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Rabenmond - Der magische Bund

Titel: Rabenmond - Der magische Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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Moment alles andere als beneidenswert. Irgendetwas bedrückte ihn.
    »Ich werde nichts sagen«, versprach sie. Dann zog sie ihre Schuhe und Strümpfe aus und legte sie zum Trocknen in die Sonne. »Wisst Ihr was? Ihr habt recht damit, dass es hier so schön ist, weil den Bäumen und Tieren egal ist, wer Ihr seid. Mir ist es auch egal. Ich werde einfach hier sitzen und mich trocknen lassen. Wie ein Käfer.«
    Er starrte sie an. Dann grinste er. »Käfer sind meine Lieblingstiere. Man muss sie einfach respektieren! Sie wissen immer genau, wohin sie krabbeln, der Rest ist ihnen egal.«
    »Dann bin ich wirklich ein Käfer. Guten Tag.« Feierlich streckte sie ihm die Hand hin, und der Prinz, der noch nie jemandem die Hand gegeben hatte, erwiderte zögerlich den Druck.
     
    Mit einem Gefühl, als würde jemand Streichhölzer in ihrem Bauch anzünden, verließ Mion den Palast bei Sonnenuntergang. Der Prinz hatte sie in Gestalt eines Fuchses bis zum Tor begleitet, um unerkannt zu bleiben. Als sie in einen Wagen gestiegen war und noch einmal zurückgeblickt hatte, war der Fuchs auf der Mauer gewesen und hatte ihr nachgesehen.
    Sie hatten miteinander geredet, für Stunden, und dabei konnte Mion beim besten Willen nicht sagen, über was. Über alles. Sie hörte noch sein leises, unauffälliges Lachen - und die Art, wie er die Arme auf die Knie stützte und seine Hände bewegte, immer ruhig und bestimmt. Selbst wenn er an den Gräsern herumzupfte, wirkte es bedacht. Ob er wirklich nur ein Mensch war?
    Sie lehnte sich im Wagen zurück und merkte, dass sie lange nicht mehr richtig geatmet hatte. Sie holte tief und langsam Luft. Was sollte sie Jagu bloß erzählen?
    Der Prinz wollte sie wiedersehen. In drei Tagen konnte er sich noch einmal davonschleichen, zur selben Zeit.
    Und Atlas! Sie wollte ihn ja noch treffen. Aber jetzt irgendwen zu sehen und noch mehr zu reden, schien ihr unmöglich. In ihrem Kopf wirbelten Momentaufnahmen und Gesprächsschnipsel durcheinander - was sie brauchte, war der Abstand, der reinigende Frieden des Jenseits.
    Zum Henker mit dem Gildentreffen. Sosehr sie Atlas auch mochte, jetzt, wo sie den Prinzen hatte, musste sie sich nie wieder bei den Gilden blicken lassen. Er wäre ihr bestimmt nicht böse, wenn sie heute Abend fehlte. Wenn sie ihn morgen besuchen kam, mit einer guten Erklärung …
    Sie ließ sich zurücksinken und schloss die Augen. In Gedanken war sie bereits zu Hause, ging die Treppe hinauf, ließ ihren Umhang im Atelier liegen, zog den Kreidekreis … schweben... Sie seufzte. Das Leben war schön. Und die Flucht davor noch schöner.

Wilde Erdbeeren
    E ure Majestäten: Schlechte Nachrichten. Der Süden Kossums ist in die Hände der Geschwisterstaaten gefallen.« Der General hielt inne, noch immer kniend, und ein gespanntes Beben lief durch seine mächtigen Falkenschwingen. Schweigen herrschte in den Sitzreihen, die die Mitte des Saales stufenförmig umschlossen. Durch die Fenster im Kuppeldach drang bleiches Licht und zog ein Gitter durch die düstere Halle.
    Lyrian ließ die Fuchsschnauze mit seiner Gestalt verschmelzen. Den Umhängen der Krieger, die aus Kossum zurückgekehrt waren, haftete der Geruch des Krieges an: Feuer, frisches und altes Blut. Metall, an dem Schweiß und Schlamm in glühender Hitze trocknen... Er fühlte sich auf die Schlachtfelder zurückversetzt und Erinnerungen durchzuckten ihn wie rote Blitze.
    »Eine Stadt nach der anderen ist... gefallen«, fuhr der General mit trockener Stimme fort. »Vor zwölf Tagen gab es in Ailyon einen Aufstand. Wir vermuten, dass Spione aus Modos in die Hauptstadt eingedrungen sind, um eine geheime Widerstandsgruppe zu gründen. Wir wissen nicht, wie sie an unseren Kontrollen vorbeikamen. Hin und wieder gab es Festnahmen von aufrührerischen Rednern, doch die Situation wurde unterschätzt. Die Aufständischen waren bewaffnet. Sie hatten einen Plan. Zahlenmäßig waren sie uns überlegen, plötzlich kämpften alle Menschen mit, die Bürger von Ailyon waren über Nacht Rebellen geworden. Die Menschen steckten einander mit ihrer Zerstörungswut an, bis kein einziger mehr bei Verstand war...« In der Halle war es plötzlich still. Kurz warf der Drache einen hilflosen Blick zur kaiserlichen Tribüne, als bäte er den Kaiser, ihm Einhalt zu gebieten. Doch der sah stumm auf den General herab.
    »Nachdem Ailyon die Volksherrschaft ausgerufen hat, kam es zu Unruhen in den umliegenden Provinzen. Die ersten zwei Dörfer mussten wir ausrotten -

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