor und sah Mason lange an. Er hob die Hand vors Gesicht und lieà seine Finger leicht zittern. »Jetzt mal im Ernst. Du weiÃt, dass sie uns nicht wieder gehen lassen, stimmtâs?«
Mason wandte sich ab, und das erste Paar Augen, dessen Blick ihn traf, gehörte zu einem jungen Mädchen im Teenageralter. Ihre Haare waren lang und verfilzt, die Brille saà schief. Obwohl ihr Gesicht schmutzverkrustet war, konnte er erkennen, dass sie früher einmal sehr hübsch gewesen war. Sie wäre ihm vermutlich aufgefallen, wenn sie in der Schule an ihm vorbeigelaufen wäre. Jetzt hatte sie eingefallene Wangen und Schatten unter Augen, in denen die nackte Angst stand. War sie gefangen genommen worden oder hatte sie den Durchsagen der weiÃen Transporter geglaubt und war freiwillig hergekommen? Es war bestimmt ganz einfach gewesen. Sie war vermutlich völlig verängstigt und halb verhungert gewesen und hatte sich nicht länger verstecken wollen. Und dann hatte sie sich eingeredet, dass das Angebot der Hetzer ehrlich gemeint war. Mason machte den Mund auf, um etwas zu ihr zu sagen, doch ihm fiel kein einziges Wort ein, das nicht falsch oder herablassend geklungen hätte. AuÃerdem saà sie ein paar Käfige weiter. Er wusste ja nicht einmal, ob sie ihn hören konnte.
»Und was machen wir jetzt?« Mason musste schlucken. Sein Mund war staubtrocken.
»Die Nerven behalten«, sagte Daniel. »Wir dürfen ihnen nichts sagen. Vor allem nichts von den anderen. Wenn sie herausfinden, wo Aries wohnt, werden sie sie töten. Sie werden sie alle töten. Oder noch Schlimmeres mit ihnen machen.«
»Glaubst du wirklich, ich würde etwas so Dummes tun?«
»Ja.«
Mason stieg das Blut in die Wagen. Er ballte die Finger zur Faust. »Ich würde nie etwas tun, das Aries schaden könnte, das weiÃt du. Wenigstens habe ich so viel Anstand, bei ihr zu bleiben. Du bist ja nie da, wenn sie dich braucht.«
Mason konnte erkennen, wie zwei Käfige weiter Daniels Augen zu schmalen Schlitzen wurden. »Du hast doch keine Ahnung«, widersprach Daniel. »Ich bleibe weg, um sie zu schützen.«
»Um sie zu schützen?« Es war unmöglich, nicht lauter zu werden. »Vor was? Wie?«
»Das wirst du schon noch sehen.«
Eine lange Pause entstand, in der sich beide weigerten, einander anzusehen. Mason konzentrierte sich auf den Maschendrahtzaun. Das war einfacher, als die anderen Leute ohne Hoffnung anzustarren.
»Es spielt keine Rolle«, sagte Daniel schlieÃlich. »Wenn sie es herausfinden wollen, gelingt ihnen auch das. Daran können weder du noch ich etwas ändern. Sie schaffen es irgendwie, in deinen Kopf zu kommen.«
Mason hob den Kopf, als er Schritte hörte. Vier Hetzer, alle mit Schlagstöcken ausgerüstet, kamen den Gang herunter. Mason wusste sofort, dass sie Daniel und ihn holen wollten. Es überraschte ihn nicht, als sie an seinem Käfig stehen blieben. Der Kleinste von ihnen steckte einen Schlüssel in das Vorhängeschloss und zog die provisorische Tür zurück.
»Komm mit«, sagte er.
Mason rührte sich nicht vom Fleck.
Zwei der gröÃeren Hetzer betraten den Käfig, rissen Mason an den Armen hoch und zerrten ihn hinaus. Es geschah so schnell, dass er keine Zeit hatte zu reagieren. AuÃerdem war er klug genug zu wissen, wann er sich einen Kampf sparen konnte. Alle vier sahen aus, als würden sie nur darauf warten, dass er sie angriff. Einer von ihnen hielt den
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