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Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)

Titel: Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kammer
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seitdem. Bemerkenswert ist nur die Erscheinung, die ich da unten gehabt habe, und das warst du, meine liebe Elsa. Tatsächlich bin ich dir später wiederbegegnet oder vielmehr dem jüngeren Ich meiner Erscheinung. Jetzt glaubst du vielleicht, ich hätte dich deswegen am Leben gelassen, aber das stimmt nicht. Ich hätte auch jedes andere Rabenkind vor dem Verfahren gerettet, weil es meiner Überzeugung entspricht, und ich habe mich in deinem Fall nicht von meiner Vergangenheit leiten lassen. Aber seit ich dich wiedergesehen habe, frage ich mich, welche Rolle ich in diesem Spiel spiele. Ich war noch sehr jung, als mir das mit dem Bergwerk passiert ist, und du warst zu der Zeit noch eine andere Person in einem anderen Universum. Ich weiß keine Erklärung dafür, vielleicht weißt du irgendwann eine. Diese Grubenmann-Geschichte und alles, was damit zusammenhängt, ist mir verhasst. Ich bin wütend auf jeden, der mich darauf anspricht, und es graut mir vor jeder einzelnen Erinnerung aus dieser Zeit. Abgesehen von der einen Erinnerung, in der du vorkommst.“
    Er machte eine Pause, in der Elsa Gelegenheit hatte zu hoffen, dass sie eine besondere Rolle in seinem Leben spielte. Was sie wohl auch tat, aber anders, als es ihr gefiel, wie sie feststellte, als er weitersprach.
    „Ich komme jetzt zu dem, was ich dir eigentlich sagen will: Ich setze keine Hoffnungen in mich. Ich setze meine Hoffnungen in dich. Du musst mir versprechen, dass du gut auf dich aufpassen und zusammen mit deinem rebellischen Freund einen Weg aus diesem ganzen Schlamassel finden wirst, entweder in diesem oder in einem deiner nächsten Leben. Einen Weg, der für alle gut ist und besser als das, was Altjas, Möwen, Ausgleicher und Raben bisher zustande gebracht haben. Das ist doch nicht zu viel verlangt, oder?“
    Sie schaute ihn erschüttert an. Er sah nicht erschüttert aus. Eher amüsiert.
    „Du kannst dich weigern“, sagte er, „aber ich zähle trotzdem auf dich. Das wollte ich dir noch mal eintrichtern, bevor wir uns ein letztes Mal voneinander verabschieden.“
    Er stand auf.
    „Aber jetzt doch noch nicht?“, fragte sie.
    „Komm ruhig mit und jag Leimsel einen Riesenschrecken ein. Er weiß noch nichts von deinem wundersamen Überleben.“
    Sie holte die Decke hervor, auf der sie gesessen hatte und legte sie sich um die Schultern. Ein kühler Wind wehte über den Rathaus-See, das Wasser schwappte gegen die Mauern und ein welkes Blatt drehte sich in der Luft und landete schließlich auf einem ihrer leeren Teller. In diesem Moment roch alles nach Herbst, obwohl noch Sommer war.

KAPITEL 27
     
    Als sie aufstand, merkte sie, wie ihre Knie zitterten. Weil es kühl geworden war oder weil sie diese haarsträubende Geschichte gehörte hatte oder weil die Zeit ablief. Er hielt ihr seine Hand hin.
    „Du wirkst etwas wackelig. Ist ja auch kein Wunder bei so einer alten Dame.“
    „Ich kann mich an kein Leben erinnern“, sagte sie, „in dem ich mich so ungern von jemandem verabschiedet habe wie von dir.“
    „Das ist nettes Kompliment, aber ich will es nicht hören. Gib mir deine Hand.“
    Seine große, warme Hand war wie gemacht für ihre schmale, kalte Hand. Sie legte ihre Handfläche auf seine, umschloss die große Hand mit ihren Fingern und ging mit ihm. Dabei pochte ihr Herz in den Adern und ihr Blut trommelte in den Ohren. Bestimmt merkte er es, zumindest während der ersten Schritte. Wenn er es merkte, dann machte es ihm nichts aus, denn er hielt ihre Hand, während sie durch Brisas verlassene Gassen spazierten, behutsam fest. Wenn sie sich nicht allzu sehr täuschte, dann tat er es sogar gerne. Es fühlte sich so an.
    „Was wird dein Opa während des Krieges tun?“, fragte Elsa.
    „In Antolia sitzen, Truppen entsenden und hoffen, dass ihr geschnappt und ausradiert werdet.“
    „Warum wollte er, dass du sein Nachfolger wirst?“
    „Meine Mutter hat ihm den Floh ins Ohr gesetzt.“
    „Will er immer noch, dass du sein Nachfolger wirst?“
    „Nein. Er redet nur noch das Nötigste mit mir.“
    „Ist das schlimm für dich?“
    „Nein.“
    „Magst du ihn denn nicht?“
    „Er ist mir fremd.“
    „Aber er ist doch dein Opa?“
    „Ich habe noch einen zweiten Opa, der steht mir wesentlich näher.“
    „Segerte? Der Arzt?“
    „Nein, das ist mein Uropa und der Vater von Torben. Aber den mag ich auch. Segerte ist in Ordnung.“
    „Segerte redet noch mit dir?“
    „Ja“, sagte Anbar, „viel zu viel. Er hält mir immer

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