Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin
sich auf. Seine Augäpfel tanzten irre, bevor er sie für immer schloss.
Entsetzt blickte Raven auf den toten Herrscher herab. Heron war für Wegons Tod verantwortlich. Er hatte sich selbst gerichtet und sich dadurch einer Bestrafung entzogen. Auch der Mord an Kara würde für immer ungesühnt bleiben.
Ein Krachen ließ Raven herumfahren. Die Flügel des Tempelportals flogen auf und ein Krieger stürmte herein.
»Yldas Truppen kommen!«, schrie der Mann im Laufen. »Wie lauten unsere Befehle?«
»Geht auf eure Plätze und macht euch bereit!«, Menwin schritt dem Mann entgegen. »Der Fürst und ich werden gleich zu euch stoßen und die Verteidigung führen.«
Der Krieger nickte seinem Hauptmann zu, machte kehrt und rannte wieder aus dem Tempel hinaus.
Raven ging zu Menwin und packte ihn am Arm. »Was soll das?«, fuhr er ihn an. »Heron ist tot, wir müssen nicht mehr kämpfen!«
»Damit Ylda ungehindert in Sarwen einmarschiert, die Silberminen plündert und die Menschen unterjocht?« Aufgebracht sah der Hauptmann ihn an. »Du bist der neue Fürst, Raven! Stell dich deiner Verantwortung und kämpfe!« Er machte eine weitläufige Handbewegung. »Jeder in dieser Halle hat Herons Mordgeständnis gehört, jeder hat gesehen, dass du der wahre Erbe Wegons bist, jeder wird dies vor dem ganzen Volk bezeugen – mich eingeschlossen! Ich habe meine Treue dem Thron von Sarwen geschworen, meine Loyalität gilt fortan dir!«
Du bist der neue Fürst. Raven starrte Menwin an. So unglaublich es war, der Hauptmann hatte recht: Durch Herons Tod war er zum rechtmäßigen Herrscher der Sarwen geworden. Es blieb ihm jedoch wieder keine Zeit, über diese ungeheuerliche Tatsache nachzudenken, denn Menwin sprach eindringlich weiter.
»Ylda wird die Sarwen versklaven, damit diese für sie in den Minen arbeiten. Und du wirst der Erste sein, den sie ins Bergwerk schickt!« Seine Stimme nahm einen beschwörenden Klang an. »Die Göttin hat dir Macht geschenkt, Raven – nutze sie! Nimm die Herausforderung an, damit deine Vorfahren stolz auf dich sein können.«
Der Hauptmann trat einen Schritt beiseite und gab den Blick auf Karas Leichnam frei. »Eröffne den Kampf, der längst unvermeidbar geworden ist. Zu Verhandlungen wird Ylda niemals bereit sein, nachdem Heron ihre Tochter getötet hat«, gab er zu bedenken. »Wir zünden die Leuchtfeuer an, die wir errichtet haben, um unsere Verstärkungstruppen zu rufen, die sich in den Wäldern verbergen.« Er lächelte grimmig. »Ringe Ylda zu Boden, so wie es die Prophezeiung will, wie es die Göttin will. Du hast einst gesagt, du wolltest Krieger sein. Beweise, dass du einer bist!«
Menwins Worte klangen in Ravens Ohren wider, er ballte die Hand zur Faust. Ylda hatte ihn gequält und bis zum Tod gemartert. Welch Genugtuung würde es sein, als Herrscher von Sarwen vor sie zu treten und sie in der Schlacht zu vernichten?
Sein Herzschlag beschleunigte sich und der Rausch, dem er im Kampf gegen Heron verfallen war, kehrte zurück. Er hatte den Fürsten besiegt und er würde Ylda besiegen. Das Volk würde ihm zujubeln, ihn als den neuen Herrscher feiern und huldigen. Ein Leben, das er sich in seinen kühnsten Träumen nicht hatte vorstellen können, lag greifbar nah! Er musste nur die Hand ausstrecken ...
Kara war tot.
Wie ein Faustschlag brachte ihn dieser Gedanke wieder zur Besinnung. Kein Sieg der Welt würde sie ihm zurückbringen. Keine Macht konnte groß genug sein, um jemals die Leere in seinem Inneren zu füllen. Egal wie herrlich sein Leben auch werden konnte – ohne Kara war es sinnlos.
Raven schüttelte den Kopf. Es war Karas Bestreben gewesen, einen Krieg zwischen Sarwen und Torain zu verhindern, um den Tod von den Menschen fernzuhalten, die sie liebte. Was würde sie sagen, wenn er sich in diese Schlacht stürzte?
Der Krieg ist nicht mehr zu verhindern , erklang eine Stimme in seinem Ohr. Außerdem ist es deine Bestimmung, die Feinde Sarwens zu zerstören. Erfülle sie, sonst stirbst du in Blut und Asche, wie dein Vater und dein Bruder.
Raven schloss die Augen und sein bisheriges Leben raste an ihm vorbei: seine Kindheit in der Grubensiedlung, die Arbeit im Bergwerk, seine Reise mit Kara, die Folterkammer Tharwyns, die Erkenntnis um seine Herkunft und die Worte der Prophezeiung ...
Vereint in Feuer und Flammen
Werden sie zusammenkommen
Und alle Feinde verbannen.
Doch wird es die Tat des Sohnes sein,
Nicht die des Vaters:
Vom Element des Feuers unversehrt
Erringt Wegons Erbe
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