Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin
Prophezeiung?« Amartus‘ Augen weiteten sich. »War das der Grund für Herons Feldzug nach Torain – nicht die Bedrohung durch Fürstin Ylda, wie er im Volk hat bekanntmachen lassen?«
Raven nickte. »Er will unbedingt mehr über die Weissagung herausfinden und hat den Tempelherrn zu Rate gezogen. Aber dieser konnte ihm nicht weiterhelfen und ...«
»Heron hat die Seherin ins Feuer blicken lassen«, beendete Amartus seinen Satz. »Dann hat er seine Antworten doch erhalten. Warum schickt der Fürst dich nun zu mir?«
»Die Seherin ist geflohen, bevor Heron sie befragen konnte. Ich soll sie ihm zurückbringen. Vorher wollte ich wissen, wovon die Prophezeiung handelt, weil ich ein schlechtes Gefühl bei der Sache habe.«
Erstaunt sah Kara Raven an. Es war ihm tatsächlich um die Wahrheit gegangen, wie sie sich in ihrer Weinseligkeit eingeredet hatte, und nicht darum, Heron gegenüber irgendwelche Vorteile zu erlangen.
Auch Amartus schien von Ravens Worten überrascht, nahezu entsetzt. »Die junge Frau hier ist die Seherin?«, keuchte er. »Du hast sie entführt?«
»Nicht entführt«, widersprach Raven. »Ich habe Kara auf ihrer Flucht gefangen und entschieden, erst Licht in das Dunkel der Prophezeiung zu bringen.«
»Ich bin nicht freiwillig mit ihm gekommen«, beeilte sich Kara klarzustellen. Amartus musste nicht glauben, sie unterstütze Raven in seinen Plänen.
Der Hüter achtete nicht auf ihren Einwand. »Wird Heron deine eigenmächtige Entscheidung gutheißen?«, sorgte er sich.
»Er wird es nicht erfahren«, erklärte Raven. »Deshalb auch meine Eile.« Er beugte sich über den Tisch zu dem Hüter. »Was besagt die Prophezeiung, Amartus? Und warum hast du sie mir verschweigen, wenn du mir sonst jede Legende erzählt hast?«
»Weil ich nicht befugt war, sie dir mitzuteilen.« Er sah sich in der Hütte um. »Wo ist Gorik?«
»Er ist vor zwei Tagen davongeflogen, aber das ist jetzt nicht weiter wichtig«, erklärte Raven ungeduldig. »Wirst du mir die Worte der Weissagung wiedergeben?«
Auch Kara betrachtete den Hüter gespannt. Doch Amartus sah nicht so aus, als wolle er das Geheimnis preisgeben. »Ich soll dir etwas ausrichten«, sprach sie ihn zögernd an, »von einem Barden namens Jorin. Er sagte, du sollst dir keine Sorgen machen, die Zeit wäre nun gekommen.«
»Seltsam«, sagte Amartus. »Ich kenne niemanden, der Jorin heißt.« Nachdenklich starrte er auf die Tischplatte.
Raven hingegen warf ihr einen bösen Blick zu. »Du hast dem Barden das Ziel unserer Reise verraten?«
»Nein«, erwiderte sie empört. »Ich dachte, er wüsste es von dir!«
»Raven.« Amartus hatte sich aus seinen Überlegungen gelöst und sein Gesicht hatte einen ernsten Ausdruck angenommen. »Die Prophezeiung zu hören wird dir nichts nutzen, denn nicht einmal Wegon und Heron ist es gemeinsam mit ihren Beratern gelungen, sie zu entschlüsseln.«
»Das ist mir bewusst«, erklärte dieser gereizt, »trotzdem frage ich dich.« Abrupt erhob er sich vom Tisch. »Wenn du mir nicht helfen willst, sag es. Dann brauche ich hier nicht länger meine Zeit zu verschwenden.«
»Setz dich wieder«, wies Amartus ihn an. »Ich werde dir die Worte verraten. Scheinbar ist der Augenblick dafür da, wenn ich die Nachricht richtig verstanden habe. Wie du die Weissagung deuten willst, liegt an dir.«
Der Hüter schloss die Augen, und Kara hielt den Atem an. Nur das Knistern des Feuers in der Kochstelle und das ferne Rauschen des Flusses waren zu vernehmen. Auch Raven, der wieder am Tisch Platz genommen hatte, wagte kaum, Luft zu holen.
»Als Fürst Wegon den Thron bestieg, hat er meinen Rat gesucht«, begann der Hüter leise. »Er wollte wissen, was ihn in seiner Regentschaft erwartet. Da er sich im Krieg mit Fürstin Ylda befand, konnte er nicht zum Tempel gehen. Meinen Vorschlag, Frieden mit der Fürstin zu suchen, um die Seherin dort befragen zu dürfen, lehnte er ab. Ich habe mich lange geweigert, Wegons Wunsch nachzugeben, doch er hat mich immer wieder gedrängt, bis ich schließlich einwilligte – was ich heute noch bitter bereue.«
Amartus seufzte. »Ich zog mich in die Tiefen des Waldes zurück und die Göttin in ihrer Gnade sprach zu mir. Es waren keine klaren Bilder und Botschaften, so wie du sie empfängst, Seherin«, er lächelte ihr zu, »sondern Worte in rätselhafter Bedeutung. Allerdings war Wegon überzeugt, zu wissen, was sie besagten ... und handelte danach.« Ein Schatten trat in seine Augen.
Raven räusperte
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