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Rabenblut drängt (German Edition)

Rabenblut drängt (German Edition)

Titel: Rabenblut drängt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hotel
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ausdrucksvoller als damals. Ich glaube wirklich, du bist bereit für › Rach drei ‹.«  
    Ich schüttelte den Kopf. »Auch wenn ich dich damit schockiere, aber das dritte Klavierkonzert von Rachmaninov habe ich schon gespielt.«
    Nikolaus stand vor mir, den Mund aufgeklappt, und machte schnappartige Geräusche.
    Katharina zwickte ihren Mann in die Seite. »Bekommen wir jetzt jeden Tag Gratiskonzerte zu hören?«
    »Versuch mal mich davon abzuhalten«, schlug ich ihr fairerweise vor.
    »Niemals«, sagte sie.
    Nikolaus bleckte albern die Zähne. Seine Lippen formten stumm das Wort ›Nevermore‹. Er beugte sich vor und umarmte mich.
    »Dafür werde ich mich bitter rächen«, flüsterte er mir ins Ohr.
    »Wofür?«
    »Gott im Himmel, du hast mein Weltbild zerstört! Aber warte nur, ich werde mich bald revanchieren.«
    »Was hast du vor?«
    »Ich habe dir noch eine Kriegsbemalung versprochen, oder?«
     
    Bereits zum dritten Mal presste er mir die Flasche an die Lippen.
    »Na los, nimm einen kräftigen Schluck.«
    »Niki - hör auf. Du weißt doch, dass ich dieses Zeug nicht ausstehen kann. Außerdem vertrage ich nicht besonders viel.«
    »Das ist ja gerade Sinn und Zweck der Übung.«
    Seit Stunden waren wir schon in der Stadt unterwegs. Er hatte es genossen, mich durch diverse Geschäfte zu schleifen und mit, wie er es nannte, standesgemäßer Kleidung einzudecken. Allein dieses Wort löste bereits Abneigung in mir aus. Aber ich kannte ihn gut genug, um meine Energien nicht sinnlos zu vergeuden, also schluckte ich den Wodka tapfer hinunter. Er brannte wie Spiritus in meiner Kehle und schmeckte auch nach mehreren Schlücken nicht wirklich besser. Todesmutig trank ich weiter.
    »Hast du Aspirin dabei?«, fragte ich zwischendurch, aber Nikolaus lachte nur zur Antwort.
    »Wenn das deine Rache sein soll, dann verspreche ich dir, dass sie sich zur Vendetta ausweiten wird!« Ich fluchte, schluckte und stieß auf.
    »Verzeihung.«
    Nikolaus verschloss endlich die Flasche.
    »Das genügt. Jetzt bist du reif.«
    »W-w-woff. W-ofür?«, stammelte ich.
    Er gab keine Antwort, legte bloß meinen Arm um seine Schultern, um mich zu stützen. Schnell breitete sich der Alkohol in meiner Blutbahn aus, und ich meinte förmlich zu spüren, wie die einzelnen Gehirnzellen platzten.
    »Du bist richtig gut drauf, ja?« Nikolaus grinste so breit, dass ich seine Plomben sehen konnte.
    »Ja, aber ich trau dir nicht mehr über den Weg! Wohin gehen wir überhaupt?«
    »Nur zu einem alten Kumpel von mir.«
    »Was für ein Kumpel?«, wollte ich wissen. »Ein Kollege aus der Philharmonie?«
    »Nicht ganz.«
    »Also kein Musiker?«
    »Naja. Er summt manchmal.« Nikolaus lachte herzhaft.
    »Ich würde ja gerne mitla-la- lachen.« Der Wodka stieß mir bitter brennend in der Kehle auf. Angestrengt versuchte ich, die Augen aufzuhalten.
    »Komm, gib dir ein bisschen Mühe, und lass dich nicht so hängen. Wir sind gleich da.« Er führte mich eine enge Gasse entlang. Es war schon dunkel. Jedes Mal, wenn wir eine Straßenlaterne passierten, dampfte mein Atem weiße Wattewölkchen in die Luft.
    »Huuh«, pustete ich geräuschvoll aus. Die Wölkchen verwandelten sich in Rauchsäulen. »Huuuuh.«
    »Hör auf mit dem Quatsch! Vielleicht hätte ich besser auch was von dem Zeug genommen. Dich kann man ja gar nicht ertragen!«
    Ein Lachen bahnte sich den Weg aus meiner Kehle.
    »Gott, benimm dich wie ein Mann! Sei nicht so albern!«, sagte Nikolaus streng. Ich richtete mich steif auf, salutierte gehorsam und stieß erneut auf.
    »Pardon.«
    »Hör auf damit! Seit wann entschuldigt sich ein Kerl, wenn er mal rülpsen muss?«
    »Kann ich dir nicht sagen. Raben rülpsen so selten.«
    »Du bist jetzt aber kein Rabe, mein Freund! Wir werden dich jetzt in Kampfstimmung bringen, damit eure Feinde mal gehörig eins aufs Maul kriegen.«
    »Ich bin nicht so der k-körperliche Typ«, wandte ich ein.
    »Weil dir nur die richtige Stimmung fehlt. Deshalb ja die Kriegsbemalung.«
    Er schnaufte, zog mich ein paar Stufen herunter und stieß mit der Schulter gegen eine vergilbte Glastür, an der einige Poster hingen. Der Raum war so dunkel, dass ich mit der Hand vor meinen Augen wedelte, weil ich meinte, den Nebel vertreiben zu müssen. Nikolaus sprach mit jemandem, und ich wurde auf einen Hocker gesetzt.
    Ich wollte mich gemütlich nach hinten lehnen, aber da war keine Lehne.
    »He, Kumpel! Pass auf, wo du hinfällst«, sagte eine Männerstimme. »Der ist ja völlig

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