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Rabenflüstern (German Edition)

Rabenflüstern (German Edition)

Titel: Rabenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Schmidt
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gelockt. Der Feind hat etliche Jarls der Nordmänner bestochen. Sie führten ein Heer in die östlichen Regionen der Dänenlande, wo sie raubten und brandschatzten. Obwohl der König eine Täuschung befürchtete, sah er sich gezwungen, die Bevölkerung zu beschützen. Es gelang ihm, das Heer zu schlagen, jedoch büßte er dafür seinen Thron ein. Soweit bekannt ist, hat er Zuflucht in den Tauwäldern gesucht …« 
    »… Er bemüht sich, alte, längst in Vergessenheit geratene Verbündete zur Schlacht zu bewegen«, mischte sich daraufhin eine Person ein, die Kraeh zuvor nicht wahrgenommen hatte. Sie saß auf der gegenüberliegenden Seite der Feuerschale, die in der Mitte des Zeltes stand und kaum Rauch entwickelte. Die Person war eine Frau, deren Kopf von einem Tuch umhüllt war. Am Hals war es zusammengeknotet und seine bestickten Enden fielen hinab bis zum Bauch, der wie der Rest ihres Körpers von einem schlichten braunen Kleid bedeckt wurde. 
    »Dorla, die Geistfrau«, raunte der Bogenschütze Kraeh zu. 
    »Es freut mich, dass du hier bei uns bist, Kriegskrähe«, sagte sie und es klang wie das Rascheln von Herbstblättern, die der Wind aufscheucht. Beim Sprechen hatte sie sich vorgebeugt. Den Krieger überkam eine Gänsehaut, als er ihr Gesicht erblickte. Sie war ohne Frage schön zu nennen, doch irgendetwas stimmte mit ihren Augen nicht. Das Rechte war offen und passte zu der Freundlichkeit ihrer Worte, das andere hingegen saß tiefer und sein Blick war stechend. Kraeh überkam das Gefühl, als durchstoße es sein Fleisch, dringe tief in ihn hinein und durchforsche seine Seele. Dennoch wandte er sich nicht ab, ließ sie gewähren und schließlich verschwand der Eindruck. An den Rändern ihrer Lippen bildeten sich kleine Lachfältchen und sie lehnte sich zurück. 
    »Woher wisst ihr das alles?«, brachte der Krieger nach einer Weile heraus. Erst jetzt bemerkte er den Duft von Lavendel in der Luft, gemischt mit einer ihm fremden, süßlichen Note 
    Orthan erzählte ihm, wie Heilwig, während Skaarbrok bereits unter Belagerung stand, auf mentaler Ebene Kontakt zu ihm aufgebaut hatte. »Wie ich dir schon einmal gesagt habe, war dieses Unterfangen gefährlich, doch er sah seinen Tod kommen. Er nutzte seine letzte Nacht, um uns zu warnen.« Ein Anflug von Entsetzen huschte über seine Züge und Kraeh unterließ es, ihn nach dem Ausgang des Gesprächs zu befragen. 
    »Also gut«, raunzte Erden, der zwischen denselben Männern hockte, die ihm auch im Wald zur Seite gestanden hatten. Den Namen des jüngeren, schnell aufbrausenden hatte Kraeh behalten. Er hieß Wurtigar. Das Horn, das Erden ihm gereicht hatte, verfing sich kurz in seiner zotteligen Mähne. Er trank und reichte es dem Mann zu seiner Linken. Im Sonnenlauf machte es die Runde. 
    »Meine Mutter meint, du hättest uns etwas zu sagen.« 
    Kraeh wusste nicht, worauf er anspielte. Zu viel war in letzter Zeit geschehen. In die peinlich werdende Stille hinein half Orthan ihm aus. »Die Schlacht, Kraeh. Erzähle ihnen von deinem Vorhaben, die Tyrannei beim nächsten Frühjahrsfest ein für alle Mal zu zerschlagen.« 
    Der Krieger besann sich und berichtete von seinem Aufruf – jedoch wenig begeistert. Die ganze Sache war eine Farce. Jeder im Kreis wusste bereits davon und von Erdens sich verdunkelndem Gesicht war die Antwort deutlich abzulesen. 
    Noch ehe er vollends geendet hatte, machte der Rädelsführer sich Luft: »Wenn ich dich recht verstehe, verlangst du von uns, dir in den sicheren Tod zu folgen! Ich bin verantwortlich für siebzig Familien. Bisher kamen wir gut über die Runden. Auch als du noch Brans Liebling warst, haben wir den Soldaten stets ein Schnippchen geschlagen.« Die eigenen Worte ließen ihn immer hitziger werden. »Warst nicht du es, der dem Finsteren die schrecklichste aller Waffen in die Hände gespielt hat? Hast nicht du eine ganze Armee von Männern, die dir Glauben schenkten und treu ergeben waren, in den Untergang geschickt? – Natürlich, du bist heil davongekommen. Immerhin bist du Kraeh, die Kriegskrähe. Was kümmert es dich, wenn Söhne und Töchter ihre Väter verlieren?«, rief Erden mit sich überschlagender Stimme. Bei den letzten Worten war er in Rage geraten aufgestanden. 
    Die Hand Dorlas legte sich auf seine Hüfte und er nahm nach kurzem Zögern wieder Platz, schickte aber noch ein »Verdammter Mistkerl!« hinterher. 
    Henfir wollte etwas erwidern, wurde jedoch von dem Angeklagten zurückgehalten. Kraeh sah

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