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Rabenmond - Der magische Bund

Titel: Rabenmond - Der magische Bund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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aus, endlich Unterstützung zu erhalten, und wirkten zugleich so angespannt, als sei Lyrian gekommen, um ihr Regiment und nicht die Menschen zu überwachen.
    Bei einem Festmahl besprachen sie die Situation der Stadt. Die Generäle beteuerten, dass die Sicherheitskontrollen nichts zu wünschen übrig ließen, doch in letzter Zeit hätte sich, wie in allen Bereichen Kossums, die Blasphemie der Geschwisterstaaten wie ein Geschwür ausgebreitet. Es hatte mehr Verhaftungen, mehr verbotene Schriften, mehr öffentliche Versammlungsversuche gegeben als in den vergangenen zehn Jahren. Die Menschen, schloss der führende General, müssten an die Allmacht und Allgegenwart Wynters erinnert werden. Das war Lyrians Aufgabe.
     
    Rasch stellte sich heraus, dass sein Aufenthalt in Iwyndell nicht so ruhig werden würde wie angenommen. Gleich am ersten Tag musste er einer Versammlung nach der anderen vorsitzen, und da er nun die oberste Autorität der Stadt war, wurde beinahe keine Entscheidung ohne seinen Segen getroffen.
    Die Drachen behandelten ihn mit Unterwürfigkeit und lauerndem Argwohn. Keins von beiden konnte sein Verhalten beeinflussen; er blieb unverändert distanziert und höflich. Entscheidungen traf er nach sorgfältigem Bedenken und ließ niemanden spüren, wie sehr er an sich zweifelte. Sein Desinteresse an höfischen Angelegenheiten, seine Zurückgezogenheit und sein Ernst bei allen Urteilen brachten ihm einen verhaltenen Respekt ein, von dem nur Lyrian wusste, dass er unverdient war. Denn je beherrschter er nach außen schien, umso größer wurde das Chaos in ihm.
    Nicht lange nach seiner Ankunft wurde der erste Rebell vor sein Gericht gestellt. Es war ein alter Mann, der auf krummen kalkweißen Beinen vor Lyrian und die Reihen der Drachen stakste. Angeblich hatte er Pflastersteine gehortet, um sich und andere für eine Rebellion zu wappnen. Mit zusammengebissenen Zähnen hörte Lyrian die Beschuldigungen an, aufgrund derer man die Enthauptung des Mannes forderte. Der Greis stand da und starrte von einem Drachen zum anderen. Als er Lyrian ansah, versetzte ihm einer der Sphinxe einen Schlag, sodass er den Kopf rasch wieder senkte.
    »Genug«, sagte Lyrian, und der Sphinx, der die Anklage verlas, hielt inne. »Stimmen die Dinge, die vorgebracht wurden?«, fragte er den Alten. Die Drachen hielten den Atem an. Auch der Angeklagte schien fassungslos darüber, dass man ihn befragte. Erschrocken starrte er um sich, wagte den Blick aber nicht mehr zu Lyrian zu heben.
    »Du darfst sprechen«, ermutigte Lyrian ihn.
    »Ich... wollte mich schützen, nur schützen.«
    »Aber dir ist bewusst, dass die Pflastersteine Eigentum der Stadt sind und du sie unrechtmäßig entwendet hast.«
    Der Alte zwang sich zu einem scheuen Nicken, dann schüttelte er hastig den Kopf.
    »Gut. In Zukunft musst du unbesorgt um deine Sicherheit sein. Als Prinz der Drachen bürge ich für den Schutz aller Menschen, hier in Kossum wie in Wynter.« Er gab den Sphinxen ein Zeichen. »Holt die Pflastersteine zurück und lasst den Mann frei.«
     
    Es war nicht der einzige Rebell, dessen Unschuld Lyrian im Verhör feststellte. Er begann, den Anschuldigungen nur noch mit halbem Ohr zuzuhören, und stellte stattdessen den Verbrechern Fragen. Dabei bestätigte Lyrians Befürchtung sich jedes Mal: Es waren gar keine Aufrührer - sie machten sich um Politik nicht halb so viele Gedanken wie um ihr täglich Brot.
    Lyrians Nachsicht mit den Menschen sprach sich rasch herum und sorgte bei den Drachen für Verwunderung. Doch niemand kritisierte ihn, im Gegenteil: Die Sphinxe schienen seine Abneigung, Rebellen zu verurteilen, für eine Herausforderung zu halten. Je öfter Lyrian Milde walten ließ, umso mehr Aufständische führte man ihm vor - als wollte man sehen, wie er ein Todesurteil besiegelte.
    Eines Tages brachte man einen jungen Mann zu ihm, der auf offener Straße gegen die Drachen gesprochen hatte. Als Lyrian ihn fragte, ob die Beschuldigung stimmte, reckte er den Kopf und sagte: »Ja.«
    Lyrian musterte ihn mit gerunzelter Stirn. »Wieso?«
    »Weil es die Wahrheit ist. Weil die Wahrheit verlangt, gesagt zu werden.« Ausdruckslos blickte der Mann ihm auf die Brust, gerade so hoch, dass er nicht den Zorn der Sphinxe auf sich lud.
    »Du hast recht, die Wahrheit soll ausgesprochen werden. Das ist kein Vergehen. Aber wie kommst du darauf, dass ausgerechnet du die Wahrheit kennst?«
    Der Mann schien verdutzt. Bis jetzt hatten seine Antworten geklungen, als hätte

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