Rabenfeuer - Die Flammen der Goettin
untergekommen.«
»Dann lass uns danach Ausschau halten.« Er trieb sein Pferd vorwärts und sah sich suchend um. »Da vorne!«, rief er nach einer Weile, deutete auf eine dunkle Stelle im Gestein und ließ sich vorsichtig aus dem Sattel gleiten.
Kara saß ebenfalls ab und führte ihr Pferd zu ihm. »Tatsächlich, ein Eingang – wie gut! Lass uns hineingehen.« Sie machte einen Schritt auf die Höhle zu.
»Warte!« Er fasste sie am Oberarm und hielt sie zurück. »Wir müssen sichergehen, dass kein Bär darin wohnt. Ich werde ...«
» Du wirst gar nichts!« Ein bewaffneter Mann trat aus dem Höhleneingang, begleitet von einem Dutzend Kriegern mit gespannten Bogen. »Nimm sofort deine Finger von ihr oder die Pfeile meiner Männer durchbohren dich!«
Völlig überrumpelt ließ Raven sie los. Der Mann wandte seine Aufmerksamkeit ihr zu und deutete eine Verbeugung an. »Ich bin froh, Euch gefunden zu haben, Prinzessin Karasanda. Die Fürstin wird überglücklich sein. Nachdem ihre Späher vom Überfall auf den Tempel berichteten, hegte sie die Hoffnung, dass Ihr entkommen konntet.«
»Prinzessin Karasanda?« , erklang Ravens ungläubige Stimme.
Kara senkte den Kopf, trotzdem spürte sie seinen brennenden Blick. Langsam drehte sie sich zu ihm um. »Ja«, sagte sie unglücklich. »Ich bin Yldas jüngste Tochter.«
17
»Raven hat dich im Kampf geschlagen und ist mit der Seherin geflohen?« Herons Wangenmuskel zuckte. Er musterte seinen Hauptmann verächtlich, der mit verbundenem Arm und Oberschenkel vor ihm im Schreibzimmer des Tempelherrn stand. Jeden anderen hätte er längst einen Kopf kürzer machen lassen, aber Menwin war einer der wenigen, denen er vertraute – oder besser gesagt: weniger misstraute.
»Verzeiht mein Versagen, Herr! Ich habe geglaubt, dieser Krüppel sei im Fluss ersoffen«, erklärte Menwin mit ungewöhnlich demütiger Stimme. »Der Kerl scheint mehr Leben zu haben als eine Katze!«
»Ich habe ihn ebenfalls unterschätzt«, gab Heron widerwillig zu. »Er kann nicht nur reiten, sondern ist auch im Schwertkampf ausgebildet.« Den halb lahmen Wasserknecht bei der Erstürmung des Tempels kämpfen zu sehen, hatte ihn mehr beeindruckt, als er zugeben wollte. Doch statt seiner Bewunderung hätte es seinen Argwohn heraufbeschwören müssen, wie er nun wusste. »Eines ist nun offensichtlich«, fuhr er fort. »Raven ist Yldas Mann.« Den Verdacht, er könnte noch weitaus mehr sein, behielt er weiterhin für sich.
»Habt Ihr schon gehört, ob die Fürstin mit ihrem Heer auf den Tempel marschiert, Herr?«, erkundigte sich Menwin.
»Nein, meine Späher haben noch nichts gemeldet. Ich rechne allerdings stündlich damit, dass Ylda ihre Burg verlässt.«
Die Stirn seines Hauptmannes legte sich in Falten. »Ohne die geheimnisvolle Waffe, welche die Prophezeiung Euch verheißt, wird ein Sieg über die Streitkräfte Torains schwer werden.«
»Ja, wir brauchen die Seherin zurück«, erwiderte Heron und verbarg seine Missbilligung über das Versagen seines Gegenübers nicht. »Ich vermute, sie wird nach Tharwyn, Yldas Festung, unterwegs sein. Es wird Zeit, unseren Spion einzusetzen.« Ein kaltes Lächeln huschte über sein Gesicht. »Ich habe einiges Neue über die junge Frau in Erfahrung bringen können, und ich muss sagen, es gefällt mir ausgezeichnet.«
Menwin, der verärgert schien, weder mit der erneuten Suche nach Kara beauftragt noch in die weiteren Geheimnisse der Seherin eingeweiht worden zu sein, räusperte sich und machte eine Handbewegung zu den Büchern und den Pergamentrollen in den Regalen. »Seid Ihr im Entschlüsseln der Weissagung vorangekommen?«
»Ja. Weniger durch die Buchbestände als durch die – nennen wir es – Hilfsbereitschaft des Tempelherrn.« Den Willen des alten Mannes zu brechen und ihn zur Zusammenarbeit zu zwingen, war lächerlich einfach gewesen. Die Androhung der Folter für einige Tempelbewohner hatte ausgereicht. Entweder waren die Leute hier alle Gutmenschen oder Theon stand einfach noch unter dem Schock wegen des Todes seiner Frau – wer wusste das schon.
Menwins Augen weiteten sich. »Ihr habt herausgefunden, was die Prophezeiung bedeutet?«
»Ich bin mir inzwischen sehr sicher«, erwiderte er mit unverhohlenem Stolz und begann in dem länglichen Raum auf und ab zu laufen. »Es ist das Tempelfeuer, das mir den Sieg über meine Feinde bringen wird. Die Seherin kann die Flammen berühren, ohne zu verbrennen – diese Gabe wird auch mir zuteilwerden.« Direkt
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