Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin
beide ausgeschlafen und erholt seid. Jetzt lege dich auch zum Schlafen nieder, Tochter.«
Verärgert, dass er dieses wichtige Thema so einfach vertagte, sah sie sich in der Hütte um. »Ich sehe keinen weiteren Schlafplatz«, erklärte sie trotzig. »Wo soll ich hin?«
Das Lächeln im Gesicht des Barden wurde breiter. »Lege dich dort nieder, wo es dein Herz wünscht.«
»Raven ist nackt!«, platzte es aus Kara heraus. Sie war weniger empört über den Vorschlag als über die Tatsache, dass Jorin scheinbar ihre geheimsten Wünsche kannte.
»Es wird nichts geschehen, was deine Ehre in Frage stellt.«
Kara starrte ihn an und dann sanken ihre Schultern herab. Also hatte Menwin recht gehabt! Trotz ihrer guten Vorsätze stimmte sie dieses Wissen traurig. Ihre Verbindung mit Raven würde somit immer kinderlos bleiben und – wenn sie den Aussagen der verheirateten Frauen glauben durfte – um einige eheliche Freuden ärmer.
Jorins schallendes Lachen riss sie aus ihren trüben Gedanken. »Nicht alles, was der Hauptmann von sich gegeben hat, entspricht der Wahrheit, Kara.« Er zwinkerte ihr zu. »Nach der anstrengenden Heilung ist Raven erschöpft und wird tief schlafen, und du ebenso. Ab morgen Nacht«, setzte er amüsiert hinzu, »kann ich nicht mehr gestatten, dass ihr beieinander schlaft, sonst bekomme ich Ärger mit der Göttin.«
Kara schnaubte ungehalten, gleichzeitig durchlief sie eine Welle der Erleichterung. Eilig zog sie ihre Schuhe aus und schlüpfte zu Raven unter die Decke. Die Nächte neben ihm zu verbringen hatte sie vermisst, und seit sie ihn am Waldsee mit freiem Oberkörper gesehen hatte, waren in ihr die seltsamsten Begehrlichkeiten erwacht ... Doch was die heutige Nacht betraf, würde Jorin wohl recht behalten. Ihr Körper verlangte dringend nach Schlaf – Ravens bloße Nähe war ihr für heute genug.
Sie beugte sich zu ihm und hauchte einen Kuss auf seine Wange. »Ich bin wieder bei dir, mein Geliebter«, murmelte sie, »und werde dich niemals mehr verlassen.« Eng schmiegte sie sich an Raven heran und schlang ihren Arm um ihn. Sie spürte, wie seine Atmung ruhiger wurde und sein Körper sich entspannte. Lächelnd schloss Kara die Augen. Ihre Hände hatten seinen Körper zu heilen vermocht und mit ihrer Liebe würde sie die Wunden seiner Seele schließen.
»Schlafe tief, meine Tochter«, raunte Jorin ihr zu. »Ich wache über euch. Niemand wird eure Träume stören.«
Als Kara aufwachte, benötigte sie einen Moment, bis sie wieder wusste, wo sie war – und warum. Alle Muskeln ihres Körpers schmerzten, es würde wohl noch einige Tage dauern, bis die Folgen der Heilung abgeklungen waren. Langsam richtete sie sich zum Sitzen auf. Raven neben ihr schlief noch und schien zu träumen. Er bewegte sich unruhig, seine Lippen formten unverständliche Wörter und sein Gesichtsausdruck war angespannt. Hoffentlich hatte sie bei der Heilung keinen Fehler gemacht und er litt nun an Wundfieber. Eilig legte sie ihre Hand auf seine Stirn. Sie war verschwitzt, aber kühl. Also doch nur Albträume, aus denen er bestimmt bald erwachen würde.
Zärtlich strich sie mit den Fingern die Konturen seines Gesichts nach, dann sah sie sich suchend nach Jorin um. Die Fensterläden waren geschlossen und der Raum wurde nur vom Licht einer Kerze erhellt. Es dauerte einen Augenblick, bis sie den Barden am Tisch sitzend entdeckte. Als er ihren Blick bemerkte, lächelte er sie freundlich an.
»Guten Morgen, Kara. Wie fühlst du dich?«
»Soweit ist alles in Ordnung. Soll ich Raven wecken?«
»Nein, wir warten besser, bis er von selbst erwacht.« Er schien über etwas nachzudenken, dann erhob er sich entschlossen von seinem Stuhl. »Ich muss kurz fort, werde aber bald wieder zurück sein«, erklärte er. »Iss und trink am besten gleich etwas, damit du rasch wieder zu Kräften kommst.«
Kara nickte und stand vorsichtig vom Bett auf. Auf wackeligen Beinen ging sie zum Tisch. Jorin betrachtete sie kritisch dabei.
»Es geht mir gut«, beruhigte sie ihn. »Und sobald ich gefrühstückt haben werde, vermutlich noch besser.«
Der Barde zögerte, dann wandte er sich zur Tür und verließ das Steinhaus.
Karas Magen knurrte, sie griff sogleich zu Käse und Brot. Das Essen weckte tatsächlich ihre Lebensgeister, und nach Beendigung der Mahlzeit fühlte sie sich angenehm satt und gestärkt. Unschlüssig sah sie sich um. Was sollte sie tun, bis Raven erwachte oder Jorin zurückkam?
Ein sehr menschliches Bedürfnis beantwortete
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