Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rabenmond - Der magische Bund

Titel: Rabenmond - Der magische Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
Vom Netzwerk:
Kaiserlich. Euch zu opfern für einen Menschen...«
    »Ich habe mich nicht geopfert.« Er blinzelte in die Eiche hinauf, in der die Mittagssonne funkelte, und hoffte, dass er Scarabahs Blick nicht zu offensichtlich auswich. Aber im Grunde war ihm egal, was sie über ihn dachte. Heute wollte Faunia wiederkommen. Kribbelnde Unruhe überkam ihn.
    »Wollt Ihr kämpfen?«, fragte Scarabah plötzlich. Tigerzüge hatten sich in ihr Gesicht geschlichen und Federmuster bedeckten ihre Haut. »Ich verspreche, von jedem Tier nur einen Korpus zu benutzen, damit es gerecht ist. Kämpfen wir!«
    Sie sprang auf und umflatterte ihn in Falkengestalt. Mehr aus Reflex denn Einverständnis rief Lyrian den Otter. Halbherzig wich er dem Falkenschnabel aus, bis Scarabah ihn schmerzhaft ins Ohr hackte. Er holte aus und schlug sie mit einer Fuchspranke ins Gras. Wildes Auflachen erklang, bevor der weiße Tiger sich auf ihn stürzte. Lyrian war längst in den Schwalbenkorpus geschlüpft und schoss den Hügel hinab, auf die Wälder zu.
    In den Schatten der knarrenden Bäume verwandelte er sich in den Otter zurück, sprang in den Fluss und schwamm davon. Bei der nächsten Biegung versteckte er sich im dichten Ufergras und wartete geschlagene zehn Minuten, bis der Falke endlich verschwand.
    Sollte sie ihn doch für einen Feigling und Spielverderber halten. Sie würde ihn trotzdem weiterhin mit Respekt behandeln, einfach nur weil er der Prinz war.
    Der Otter kletterte aus dem Wasser und huschte durch das Unterholz, bis er die Palastmauer erreichte. Hier wartete er auf Faunia.
    Viele Boote kamen, brachten Gildenmitglieder hinein und hinaus. Lyrians Gedanken wanderten zu Scarabah und er lächelte in sich hinein. Was er hier tat, war einfach unmöglich. Wenn seine Mutter davon erfuhr... Er musste aufpassen, dass niemand etwas von den heimlichen Treffen mitbekam - nicht um seinetwillen, sondern wegen Faunia. Wenn die Kaiserin drohen konnte, Baltibb zu töten, würde sie auch bei Faunia nicht zögern.
    In dem Moment kam sie um die Flussbiegung. Das Sonnenlicht umriss ihre Gestalt und schien sie vom Rest der Welt abzuheben. Unwillkürlich hielt Lyrian die Luft an. Als könnte sie beim leichtesten Atemhauch in eine Lichtwoge zerfallen und fortwehen. Ein zögerliches Lächeln huschte über ihren Mund, als sie den Fuchs sah. Dann stand sie kurzerhand auf, zog sich Schuhe und Strümpfe aus, nahm ihren Rock in die Arme und sprang von der Barke.
    »He!« Der Fährmann machte Anstalten, ihr zu folgen, doch hielt inne, als eine Schwalbe auf Faunias ausgestrecktem Arm landete. Stutzend verbeugte er sich. Langsam glitt die Barke mit der Strömung vorüber, während Faunia an Land watete.
    Im Wald verwandelte Lyrian sich zurück und sie lachten.
    »Fast hätte er die Sphinxe gerufen!«
    »Ich werde von einem Tiger verfolgt.«
    »Was?«, kicherte sie.
    »Und ich fürchte, die Kaiserin will mich mit ihr verkuppeln.« Er fuhr sich durchs Haar. »Meine Güte - wir müssen uns wirklich sofort verstecken!«
    Sie liefen los, als wäre eine Horde mordlustiger Darauden hinter ihnen her. Die Gefahren waren echt, aber Lyrian konnte nicht aufhören, sie unendlich komisch zu finden. Sein Herz raste vor Angst oder Freude... oder vielleicht weil er durch das Gestrüpp rannte wie ein Idiot.
    Endlich kamen sie bei der Pagode an, ließen sich ins Moos fallen und rangen prustend nach Atem. Faunia drehte sich auf den Bauch und stützte das Gesicht in die Hände. Obwohl er sie nur aus den Augenwinkeln sah, entging ihm keine ihrer Bewegungen: wie sie die Finger gegen ihre Wange klimperte, mit einem Bein wippte, den nackten Fuß streckte. Hinter all diesen Kleinigkeiten verbarg sich eine Melodie, die nur er hören konnte. Ob sie sich dessen bewusst war?
    »Ich wusste nicht, dass Drachen...« Sie ließ den Satz offen und wurde rot. »Mögt Ihr sie denn?«
    »Wir heiraten aus politischen Gründen«, erklärte Lyrian. »Bei euch Menschen ist das anders, ich weiß: Ihr heiratet aus Liebe.«
    Nachdenklich schüttelte sie den Kopf. »Menschen heiraten auch nicht immer aus Liebe. Ich schätze, bei uns gibt es ebenfalls... politische Gründe.«
    Er erwiderte ihren Blick und staunte - über das, was sie sagte und was sie noch verbarg, und vor allem über das unglaubliche dunkle Blau ihrer Augen. »Erzähl mir, was du gestern gemacht hast.«
    Kurz schien ihr Lächeln zu brechen, doch dann wirkte sie wieder so fröhlich wie immer. »Ich habe gemalt. Bilder von Drachen und von Wäldern und riesigen

Weitere Kostenlose Bücher