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Rabenblut drängt (German Edition)

Rabenblut drängt (German Edition)

Titel: Rabenblut drängt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hotel
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dass sie die Möglichkeit hatte, mir das Fell zu gerben.«
    »Ist sie wütend auf dich?«
    »Eventuell könnte sie eine begründete Wut auf mich haben. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie sogar über alle Maßen empört ist. So würde sie es zumindest ausdrücken.«
    »Nicht nur sie. Du würdest es auch so sagen.«
    »Ja.«
    »Du scheinst ihr sehr ähnlich zu sein.«
    »Bin ich etwa streng?«  
    »Manchmal.«
    »Tatsächlich?«
    »Du hebst dann eine Augenbraue an. Das reicht meistens schon aus, damit man sich respektvoll zurückzieht.«
    »Schade, dass ich davon noch nichts bemerkt habe. Aber jetzt, wo ich es weiß, werde ich den Blick gleich bei ihr ausprobieren.«
    »Du sprichst nur von deiner Oma, was ist denn mit deiner Mutter?«
    Einen kurzen Moment hielt ich den Atem an. Das war eine berechtigte Frage, trotzdem fühlte ich mich überrumpelt.
    Außerdem war das ein Thema, über das ich nicht gerne sprach. Es war nicht einfach zuzugeben, dass die eigene Mutter einen verlassen hatte, weil sie einen fürchtete. Und dieser Abend hatte wahrlich schon genug Geständnisse gebracht.
    »Es gibt keine«, sagte ich etwas barsch.
    Jetzt hob sie ihre Augenbrauen an und versuchte streng auszusehen. »Das ist doch Blödsinn.«  
    »Du musst dich für heute aber mit dieser Antwort zufriedengeben.«
    Auf ihrer Stirn hatte sich eine steile Falte gebildet.
    »Da kommt Lara mit einem gutaussehenden, jungen Kerl angerauscht«, warf ich schnell ein. »Er sieht dir ziemlich ähnlich. Warum ist Jaro das nicht direkt aufgefallen? Mir sagte er, du hättest dich mit einem fremden Mann getroffen, und dass ihr sehr vertraut schient.«
    »Hat er das gesagt?« Isabeau lächelte süß.
    »Hat er.« Ich konnte selbst das Knurren in meiner Stimme hören und ärgerte mich darüber. »Ich vermute stark, dass er das mit Absicht getan hat. Dabei ist doch offensichtlich, dass ihr einer Familie angehört.«
    »Jaro weiß eben, dass er sich mit seiner Fritten-Frau gutzustellen hat.«
    »Seiner was?«
    »Ach nichts.« Sie schlang plötzlich die Arme um meinen Hals. »Küss mich, bevor sie da sind.«
    »Aber -?«
    »Küss mich einfach«, sagte sie und presste ihre Lippen auf meine. »Lass mich nicht so lange auf dich warten, bitte. Sonst denke ich am Ende, dass es doch nur ein Traum war.«
    Ich nickte benommen. Es fiel mir ohnehin schwer genug zu gehen.
    »Warte, dein Jackett«, sagte sie und streifte es sich von den Schultern. Ich nahm es an mich und verschwand ohne ein weiteres Wort die Straße hinunter.
     
    Das Rudolfinum erreichte ich nach wenigen Minuten. Aber es war für Besucher bereits geschlossen. Also machte ich mich zu Fuß auf den Weg. Nikolaus war sicher bereits zuhause. Vielleicht hatte er mit dem General gesprochen und eine Nachricht für mich erhalten.
    Wie einfach wäre es jetzt, die Flügel auszubreiten und zu ihm zu fliegen. Doch heute genoss ich es, den Weg mit meinen Füßen zurückzulegen. Ich fühlte mich lebendig und sehr menschlich.
    Die Straßen waren verlassen und hier in der Altstadt durch den zahlreichen Weihnachtsschmuck erleuchtet. Mir war nicht kalt. Zwar konnte ich deutlich meine Atemluft sehen, aber innerlich war mir so warm, als pulsierte mein Blutfluss in zwei Bahnen.
    Als ich in Nikolaus Straße einbog, sah ich mitten auf der rechten Spur einen fremden Wagen. Im Vorbeigehen fiel mir auf, dass die Heckscheiben dunkel getönt waren, und nachdem ich nur wenige Schritte daran vorbeigegangen war, startete der Motor. Mein Weg wurde von den aufstrahlenden Scheinwerfern erhellt. Der Wagen rollte langsam an, und gerade, als ich Nikolaus’ Wohnhaus erreicht hatte, hielt er und eines der elektrischen Fenster senkte sich summend herab.
    Ich wurde unruhig. Hatte mein Auftritt heute Abend etwa so schnell seine Wirkung erzielt? Ich wollte Nikolaus nicht in Schwierigkeiten bringen und überlegte fieberhaft, wo ich in Deckung gehen könnte. Ich lief an Nikis Haus vorbei und der Wagen rollte wieder an. Was war das für ein Spiel? Langsam kochte Wut in mir hoch.
    Man würde mich doch wohl nicht einfach so, mitten auf der Straße angreifen, überlegte ich, doch im selben Moment wurde mir bewusst, dass es bei Arweds Vater genau so gewesen war. Der Wagen glitt an mir vorbei und das Fenster surrte wieder nach oben. Ein paar Meter weiter, blieb er wieder stehen und der Motor erstarb. Ich lief nach vorne zur Fahrerseite und riss mit Schwung die Türe auf.
    »Was zum Teufel wird das hier?«, knurrte ich ins Innere. Die Beleuchtung war beim

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